Drömling Moorschnucken erobern Biosphärenreservat
Die Station des Biosphärenreservates in Kämkerhorst hat wieder Schafe. Nach der Corona-Krise kann das Gelände wieder besucht werden.
Kämkerhorst/Mannhausen l Ranger Thomas Klöber lässt Würfel aus trockenem Brot in einem kleinen Eimer poltern. Dieses Geräusch kennen sie schon – die drei neuen schnuckeligen Damen im Schafspelz. Es sind Moorschnucken, auch Weiße Hornlose Heidschnucke genannt, die seit April auf dem Gelände am Informationshaus in Kämkerhorst ein neues Domizil gefunden haben.
Vor Jahren gab es in Kämkerhorst schon einmal Moorschnucken, die im Drömling alt werden durften. Diese Schafe sind kleinwüchsige Tiere mit weißem, mischwolligem Haarkleid und feinem, grazilen Knochenbau. Der Kopf ist länglich mit schräg aufgestellten Ohren. „Diese Diepholzer Moorschnucken gehören zur kleinsten und leichtesten deutschen Schafrasse“, weiß Klöber, der Stück für Stück das Vertrauen der Wollköpfe gewinnt.
„Wir haben die Tiere von Evelyn Oberbeck aus Alfeld gekauft. Das ist eine Försterin, die demnächst in Pension geht und die als Hobby Moorschnucken züchtet“, erzählt Klöber. Und die neuen einjährigen Drömlingsbewohnerinnen sorgten bereits für eine Überraschung. „Als wir am 2. Juni morgens in das Gehege kamen, lag dieses Lamm auf der Wiese, das sicher am Abend zuvor auf die Welt kam“, berichtet der Ranger. Die Vorbesitzerin hatte gesagt, dass die Böcke und die Schnucken früh genug getrennt wurden. Aber trotzdem sei es möglich, dass es Nachwuchs geben könnte. „Wir haben drei Schafe gekauft und vier bekommen“, sagt Klöber mit einem Augenzwinkern.
Der Mitarbeiter der Reservatsverwaltung kümmert sich um die drei Schafdamen samt Nachwuchs. Er weiß genau, was die Wollköpfe wollen.
Der Calvörder ist nämlich selbst mit Tieren aufgewachsen und hat auch schon auf dem eigenen Grundstück Schafe gehalten. Neugierig schaut das Lamm. Immer wieder verschwindet es unter dem Wollmantel der Mutter, die ihr Kleines mit Milch versorgt. „Bei dem Umhang, den die Schafe tragen, kann man gar nicht sehen, ob sie trächtig sind. Vielleicht kriegen wir ja noch ein Lamm“, sagt der 50-jährige Calvörder voller Erwartung.
Einst waren die Moorschnucken mit 94 Prozent am Gesamtschafbestand in Deutschland vertreten. „Heute zählen sie zu den bedrohten Haustierrassen. Sie sind anspruchslos, genügsam und widerstandsfähig“, erklärt der Tierfreund, der seit 1997 zum Team der Ranger gehört.
Aufgrund dieser Eigenschaften sind Moorschnucken die idealen Bewohner für diesen besonderen Lebens- sowie Naturraum im Biosphärenreservat. Auf dem Gelände in Kämkerhorst können die Schafe Sommer wie Winter draußen bleiben. Sie haben einen Unterstand, wenn es ihnen zu warm wird, suchen sie Schatten.
Moorschnucken werden seit Jahrzehnten erfolgreich zur gezielten Beweidung von Moor- und Feuchtgebieten eingesetzt, da sie hervorragend für Nässe geeignet sind. Selbst knietiefes Wasser macht den Tieren nichts aus.
Vermutlich in den 20er oder 30er Jahren hat es die Moorschnucke auch im Drömling gegeben. Als verlässlicher Partner trägt die Diepholzer Moorschnucke zur Wiederherstellung (Renaturierung) der Moore bei und hält die Landschaft offen sowie die Vegetation kurz, so dass Pflanzen und Tiere ihren idealen Lebensraum behalten. Das Moorgebiet wird nicht durch Birken und Bentgras verbuscht, der Nährstoffgehalt außerdem verringert und die Wiedervernässung begünstigt. Moorschnucken haben sich somit als Landschaftspfleger mit dem richtigen Biss erwiesen.
Die drei Landschaftspflegerinnen haben demnächst einen Frisörtermin. „Mein Kollege Ulrich Kaatz ist gelernter Schäfer. Er hat Landwirtschaft studiert, aber das Schafescheren hat er nicht verlernt“, sagt Klöber und ist sich sicher, dass Kaatz den Schafdamen eine ordentliche Schur verpassen wird.
Besuchergruppen können die Schafe nun in ihrem Gehege bestaunen und natürlich mehr von dieser Art erfahren. „Meist stehen die Gäste am Zaun und machen ,Mäh‘ bis die Schafe ihnen antworten“, erzählt Klöber. Ab sofort hat das Informationshaus wieder geöffnet. „Am Wochenende sind wir von 10 bis 18 Uhr und montags bis freitags von 10 bis 16 Uhr für Naturfreunde da“, informiert Sabine Wieter, Mitarbeiterin für Öffentlichkeitsarbeit.
Jedoch sind aufgrund der Corona-Situation einige Einschränkungen erforderlich. So dürfen nur drei Besucher gemeinsam in das Gebäude beziehungsweise nur fünf Personen aus einem Hausstand. Im Haus ist ein Mund- und Nasenschutz zu tragen. Der Einlass auf das Gelände erfolgt nach Klingeln der Besucher am Tor.