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Gewerbeabmeldungen Viele Läden in Haldensleben bleiben leer

Mehr als doppelt so viele Abmeldungen wie Anmeldungen von Gewerben gab es seit 2014 in Haldensleben. Viele Läden stehen leer.

13.02.2020, 23:01

Haldensleben l Wer in Haldensleben etwas verkaufen will, macht mit einer Geschäftsadresse in der Hagenstraße nichts falsch. So galt es für viele Branchen des Einzelhandels jahrzehntelang. Und so mag es auch heute noch sein. Allerdings, längst nicht alle Schaufenster entlang der Einkaufsstraße sind dieser Tage bestückt. Stattdessen kleben hinter einigen Scheiben Plakate mit Kontakten zu den Vermietern der Gewerbeflächen.

Nun ist eine gewisse Fluktuation nichts Ungewöhnliches. Unternehmer melden Gewerbebetriebe an, andere ab. Nur hält sich das in Haldensleben schon seit Jahren nicht mehr die Waage. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Zwischen Januar 2014 und Oktober 2019 verzeichnete die Stadt 96 Gewerbeanmeldungen. Im gleichen Zeitraum meldeten Unternehmer 218 Gewerbebetriebe ab, also mehr als doppelt so häufig.

Dabei handelt es sich zu einem großen Teil um An- und Abmeldungen aus zwei Branchen. Betroffen ist vor allem das Gastronomie- und Beherbergungsgewerbe sowie die Kraftfahrzeugbranche (Handel, Instandhaltung, Reparatur). Wie sind diese Zahlen zu verstehen?

Astrid Claus berät seit 25 Jahren Existenzgründer in der Region. Die Beraterin im Amt für Wirtschaft des Landkreises betreut jährlich zwischen 60 und 85 Existenzgründungen. Diese Zahlen, betont sie, seien in den vergangenen Jahren relativ konstant geblieben. Einen Einschnitt habe es aber um das Jahr 2010 gegeben, in den Jahren zuvor habe sie noch um die 150 Gründungen jährlich begleitet, berichtet die 60-Jährige.

Mit Blick auf die Gewerbezahlen für Haldensleben rät Claus zur Vorsicht. Es bleibe unklar, wie viele Menschen ein Gewerbe zum Nebenerwerb angemeldet hätten, betont sie. Auch gebe es in Bereichen wie der Gastronomie oder dem Handel mit Kraftfahrzeugen eine hohe Fluktuation. Grundsätzlich bestehe ein Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt. Claus sagt, ein florierender Arbeitsmarkt führe eher zu weniger Gründungen. „Früher haben mehr Leute den Schritt zur Existenzgründung gewagt, weil mehr Menschen arbeitslos waren“, berichtet die langjährige Beraterin.

Stadtsprecher Lutz Zimmermann sieht es ähnlich: „Das Gros der Gewerbeanmeldungen betrifft nicht Unternehmen mit mehreren Beschäftigten, sondern Einzelpersonen.“ Der Anlass sei häufig eine „unbefriedigende Arbeitssituation“, sagt Zimmermann. „Diese Selbständigkeit wird dann aufgegeben, wenn sich eine attraktivere berufliche Perspektive ergibt“, so der Stadtsprecher.

Der negative Saldo bei den Gewerbean- und –abmeldungen ist für Zimmermann deshalb „nicht Ausdruck einer negativen wirtschaftlichen Entwicklung.“ Vielmehr sei das „Gegenteil“ der Fall, sagt der Stadtsprecher.

Die Arbeitsmarktzahlen geben ihm Recht. Die Zahl der Unternehmen mit Beschäftigten ist nach Angaben der Arbeitsagentur in Haldensleben seit 2014 auf einem ähnlichen Niveau verblieben. Zudem gibt es weniger Arbeitslose und mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigte.

Georg Haberland, Sprecher der Arbeitsagentur Magdeburg, bestätigt: „Der Arbeitsmarkt in Haldensleben hat sich in den letzten Jahren positiv entwickelt.“ Auch er betont, dass sich viele Arbeitnehmer bei hoher Arbeitskräftenachfrage eher für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung interessierten. Das würden die Erfahrungen der Vermittlungsfachkräfte der Arbeitsagentur und Jobcenter zeigen.

Bleiben die leeren Läden in der Hagenstraße. Stefan Oldenburg und Jacqueline Pugell kämpfen schon länger dafür, dass die Einkaufsstraße attraktiver wird. Beide sitzen im Vorstand des Vereins „Wir für euch“, in dem vor allem Haldensleber Gewerbetreibende organisiert sind. In der Innenstadt fehlten Gastronomien, sagen sie. Bitter sei außerdem das kürzliche Aus des NP-Marktes am Marktplatz. In der Haupteinkaufsstraße sei zudem der Branchenmix verloren gegangen, sagt Pugell. Geschäfte für Sport- und Kinderbekleidung fehlten, gut vertreten seien dafür Optiker.

Und dann ist da noch das Internet. Optikerin Pugell erwartet, dass sich das Einkaufsverhalten weiter verändern werde. „Wir müssen damit umgehen, dass Kunden Brillen im Internet kaufen“, sagt sie. Für die Geschäfte in der Hagenstraße würden Service-Leistungen deshalb immer wichtiger.