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Archäologie Entdecker mit Schaufel und Stift

Als Zeichnerin ist Melanie Reuter bei den archäologischen Grabungen für die B71n bei Haldensleben dabei. Sie erzählt von ihrer Arbeit.

Von Julia Irrling 28.04.2018, 01:01

Haldensleben l Seit Anfang April wird an der B 71, an der Stelle der geplanten Ortsumgehung von Wedringen, wieder archäologisch gegraben. Vier Archäologen arbeiten hier mit einem Team aus Technikern, Zeichnern und Helfern zusammen. Während die Archäologen vor allem für die Planungsarbeiten und Dokumentation der Fundstücke zuständig sind, übernehmen die Grabungshelfer einfache Erdarbeiten. Mit Schaufel und Kelle legen sie Siedlungsspuren frei und präparieren Funde, wie Knochen und Scherben, heraus.

Jeder, der Spaß am Arbeiten im Freien hat, könne diesen Job machen, versichert Grabungsleiterin Judith Blödorn. Die Grundlagen sind häufig innerhalb von zwei Tagen vermittelt. Quereinsteiger sind hier gerne gesehen, so wie Melanie Reuter, eine gelernte Keramikmalerin aus Haldensleben. Auf ein Zeitungsinserat hin bewarb sie sich im Sommer 2010 erstmalig als Grabungshelferin, aus der Arbeitslosigkeit heraus. „Von klein auf interessiere ich mich für Geschichte“, begründet sie ihre Entscheidung, die sie bisher nicht bereut hat.

Dass die Arbeitsverträge für Grabungshelfer befristet sind, sieht sie entspannt. „Es gibt immer wieder irgendwo Projekte“, sagt sie. Manchmal müsse man dafür allerdings ein bisschen reisen.

Eine Zeit lang war sie so über eine Zeitarbeitsfirma als Grabungshelferin eingestellt, bis ihr zeichnerisches Talent entdeckt wurde. Fortan gräbt sie nicht nur, sondern dokumentiert im zunehmenden Maße die Befunde. Mittlerweile arbeitet sie für das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt als Grabungszeichnerin – in Festanstellung.

Wer entsprechende Fähigkeiten mitbringt, kann sich also unter Umständen auch hocharbeiten. Wer Interesse am Vermessen oder an Fotografie hat, der werde über die Grabungstätigkeit hinaus auch mit entsprechenden Aufgaben betraut, ergänzt Judith Blödorn. Gern gesehen seien Grabungshelfer, die mitdenken und sich einbringen – das erleichtere nicht zuletzt auch den Archäologen die Arbeit, meint sie. Obwohl der Job des Grabungshelfers auf dem Prinzip „Learning-by-doing“ basiert, sind körperliche Fitness, Geduld und Fingerspitzengefühl sehr nützliche Fähigkeiten.

Fundstücke von der Erde zu befreien, kann ein langwieriger Prozess sein. Und wenn die Grabungsarbeiten dann im Winter stattfinden, ist man dabei Kälte und Nässe ausgesetzt. Entsprechende Schutzkleidung ist da Pflicht.

„Ich habe Glück“, sagt Melanie Reuter. Da sie zeichnet, kann sie bei schlechtem Wetter auch drinnen arbeiten. Mit „drinnen“ ist der Container gemeint, in dem die Aufarbeitung erfolgt. Hier werden Fundstücke gewaschen und dokumentiert. Die Arbeit im Freien kann sich jedoch auch positiv auf die Gesundheit auswirken. Viel Bewegung und frische Luft erhöhen die eigene Fitness. „Seitdem ich auf Grabung bin, hatte ich keine einzige Erkältung mehr“, so Melanie Reuter.

Den für sie spannendsten Fund erlebte sie vor zwei Jahren bei einer Grabung in Köthen. In einer Grube wurde ein riesiger Haufen Scherben gefunden, der am Ende zu einem Gefäß von beeindruckender Größe zusammengesetzt werden konnte.

Dass oftmals Grabungshelfer als Erste die Funde entdecken, motiviere viele, so die Erfahrung der Grabungsleiterin. „Die Leute identifizieren sich schnell mit dem, was sie da ausgraben“, sagt Judith Blödorn. Ihre Mitarbeiterin Melanie Reuter ist auf jeden Fall zufrieden. „Ich bin froh, dass ich an diesen Job gekommen bin.“