Sanierung Countdown läuft: Drei neue Glocken sollen in den Calvörder Kirchturm einziehen
Die Calvörde Kirche erhält drei neue Glocken. Zwei neue Stahlunterzüge sollen für ausreichende Statik sorgen. Das verursacht Mehrkosten von etwa 20.000 Euro.

Calvörde - Die ersten Handwerker sind im Turm der Sankt-Georg-Kirche in Calvörde. Die praktischen Vorbereitungen für das Einbringen der neuen Glocken beginnen mit den Arbeiten des Elektromonteurs.
„Gemeinsam mit einer seit 2004 bestehenden, kleinen Bronzeglocke wird wieder ein Vierklang entstehen, der Calvörde im Ersten Weltkrieg verloren ging. Damals wurden die drei Bronzeglocken für die Kriegsführung vom Staat entwendet“, schilderte Eckart Reihlen, Glockenbeauftragter der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde in Calvörde. Die Lebenszeit zweier nach dem Ersten Weltkrieg eingebauten Eisenhartgussglocken sei abgelaufen. Sie werden entfernt und verschrottet.
Die Kirchengemeinde hatte 2016 angefangen, Kollekten und Spenden für die neuen Glocken zu sammeln. Die Sparkasse Börde und angeschlossene Stiftungen, die Stiftung Braunschweiger Kulturbesitz, die Baupflegestiftung der Landeskirche sowie eine große Zahl von Spendern konnten für das Vorhaben gewonnen werden. Über 140.000 Euro sind dadurch zusammengekommen. „All jenen gebührt unser Dank. Besonders gefreut haben wir uns auch über Spenden von Mitbürgern, die sonst wenig Kontakt zur Kirche halten. Auch in unserem wohlhabenden Land haben wir über 100 Jahre gebraucht, um wieder in den Zustand vor dem Ersten Weltkrieg zu finden. Das sollte uns zu denken geben. Die Glocken mahnen zum Frieden“, sagte Reihlen.
Glocken wurden bei 1200 Grad Hitze gegossen
Eigentlich wollten Delegierte der Kirchengemeinde im Frühjahr diesen Jahres mit dem Bus nach Hessen fahren, um das Handwerk bei Gluthitze zu erleben. Doch wegen der Corona-Pandemie reiste der Glockenbeauftragte der Gemeinde allein, um die Entstehung der Glocken in der Gießerei Rincker in Sinn bei Marburg zu dokumentieren. In Bildern hielt der Beauftragte jeden Arbeitsschritt der traditionellen Kunst des Glockengusses während der viereinhalbstündigen Prozedur fest.
Bei etwa 1.200 Grad Hitze brachten Mitarbeiter die Metalle zum Schmelzen. Nach dem Guss brauchen Formen und Menschen Ruhe. Die Spannung bleibt! Ist das Werk gelungen?
Erst Tage später wurden die nur langsam erkaltenden Formen aus der Erde geborgen. Das Glockengießen scheint geglückt, das Werk vollbracht. Nun müssen die tonnenschweren Kolosse in den Kirchturm geschafft werden.
Turm wird ertüchtigt
„Der Turm wird ab dem 19. Juli 2021 durch Einbringen zweier Stahlunterzüge - Balken - ertüchtigt. Zwei alte Glocken kommen raus, drei Kupferglocken rein“, erklärte Reihlen. Die Massenbilanz sei - nach seinen Ausführungen - neutral.
„Dennoch rechnet der Statiker, dass der Turm seit dem Glockenraus und Glockenrein von 1917 und 1922 nicht mehr statisch einwandfrei ist. Der Turm hätte - nach der Rechnung des Statikers - eingefallen sein müssen. Wenn man den Turm von innen anschaut, sieht man, dass unsere Altvorderen tatsächlich gepfuscht haben. Balken wurden damals einfach abgesägt, wo eine Glocke durch eine Öffnung gehoben werden musste“, schilderte der Glockenbeauftragte. Das werde nun geheilt. „Wir haben dadurch einen Mehrfinanzierungsbedarf von 20.000 EUR, für den wir die Sammelkassen wieder aufgemacht haben“, sagte Reihlen und blickte auf den Bauablaufplan. Glockenbauer, Elektriker, Gerüstbauer, Zimmerer, Steinmetze und Planer werden in den nächsten Wochen und Monaten sich nicht nur sprichwörtlich die Klinke in die Hand geben. Eine Bauanlaufberatung ist für den 14. Juli 2021vorgesehen, um das Miteinander der Gewerke im Detail zu besprechen.
Die Einbringung der Glocken in den Kirchturm ist für Juli/August 2021 vorgesehen. Der Weihegottesdienst soll voraussichtlich im Herbst diesen Jahres stattfinden.