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Auftakt zu den Haldensleber Stadtliteraturtagen in der Schlossscheune Hundisburg Wo die Lorelei auf sächsisch Schiffe versenkt

Von Marian Hackert 20.09.2011, 04:32

In der Auftaktveranstaltung der dritten Haldensleber Stadtliteraturtage stand das Thema Lyrik im Mittelpunkt. So präsentierte die Band "Nobody Knows" in der Schlossscheune in Hundisburg ihren Gästen mit einem Rundumschlag durch die deutsche Lyrik gewohnt Ungewohntes.

Hundisburg. Walter von der Vogelweide, Heinrich Heine, Theodor Fontane und Johann Wolfgang von Goethe treffen auf Johnny Cash, City und Korn. Verpackt wird das Ganze dann in einen "Folkcocktail aus postmoderner, bundesrepublikanischer Folklore mit nordwesteuropäischer Note." Schwer vorstellbar? Zu hören und zu erleben war das Ergebnis dieser Symbiose verschiedenster Epochen, Künstler und Musikstile bei der Eröffnung der Haldensleber Stadtliteraturtage in der Schlossscheune in Hundisburg.

Mit der Aussicht auf Unterhaltung abseits des Alltäglichen füllten sich dann auch die Bänke vor der liebevoll hergerichteten Bühne. "Wir hoffen der Literatur in Haldensleben eine Heimat zu geben", eröffnete Haldenslebens stellvertretender Bürgermeister, Hennig Konrad Otto, die Veranstaltungsreihe offiziell. Ursula Fricke, Initiatorin für diese Veranstaltung, begrüßte die Gäste und gab die Bühne frei für die Musiker von "Nobody Knows".

"Bewaffnet" mit Gitarren, Kontrabass, Schlagzeug und Geige ließen sich die fünf musizierenden Lyriker aus Stendal folglich auch nicht lange bitten und begannen ihr Programm "Lyrik im Anzug" mit einem altgermanischen Lied. Noch unsicher, wohin der musikalische Weg des Abends führen würde, harrte das Publikum gespannt der Dinge, die da kamen.

Mit den Liedern "Der Falke" und Walter von der Vogelweides "Unter den Linden" warteten dann gleich zwei Stücke aus der Minnezeit auf die Besucher der Auftaktveranstaltung. Wem das bekannte "Tandaradei" als Vogellaut in Erinnerung ist, wurde eines Besseren belehrt, da es "eigentlich auch gleichbedeutend für ein Geräusch während des Beischlafs" steht, erzählt Sänger Max Heckel. Dies im Hinterkopf eröffnete sich den Zuhörern eine gänzlich neue Dimension des Stücks.

Dass auch Heinrich Heine zum Mitklatschen animieren kann, stellte dann eine weitere Erkenntnis des Abends dar. Versenkte die "alte" Lorelei mit ihrem Gesang noch Schiffe, sorgte die "Neue" mit sächsischem Dialekt für viel Applaus und herzliches Gelächter. Auch kleine politische Seitenhiebe, in Liedform verpackt, sorgten für Erheiterung. Aus Johnny Cashs "Ghostrider (in the sky)" wurde so ein auf Karl-Theodor zu Guttenberg gemünzter "Ghostwriter".

Neben Liedgut aus den vergangenen acht Jahrhunderten fanden sich auch Stücke aus der Gegenwart im Repertoire der Folkband. Mit einer Neuinterpretation des Stücks "Word up!" der Rockband Korn kamen auch Gäste, die sonst wahrscheinlich nicht unbedingt Anhänger dieser Musikrichtung sind, auf vollkommen neue Art und Weise in den Genuss dieses Musikgenres.

Nach einer kurzen Pause mit Getränken und frisch Gegrilltem knüpften "Nobody Knows" genau da an, wo sie aufgehört hatten. Mit einem Medley aus "Popsongs der letzten 400 Jahre" wurde vor den Zuhörern ein besonderer Klangteppich ausgebreitet, in dem jeder das eine oder andere Lied entdecken konnte.

Einen Höhepunkt, wenn ein solcher überhaupt festzulegen war, stellte die Neuvertonung von Goethes "Erlkönig" dar. Vorgetragen mit Mundharmonika, Banjo, Geige, Kontrabass, Schlagzeug und mit einem offenen Ende versehen, wurde so aus einer düsteren Ballade ein durchaus tanzbares, folkloristisches Stück, das zum Mitsingen einlud.

Unter lautem Beifall und "Zugabe"-Rufen verabschiedeten sich die Musiker letztlich von ihrem mehr als zufriedenen Publikum. Zurück bleibt die Erinnerung an eine gelungene Veranstaltung und die Erkenntnis, dass "nicht nur die Fidel das Fest macht."

Heute um 9.30 Uhr präsentiert Martina Wiemers im Café "Einhorn" in Haldensleben Kindergartenkindern ihren Frosch Kunibert III., zu dem es lustige Bilder und eine lustige Geschichte gibt.

Ebenfalls heute lädt das Fabrikkino in der Kulturfabrik zu einem ungewöhnlichen Film ein. Um "Goethe" geht es um 11 und um 19 Uhr.

Eine "Plattdeutsche Matinee" mit dem Hohenwarsleber Mundartler Dr. Erhard Beulecke steht morgen um 10 Uhr im Café "Einhorn" im Programmheft zu den Stadtliteraturtagen.