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Tierschutz Katzenhaus in Halberstadt statt Kambodscha

Corona ließ den Plan einer jungen Halberstädterin platzen. Statt nach Kambodscha ging es für sie ins Katzenhaus.

Von Sandra Reulecke 26.09.2020, 01:01

Halberstadt l Sie freut sich auf das, was vor ihr liegt, sagt Henriette – genannt Jette – Loose. Der Abschied falle ihr dennoch nicht leicht. Zu sehr sind ihr die Samtpfoten ans Herz gewachsen. „Ich nehme mir vor, dass ich jedes Mal, wenn ich in Halberstadt bin, dem Katzenhaus einen Besuch abstatten werde“, kündigt die 20-Jährige deshalb an.

In den vergangenen vier Monaten ist die Einrichtung des Tierschutzvereins in den Spiegelsbergen der Arbeitsplatz der jungen Frau gewesen. Geld hat sie damit nicht verdient, dafür aber jede Menge Schmuseeinheiten bekommen. „Ich kann es nur empfehlen, hier zu arbeiten“, sagt Jette Loose lächelnd. „Man muss mit dem Herzen dabei sein. Aber dann ist es eine schöne, dankbare und entspannte Arbeit.“

Eine so ganz andere, als sie ursprünglich leisten wollte. Eigentlich hatte die 20-Jährige vor, bis August in Kambodscha zu leben und zu arbeiten. Sie hatte sich zum Freiwilligendienst gemeldet, um sich für den Meeresschutz zu engagieren. Nach ihrem Abitur am Halberstädter Martineum ging sie im September 2019 auf eine kleine Insel im Golf von Thailand.

Kein fließendes Wasser, kein WLAN, nicht einmal ein Bett – nur eine kleine Holzpritsche – schon das klingt abenteuerlich für Westeuropäer. Und dabei sollte es nicht bleiben. Corona und die Auswirkungen der Pandemie machten auch vor der kleinen Insel keinen Halt. Die 20-Jährige musste im März ihren Einsatz abbrechen und in die Heimat zurück. Leichter gesagt als getan. Wochenlang musste die Halberstädterin warten, bis sie über die Rückholaktion der Bundesregierung zurück nach Deutschland kehren konnte.

Wieder in Halberstadt habe sie erst einmal nicht viel gemacht, sagt Jette Loose. Kulturschock und Corona-Alltag – das musste erst einmal verarbeitet werden. „Aber dann fiel mir die Decke auf den Kopf“, sagt sie. Da sie schon immer sehr tierlieb gewesen sei, kam sie auf die Idee, den Tierschutzverein zu unterstützen, bis sie nun in wenigen Tagen ihr Studium in Umweltwissenschaften in Oldenburg beginnt.

Fünf Tage in der Woche Katzenhaus – dazu gehört mehr, als zu füttern, mit den Fellnasen zu spielen und zu kuscheln. Sauberkeit ist ein wichtiges Thema, betont Waltraud Hammer, die Vorsitzende des Halberstädter Tierschutzvereins und damit Jette Looses Chefin in den vergangenen Monaten. Zu den täglichen Aufgaben der Katzenhelfer gehöre die Desinfektion der Räume und Katzentoiletten, das Waschen von Decken, das Reinigen von Fressnäpfen. Über die Fundtiere muss Buch geführt werden. Die Katzen müssen zum Arzt gebracht, Gespräche mit denjenigen, die eine Fellnase aufnehmen wollen, geführt werden.

Allein in diesem Jahr seien schon 104 Katzen vermittelt worden, zudem haben 13 Hunde ein neues Zuhause gefunden, berichtet Waltraud Hammer. „Das ist eine sehr große Leistung der Mitarbeiter“, betont die Vorsitzende. Die Corona-Zeit habe den seit 20 Jahren bestehenden Verein vor große Herausforderungen gestellt.