Rechtsstreit Wer leitet den Halberstädter Tiergarten? Die Stadtverwaltung reagiert auf Urteil des Arbeitsgerichts
Halberstadt. Marina Breitschuh ist wieder die Leiterin des Halberstädter Tiergartens. Sie ist also als Gewinnerin aus dem Rechtsstreit mit ihrem Arbeitgeber, der Halberstädter Verwaltung, hervorgegangen (die Volksstimme berichtete am 16. Februar). Dieses Gerücht kursiert seit Kurzem in der Stadt. Ist denn etwas dran?
Die Volksstimme hakt bei Oberbürgermeister Daniel Szarata (CDU) nach. „Frau Breitschuh ist wieder in ihrem alten Bereich tätig“, bestätigt dieser den erneuten Wechsel in der Leitung der Anlage in den Spielgelsbergen.
Chefwechsel für Sabbatjahr
Mehr als 15 Jahre Erfahrung kann Marina Breitschuh als Tiergartenleiterin vorweisen. Bis vor zwei Jahren hatte sie den Posten inne. Damals räumte sie ihren Stuhl freiwillig – allerdings, so war es geplant, nur auf begrenzte Zeit. Nach einem Sabbatjahr wollte sie eigentlich zurück an ihren Arbeitsplatz.
In ihrer Abwesenheit übernahm David Neubert, ein studierter Biologe aus Weimar, den Posten. Er trat seinen Job am 15. November 2018 an und behielt ihn auch nach der freiwilligen Auszeit von Marina Breitschuh. Die 60-Jährige unterstützte stattdessen das Team des Heineanums im Bereich Museumspädagogik.
Gericht gibt Breitschuh in erster Instanz Recht
Doch, so hieß es Anfang des Jahres in der Halberstädter Gerüchteküche, sei sie mit diesem neuen Aufgabenfeld – trotz gleicher Eingruppierung wie als Tiergartenchefin – nicht einverstanden gewesen. Sie zog vor Gericht, um wieder als Leiterin des Freizeitziels eingesetzt zu werden. Vor Gericht erhielt die Halberstädterin sie Recht, wie die Stadtverwaltung bestätigt.
Allerdings, so wird gemunkelt, gebe sich die Stadt mit diesem Urteil nicht zufrieden. Es soll Berufung eingelegt worden sein. Mit einem Urteilsspruch der zweiten Instanz sei jedoch vor dem Sommer nicht zu rechnen.
Quasi-Beförderung als Kompromiss
Warum ist Marina Breitschuh trotzdem schon jetzt wieder in ihrem alten Job tätig? Laut Arbeitsrechtlern besteht die Möglichkeit, die Vollstreckung eines ersten Urteils durchzusetzen, auch wenn sich eine weitere Instanz mit der Sachlage beschäftigt. Im Klartext für den Fall der Tiergarten-Leitung bedeutet das: Würde Marina Breitschuh nicht wieder als Leiterin eingesetzt werden, könnte die Stadtverwaltung zur Kasse gebeten werden.
Was aber heißt die Rückkehr der „alten“ Chefin für David Neubert, der den Chefstuhl in den vergangenen zwei Jahren innehatte? Muss er sich einen anderen Job suchen? „Herr Neubert ist der neue Bereichsleiter“, informiert Daniel Szarata auf Volksstimme-Nachfrage.
Als Bereichsleiter – es soll sich um eine befristete Stelle, vorerst bis zum Jahresende handeln – ist Neubert etwa für die Fundtierunterkunft, die Halberstädter Berge und den Tiergarten zuständig. Damit ist der 33-Jährige faktisch der Vorgesetzte von Marina Breitschuh. Eine Lösung auf lange Sicht sei dieser Kompromiss nicht, sagt Daniel Szarata. „Frau Breitschuh geht im kommenden Jahr in Altersteilzeit“ erläutert er.
Ob die Quasi-Doppelspitze des Halberstädter Tiergartens bis dahin tätig ist oder vorher noch eine andere Regelung getroffen wird, könne er noch nicht beantworten. Man wolle versuchen, betont der Oberbürgermeister, Lösungen zu finden, mit denen alle betroffenen Parteien leben könnten. Und die Verwaltung halte sich natürlich an das, was ihr rechtlich vorgegeben werde.
Aus Sicht der Stadt habe der aktuelle Kompromiss durchaus Vorteile. „Wir haben jetzt so viel geballte Kompetenz im Tiergarten – davon träumen andere Städte“, sagt der OB augenzwinkernd.
Ob Neubert und Breitschuh diese Ansicht teilen können, bleibt offen. Beide waren bis zum Redaktionsschluss nicht für die Volksstimme zu erreichen.
Unterschiedliche Laufbahnen
Fest steht dagegen, dass die beiden völlig unterschiedliche Werdegänge vorweisen, dank derer ihre Qualifikationen als Tiergarten-Leitung ebenfalls ganz unterschiedliche sind.
So startete Marina Breitschuh ihre Laufbahn bei der Stadt Halberstadt als Streetworkerin. Später war sie schon einmal im Heineanum tätig und unterstützte dort unter anderem den Aufbau der MoVo – „Ausstellung Moderne Vogelmaler“, die seit 2003 zweijährlich ausgerichtet wird. Zudem durchlief die 60-Jährige mehrere Stationen innerhalb der Verwaltung, auch in leitenden Positionen. Dafür absolvierte sie Fortbildungen, Schulungen und Seminare.
Mit 33 Jahren steht Neubert noch am Anfang seiner beruflichen Laufbahn. Der Neu-Halberstädter kann eine Ausbildung als Jäger und Falkner vorweisen, studierte die Grundlagen der Forstwirtschaft, bevor er ganz ins Biologiestudium wechselte. Kommentar