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Grünen-Stadträtin fassungslos über die Antwort zum "Baumfrevel in Langenstein" Sparkurs: Statt Fachfirma erhält Landwirt von der Stadt Auftrag zum Baumschnitt

Von Jörg Endries 12.10.2011, 06:26

Spaziergänger waren entsetzt, als sie im August feststellten, dass junge Bäume entlang der Straße zwischen Langenstein und der Gedenkstätte so stark zurückgeschnitten worden waren, dass um deren Bestand zu fürchten sei (Volksstimme berichtete). Grünen-Stadträtin Kristine Paul nahm sich der Sache an.

Halberstadt l Fassungslos ist Kristine Paul, Stadträtin Bündnis 90/Die Grünen, über die Stellungnahme der Stadtverwaltung Halberstadt zum Thema "Baumfrevel in Langenstein". Die Halberstädter Volksstimme griff nach Bürgerbeschwerden das Thema auf und berichtete darüber, dass entlang der Straße zwischen Langenstein und der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge junge Bäume so stark zurückgeschnitten worden waren, dass es fraglich ist, ob sie diese Prozedur überhaupt überleben.

Kristine Paul nahm sich des Themas an und forderte Aufklärung von der Stadtverwaltung Halberstadt, die für die Straße und die Pflegearbeiten verantwortlich ist. Die hatte den Auftrag zum Rückschnitt auf Verlangen eines Landwirtes ausgelöst, weil der meinte, die Bäume würden den Verkehrsraum einengen und landwirtschaftliche Fahrzeuge behindern. Ein Argument, das viele Passanten, die die Straße oft nutzen, und auch Kristine Paul nicht nachvollziehen können.Die Stadt jedoch schon.

"Die Straße ist breit genug und die jungen Bäume haben niemanden behindert", so die Stadträtin. Daraufhin forderte sie vom zuständigen Fachamt Aufklärung.

"... die jungen Bäume haben niemanden behindert"

Mittlerweile liegen die Antworten auf die Fragen der Grünen-Politikerin vor, unterschrieben von Oberbürgermeister Andreas Henke. Danach habe ein ortsansässiger Landwirt gefordert, die Bäume zurückzuschneiden, weil deren Äste in den Straßenraum hineinragen würden. Auf die Frage, ob dafür ein schriftlicher Antrag vorliegt, hieß es aus dem Rathaus, dass das nicht erforderlich sei. Man glaubte dem Landwirt, der, ohne es beweisen zu müssen, argumentierte, dass es bereits zu Unfällen und Beschädigungen durch die Bäume gekommen wäre.

Kristine Paul fragte außerdem, ob eine fachliche Stellungnahme eines Bauernverbandes eingeholt worden sei? Ebenfalls Fehlanzeige! Auch eine Ausschreibung der Arbeiten, um sie von einer Fachfirma vornehmen zu lassen, wäre nicht notwendig gewesen, so die Verwaltung. Um Geld zu sparen, habe man dem Landwirt, der den Rückschnitt verlangte, den Auftrag erteilt, die Bäume gleich selbst zu beschneiden.

Immerhin hätte eine Fachfirma die Stadt 3000 Euro gekostet. So habe der Landwirt die Kosten getragen. 400 Euro habe die Stadt allerdings nochmal für Nacharbeiten ausgeben müssen, weil der maschinelle Schnitt des Landwirts an einigen Stellen nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden sei. "Naturschutzfachlich ist unserer Ansicht nach kein Schaden entstanden", heißt es im Antwortschreiben, und Oberbürgermeister Andreas Henke bestätigt: "Die Verwaltungsabläufe sind einzelfallbezogen in Ordnung."

"Baumschutzsatzung ist sehr allgemein gehalten"

"Das kann nur jemand behaupten, der sich selbst vor Ort kein Bild vom angerichteten Schaden gemacht hat", ist Kristine Paul außer sich. Sie bedauert, dass "die Baumschutzsatzung der Kreisstadt, die nun auch für die Ortsteile Gültigkeit hat, sehr allgemein gehalten ist". Wenn man sie verändern wolle, um Bäume und Grünanlagen besser zu schützen, benötige man im Stadtrat jedoch eine Mehrheit. Die Stadträtin sieht vom Fall Langenstein eine fatale Botschaft ausgehen. "Die Bürger werden sich fragen, warum sie fachgerecht im Grünbereich arbeiten sollen, wenn die Stadt es schon nicht tut."