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Historie Altmärker forscht zur Kleinbahn-Geschichte

Die Geschichte der Kleinbahn Gardelegen-Neuhaldensleben-Weferlingen recherchiert Wolfgang List. Er hofft auf weitere Dokumente.

Von Ivar Lüthe 14.07.2015, 01:01

Haldensleben l Wolfgang List aus Stendal ist Kleinbahnfan durch und durch. Seit mehr als vier Jahrzehnten forscht er zu den altmärkischen Kleinbahnen, hat dazu bereits viel veröffentlicht. Die Kleinbahn Gardelegen-Neuhaldensleben-Weferlingen am südwestlichen Zipfel der Altmark und darüber hinaus spielte zunächst nur eine untergeordnete Rolle. Das soll sich nun ändern. Der Altmärker widmet sich nun der Strecke und hofft, von Volksstimme-Lesern und Zeitzeugen weitere „Mosaiksteinchen“ für seine Forschungen zu erhalten.

Die Kleinbahnstrecke entstand im Sommer 1922 durch Zusammenschluss der Kleinbahn Aktiengesellschaft Neuhaldensleben-Weferlingen (Gründung 1905, Betriebseröffnung 1907) und der Kleinbahn Aktiengesellschaft Gardelegen-Neuhaldensleben (Gründung 1910, Betriebseröffnung 1911). Ihre Strecke lag großenteils im südlich vom Kreis Gardelegen liegenden Kreis Neuhaldensleben außerhalb der Altmark.

„Abgesehen von einigen Ansichtskarten und Gebäudeplänen sowie einem Wagenübergangsvertrag besaß ich kaum Material zu dieser Gesellschaft. Fotografische Abstecher führten in den 1970er Jahren nur bis Letzlingen. Das Interesse an dieser Kleinbahn erwachte erst wieder im Sommer 2014. Ich hatte mich entschlossen, mein erstes Buch ,Kleinbahnen der Altmark‘ aus dem Jahr 1979 noch einmal völlig neu zu schreiben und diese etwas abseits liegende Kleinbahn umfassend mit abzuhandeln“, sagt Wolfgang List.

Deshalb versuchte er, möglichst viel zeitgenössisches Material über die Kleinbahn AG Gardelegen-Neuhaldensleben-Weferlingen zusammenzutragen, was mit Hilfe der einschlägigen Archive in Haldensleben, Gardelegen und Dessau gelang. Außerdem galt es, das ominöse Datum der letzten Zugfahrt zwischen Gardelegen und Haldensleben zu hinterfragen und möglichst noch einen Zeitzeugen aufzuspüren, der Licht ins Dunkel bringen könnte.

„Ich wusste: Das dürfte schwierig werden, denn immerhin war die Kleinbahnstrecke Gardelegen-Neuhaldensleben schon im Jahr 1951 zwischen Letzlingen und Haldensleben stillgelegt und sofort abgebaut worden, womit die Verbindung zur Altmark entfiel“, berichtet der Stendaler. Doch er wurde fündig: Die Frage „Wann verkehrte der letzte Zug zwischen Gardelegen und Haldensleben?“ stellte er im Winter 2014 bei den Arbeiten am Manuskript des Buches „Kleinbahnen der Altmark“. Im Internet fand er, dass der Abschnitt zwischen Bülstringen-Hafen und Letzlingen am 3. Oktober 1951 stillgelegt und die Gleise abgebaut wurden.

„Bislang wusste ich nach dem Studium der Fahrpläne in meinem Archiv, dass gemäß Winterfahrplan 1950/51 (gültig bis 19. Mai 1951) die Strecke letztmalig in voller Länge befahren wurde. Weil ich das Datum nur bestätigt wissen wollte, wandte ich mich an das Stadt- und Bördekreisarchiv Haldensleben mit der Bitte um Auskunft“, so Wolfgang List.

„Mich elektrisierte förmlich der handschriftliche Vermerk auf dem Foto.“

Als Antwort bekam er unter anderem die Kopie eines Zeitungsausschnitts aus der Volksstimme vom 19. März 1951, wonach zu diesem Zeitpunkt bereits Schienenersatzverkehr gefahren wurde, und die Kopie eines Zeitungsausschnitts aus der Volksstimme vom 11. November 1999, in der es um die Geschichte des Bahnhofs Klüden an jener Bahnstrecke ging.

In dem Artikel stand, dass „der letzte Triebwagen exakt am 12. März 1951“ verkehrte. Dem Beitrag war ein Foto beigestellt, das einen Triebwagenzug auf der Fahrt nach Haldensleben zeigte. „Mich elektrisierte förmlich der handschriftliche Vermerk auf dem Foto: Letzter Triebwagen 12. März 1951“, sagt Wolfgang List. Nach etlichen Recherchen und Telefonaten fand er auch tatsächlich den Fotografen: Helmut Dießner aus Zobbenitz.

„Der inzwischen 88 Jahre alte Herr erzählte mir, dass er gemeinsam mit seinem Bruder Erich dieses Foto gemacht hätte, als der letzte Triebwagen zwischen Gardelegen und Haldensleben verkehrte. Wegen des Fotografierverbots auf dem Bahngelände habe einer den anderen bei der Aufnahme gedeckt. Es gebe noch weitere Bilder von der Strecke südlich von Zobbenitz. Helmut Dießner versprach, mir die Bilder leihweise zur Verfügung zu stellen. Bald brachte mir die Post einen Brief mit den Fotos. Im April trafen wir uns in Zobbenitz und suchten die Gegend auf, an der seinerzeit das Triebwagen-Foto entstand. Dort, wo einst die Gleise lagen, ist heute Wald“, erzählt Wolfgang List.

Inzwischen ist es ihm gelungen, den Sohn eines Lokomotivführers aufzuspüren, der schon 1939 sein 25jähriges Betriebsjubiläum bei der Kleinbahn beging. „Ich freue mich auf die Begegnung und hoffe auf weitere wertvolle Mosaiksteinchen für die Geschichte dieser interessanten Kleinbahn“, sagt der Stendaler, der auf weitere Hilfe bei seinen Recherchen hofft.

Leihweise gesucht werden vor allem zeitgenössische Erinnerungsfotos auf Kleinbahnhöfen wie etwa dem alten Bahnhof in Haldensleben Süplinger Straße oder von Fahrten mit der Kleinbahn, alte Ansichtskarten mit Motiven der Kleinbahn, eine Aktie, ein Arbeitsvertrag oder gar ein Jubiläums-Fotoalbum, wie es damals die Beschäftigten zu besonderen Anlässen bekamen. „Alles Material wird garantiert unbeschädigt und vollständig zurückgegeben“, verspricht der Stendaler.

Wer etwas zu den Recherchen beitragen kann, kann sich bei Wolfgang List unter 03931/214684 melden.