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Experten stellen erfolgreiches Modell auf 1. Fachtagung am 19. Juni in Elbingerode vor Suchtkrankenhilfe in Betrieben erhöht die Chance, dauerhaft abstinent zu leben

Von Regina Urbat 25.05.2013, 03:19

Wie erfolgreich die Betreuung von Mitarbeitern durch Suchtkrankenhelfer in Betrieben wirken kann, soll auf einer Fachtagung vorgestellt werden. Bei der Veranstaltungspremiere, die am 19. Juni in Elbingerode stattfindet, referieren Experten. Darunter auch ein Alkoholkranker, der den Weg von ganz unten nach oben gemeistert hat.

Elbingerode l Suchtkrankenhilfe in Betrieben erhöht die Chancen für Betroffene, dauerhaft abstinent zu leben. Davon ist Bernd Dreikluft überzeugt und möchte mit anderen Experten auf einer Fachtagung über das Betreuungsmodell informieren.

Diese Veranstaltung wird das erste Mal im Harzkreis ausgerichtet und findet am 19. Juni im Diakonie-Krankenhaus Harz in Elbingerode statt. Ausrichter ist der Arbeitskreis "Betriebliche Suchtkrankenhilfe", der sich an der deutschlandweiten Aktionswoche "Alkohol" beteiligt und deren Mitbegründer sowie Sprecher Bernd Dreikluft ist.

Zwei Aspekte stehen bei der Fachtagung im Mittelpunkt. "Zum einen soll sie aufzeigen, dass das ehrenamtliche Engagement der Suchtkrankenhelfer in den Betrieben sehr erfolgreich sein kann, zum anderen, dass es wichtig ist, für ihre Tätigkeit eine Betriebsvereinbarung abzuschließen", sagt der 46-jährige Betriebswirt. Er ist bei der Ilsenburger Grobblech GmbH, ein Tochterunternehmen der Salzgitter AG, beschäftigt und spricht aus Erfahrung.

"80 Prozent der Alkoholkranken, die in unserem Unternehmen von Suchtkrankenhelfern begleitet wurden, sind wieder vollwertige Mitarbeiter. Und oftmals besser als vorher." Das sei jedoch insofern normal, "wenn man Jahre lang trinkt und immer mehr abbaut". Der Stapelburger selbst habe das erlebt und macht aus seinem "Absturz" kein Geheimnis.

Zur Wendezeit beendete er das Gymnasium und nahm als Ungelernter bei der Salzgitter AG eine Beschäftigung auf. "Ich war Kranfahrer mit Abi", sagt Bernd Dreikluft und lächelt. Dann wieder ernst, berichtet er von seinem Alkoholkonsum, der letztendlich zur Sucht wurde. "Aufgewacht bin ich, als man mir die fristlose Kündigung gab, mit der Option, wenn ich mir helfen lasse und die Krankheit in den Griff bekomme, wieder eingestellt zu werden." Der Harzer ließ sich behandeln und besuchte 1996 die Reha-Einrichtung in Elbingerode.

Der Betrieb hielt Wort und stellte ihn wieder ein. Gleichzeitig ließ sich Bernd Dreikluft 1998 zum Betrieblichen Suchtkrankenhelfer ausbilden und übte diese Tätigkeit fortan ehrenamtlich aus. Im Job qualifizierte er sich 2003 zum Meister und schloss im Vorjahr die Prüfungen zum Betriebswirt erfolgreich ab. All das hätte er ohne die professionelle Begleitung damals wohl nicht erreicht.

Sie umfasst ein Rundum-Paket vom Erkennen der krankhaften Sucht, über den Klinikaufenthalt und den Besuch in der Reha-Einrichtung bis hin zur Nachsorge. In den meisten Fällen gehöre auch die Beratung und Aufklärung der Familie dazu.

Eine Betriebsvereinbarung hält Bernd Dreikluft deshalb für sinnvoll, um die Arbeit des Suchtbeauftragten der Firma rechtlich abzusichern. "Dazu gehört beispielsweise die Schweigepflicht und die Festlegung, wer wann berufen ist, tätig zu werden." In der Ilsenburger Grobblech GmbH gebe es diese Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung.

"Und es funktioniert gut", sagt Bernd Dreikluft, der gern weitere Firmen davon überzeugen möchte. "Statistiken besagen, dass jeder Fünfte missbräuchlich Bier, Schnaps, Wein oder andere Drogen konsumiert und jeder Zehnte in dieser Hinsicht krank ist." Dazu würde auch das pathologische Glücksspiel zählen. "Doch in erster Linie ist es der Alkohol", sagt Dreikluft und hat dafür einen einfache Begründung: "Trinken ist schick, macht doch fast jeder und hat eine Lobby."

Zur Fachtagung hat der Arbeitskreis "Betriebliche Suchtkrankenhilfe", dem zurzeit zwölf Mitglieds-Unternehmen angehören, rund 500 Einladungen verschickt, an Betriebe, Schulen, Verwaltungen, Behörden und Krankenhäuser. "Wir hoffen auf eine große Resonanz", sagt der Sprecher, zumal das Programm (siehe Infokasten oben) interessante Informationen verspricht.