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Hitzige Debatte über möglichen Solarpark spaltet die Dorfgemeinschaft in Klüden

Etwa 100 Interessierte haben die Bürgerversammlung in Klüden besucht, um sich über mögliche Photovoltaikanlagen zu informieren. Die Gemeinde Calvörde möchte vermitteln, um Kompromisse für Befürworter und Gegner zu finden.

Von Anett Roisch 22.06.2021, 16:33
Hubertus Nitzschke, Vorsitzender des Arbeitskreises, der im Calvörder Gemeinderat extra für die Bürgerinformationen zu den möglichen Solarflächen gegründet wurde, moderierte die Debatte über das Für und Wider der möglichen Photovoltaikanlagen in Klüden.
Hubertus Nitzschke, Vorsitzender des Arbeitskreises, der im Calvörder Gemeinderat extra für die Bürgerinformationen zu den möglichen Solarflächen gegründet wurde, moderierte die Debatte über das Für und Wider der möglichen Photovoltaikanlagen in Klüden. Foto: Anett Roisch

Klüden - „Es geht um mögliche Solaranlagen auf Potentialflächen. Wir wollen ins Gespräch kommen und uns in sachlicher Form begegnen“, erklärte Calvördes Bürgermeister Volkmar Schliephake (CDU) bei der Info-Veranstaltung am Montagabend. Auf dem Hof der einstigen Dorfschule versammelten sich etwa 100 Klüdener und Interessierte aus den Nachbarorten.

Der Bürgermeister betonte, dass die Energiewende ein wichtiges Thema der heutigen Zeit sei. Bis 2050 solle der Energieverbrauch in Deutschland klimaneutral gestaltet werden. Da stehe jeder - mehr oder weniger - in der Verantwortung. Photovoltaik auf landwirtschaftlichen Flächen sei noch kein privilegiertes Vorhaben und Baurecht ist vonnöten. Deshalb erstellt die Verbandsgemeinde Flechtingen ein Energiekonzept mit möglichen Solar-Flächen. Der Bürgermeister betonte, dass der Gemeinderat für die Akzeptanz dieser Solaranlagen wirbt.

Geldverdienen ist nicht unredlich

„Natürlich wollen Eigentümer und Landwirte Geld mit Solaranlagen verdienen“, sagte Schliephake. Dies sei - seiner Ansicht nach - nicht unredlich. Außerdem würde auch die Gemeinschaft letztendlich - durch Angebote der Investoren für günstigen Stromkauf - einen Vorteil haben.

„Wir wollen den Solarpark nicht. Deshalb haben wir Unterschriften gesammelt“, sagte Ronald Peters. Er gestand, dass sie bereits Beschwerden von den Leuten bekamen, die nicht nach ihrer Meinung gefragt wurden. Peters verkündete das Ergebnis: „Wir haben in Klüden 214 wahlberechtigte Bürger. 31 Personen davon haben wir nicht angetroffen. Eindeutig für den Solarpark haben sich 32 Klüdener ausgesprochen. 134 - also 62 Prozent - sind gegen den Bau des Solarparks.“ Enthaltungen habe es 17 gegeben. Der Klüdener verwies auf den selbsterarbeiteten Flyer und erklärte: „Wir haben versucht, Fragen so zu beantworten, wie wir es für richtig hielten. Ich habe viel Zeit damit zugebracht, mit Leuten zu sprechen, die schon einen Solarpark haben.“ Gleich meldeten sich Bürger zu Wort, die mit der Art und Weise der Unterschriftensammlung nicht einverstanden sind.

„Ich bin grundsätzlich nicht gegen Solar und habe selbst sehr viele Solarflächen auf meinen Dächern. Doch so eine Anlage in dieser Größe ist für mich nicht akzeptabel“, sagte Christian Schnelle, dessen Wohngrundstück an den möglichen Solarpark grenzt. Schnelle meinte, dass viele junge Leute von weit her nach Klüden kommen, weil dort die Natur noch intakt sei. „Unter dem Strich geht es einfach nur um die Kohle“, so Schnelle.

Ausgleichszahlungen werden fällig

Franz Maier wehrte sich gegen die Behauptung, dass er mit dem Solarpark als Landwirt das große Geld macht und Arbeitskräfte entlassen wird. „Ich habe keinen eigenen Acker, sondern nur Flächen gepachtet. Für diese Flächen werde ich wahrscheinlich - wenn mit Solar begonnen wird -  Ausgleichszahlungen bekommen“, sagte Maier.

Ein Bürger wollte wissen, warum die Photovoltaikfläche so viele Hektar groß sein muss. Projektentwickler Enrico Wöhlbier erklärte, dass die Anlage so groß sein muss, um überhaupt rentabel zu sein.

Arnold Schulze erklärte, dass er einer der betroffenen Landeigentümer ist. „Die heutige Info-Veranstaltung kommt spät, aber sie kommt. Ich war irritiert, dass im Vorfeld von den Klüdenern eine Befragung durchgeführt wurde. „Einige Argumenten kann ich nachvollziehen, zum Beispiel der Eingriff in die Natur. Aber andere Argumente sind nicht zutreffend. Der Meinungsbildungsprozess ist hier nicht objektiv erfolgt“, sagte Schulze. Er fand das Wort Weitsicht im Flyer gut. „Diese Weitsicht sollten wir beim Klima haben und über den Tellerrand gucken“, so Schulze. Der Klimawandel mit heißen Sommern und wenig Niederschlag habe seiner Ansicht nach dazu geführt, dass der Grundwasserspiegel sinkt. Ein Indikator für ihn sei der Wasserstand im Neuen Graben, der jetzt schon wieder trocken liegt. Der Landeigentümer appellierte, dass jeder etwas gegen den Klimawandel tun sollte. Er sei für einen Solarpark. Seine Bedingungen wären, dass es eine angemessene Größe wird und dass nur ertragsarme Flächen genutzt werden. Der Abstand zur Wohnbebauung müsste beachtet werden. Schulze plädierte für eine einvernehmliche Lösung. „Wir müssen der nachfolgenden Generation ein lebenswertes Klüden hinterlassen“, sagte Schulze und entgegnete, dass es bei ihm nicht nur um das „Kohleverdienen“ gehe, sondern für ihn sei es wichtig, etwas gegen die Klimakrise zu tun. 

Kommune muss sich an Energiewende beteiligen

„Es ist sehr positiv, dass alle für erneuerbare Energien sind. Aber wie wollen wir dies umsetzen? Es ist klar, dass die, die die Anlage direkt vor ihren Augen haben, die Sache kritischer sehen. Wir müssen schauen, ob man die Flächen anders schneidet, reduziert oder möglicherweise als komplett ungeeignet erachtet“, sagte Schliephake. Er verwies auf Steuereinnahmen, die verloren gehen, wenn die Kommune sich nicht an der Energiewende beteiligt. Raphael Huber, Geschäftsführer der Sunovis GmbH,  versicherte, dass sein Unternehmen jedem Einwohner die Möglichkeit gibt, die Anlage mitzubetreiben.

Nach der hitzigen Debatte schlug Hubertus Nitzschke (UWG), Mitglied des Gemeinderates, vor, zur Bundestagswahl am 26. September eine Bürgerbefragung zum Thema zu machen. „Dann entscheidet jeder für sich in einer Kabine“, sagte Nitzschke. Schliephake befürwortete diese Idee. Im Vorfeld müsste aber ein neuer Flächenkorridor ermittelt werden. „Wir müssten uns einfach noch mal an einen Tisch setzen, um über geeignete Flächen zu reden und Kompromisse zu finden“, fasste der Bürgermeister zusammen.

Eine weitere Info-Veranstaltung findet am Donnerstag,24. Juni 2021, um 19 Uhr vor der Gemeindehalle in Dorst statt.