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Mittellandkanal Auf Streife mit der Wasserschutzpolizei

Er fließt als blaues Band mitten durch Haldensleben: der Mittellandkanal. Unterwegs mit der Wasserschutzpolizei:

Von Jens Müller 14.04.2020, 01:01

Haldensleben l „Der Mittellandkanal ist die A 2 der Wasserstraßen“, sagt Polizeioberkommissar Matthias Wolter und muss schmunzeln. Denn während auf der asphaltierten Bundesautobahn täglich zehntausende Autos in Hochgeschwindigkeit von A nach B rollen, geht es auf „seiner A 2“ gemächlicher zu. Aber dafür etwas wackeliger. Denn für seinen Job muss er schon seefest sein. Mit fünf weiteren Beamten sorgt der Leiter der Wasserschutzpolizei-Station in Haldensleben auf einem Streckenabschnitt des Mittellandkanals für die Sicherheit des Schiffsverkehrs. Und der hat es in sich. „Unser Einsatzgebiet erstreckt sich von Kilometer 258,66 – der Landesgrenze Niedersachsen – bis Kilometer 318,4 – fast bis zur Schleuse Rothensee“, erläutert Matthias Wolter und hält locker das Ruder der WSP 20 „Saale“ in der Hand.

Das Streifenboot ist der ganze Stolz der Truppe und nahezu täglich im Einsatz. „Es ist ein Zwei-Schrauber“, sagt Wolter kurz. Das bedeutet, das 14 Meter lange und 4,20 Meter breite Dienstboot wird gleich von zwei Volvo Penta Motoren angetrieben.

Wie im normalen Straßenverkehr achten Wolter und seine Kollegen darauf, dass hier alles seine Ordnung hat. Ihr Hauptaugenmerk richten sie auf den Schiffsverkehr. „Das ist wie bei einer Lkw-Kontrolle“, so Wolter. Nur, dass er mit dem Dienstboot an die Binnenschiffe heranfährt und einen Kollegen übersetzt: zur Kontrolle während der Fahrt. Oder sie legen sich längsseits an ein stillliegendes Schiff.

„Die Arbeit ist sehr umfangreich. Wir kontrollieren dann zum Beispiel die verschiedenen Schiffspatente, Zulassungszeugnisse und Schifferdienstbücher, ob alle Sozialvorschriften, sprich die Fahrzeiten, eingehalten wurden. Ob die Mindestbesatzung an Bord ist, mit den entsprechenden Qualifizierungen, wie Matrose, Bootsmann oder Steuermann“, erläutert Matthias Wolter. „Außerdem werden von uns die Ausrüstung und viele technische Einrichtungen auf Vollständigkeit und Funktionstüchtigkeit geprüft. Eine bis anderthalb Stunden kann so eine Kontrolle auf einem Binnenschiff dann schon dauern. Die meisten Binnenschiffe und Sportboote kommen dabei aus Deutschland, Holland, Polen, aber auch aus Belgien und Frankreich.

Verständigt, so Wolter, wird sich meist auf Deutsch und Englisch. „Zur Not auch mit Händen und Füßen“, fügt er scherzhaft an. Im Ernstfall, sprich im Rahmen von „strafprozessualen Maßnahmen“, so der Polizeioberkommissar, werde auch schon Mal ein Dolmetscher angefordert. Stress und Ärger mit den Schiffsführern und den Besatzungen gebe es wenig: „Jeder grüßt und respektiert sich. Wir haben ein gutes Verhältnis zu den Schiffern“, schätzt Matthias Wolter ein, um dann hinzuzufügen. „Ein, zwei, Stinkstiefel‘ gibt es aber auch.“

Auch auf dem Kanal gibt es Verkehrsregeln. So darf die Höchstgeschwindigkeit gegenüber dem Ufer für ein Fahrzeug oder einen Verband im beladenen Zustand nicht 10 Kilometern pro Stunde, für unbeladene 12 und für Sportboote 15 km/h überschreiten. Und auch das wird überwacht. Zwar nicht mit einem Blitzer, aber mit einer sogenannten Weg-Zeit-Berechnung. „Wer zwischen 2 und 4 Kilometer pro Stunde zu schnell ist, zahlt 35 Euro Strafe“, rechnet Matthias Wolter vor.

Teuer wird es aber auch für andere Sünder. Beispielsweise: „Wer Müll am oder im Kanal entsorgt oder mineralölhaltige Stoffe ins Wasser des Mittellandkanals einbringt, wird strafrechtlich Verfolgt.“ Auch ist offenes Feuer auf den Betriebsanlagen nicht gestattet und wird geahndet. Die Überwachung und Kontrolle des Naturschutzgebietes Drömling im Westen und des Landschaftsschutzgebietes Ohre-Elbniederungen im Osten, gehören ebenfalls zu den Aufgaben der Wasserschutzpolizei im Rahmen ihrer Streife. Dafür stehen ihnen neben dem Dienstboot auch noch zwei Streifenwagen zur Verfügung, um noch schneller an den Einsatzorten zu sein.

Das Baden, so Wolter, ist dagegen im Kanal gestattet. „Aber nur 100 Meter von Brücken, Wasserbauwerken, Liegestellen der Schiffe und von Schiffen selbst entfernt“, ergänzt Polizeihauptmeister Steffen Rademacher, der auch eindringlich davor warnt, von Brücken in den Kanal zu springen. Das könne lebensgefährlich sein. Selbst bei einer Wassertiefe von etwa vier Metern. Außerdem wird der Kanal auch oft für die Entsorgung von Diebesgut oder anderen lästig gewordenen Sachen genutzt. Der größte war dabei der Einsatz beim G 20 Gipfel in Hamburg 2017 und das Schiffsunglück des Gütermotorschiffes „Rothensee“ im Jahr 2014 bei Bergfriede. „Damals war der ganze Kanal dicht“, erinnert sich Rademacher.

Dass der Kanal noch einmal gesperrt wird, könnte auch demnächst wieder passieren, wenn die neue Kanalbrücke der Bundesstraße 188 bei Bergfriede eingeschoben wird. Der Brückeneinschub soll eventuell Ende Mai passieren.

Dass er selbst einmal bei der Wasserschutzpolizei seinen Dienst versieht, daran hatte Matthias Wolter zunächst nicht geglaubt. Dabei lag es irgendwie auf der Hand: „Ich war fünf Jahre bei der Bundesmarine“, erzählt er. „Als sich die Chance bot, nach dem erneuten Besuch der Polizeischule in Aschersleben zur Wasserschutzpolizei zu wechseln, überlegte ich nicht lange.“

Auch wenn dies bedeutete, nochmal eine dreimonatige Grundausbildung an der Wasserschutzpolizei-Schule in Hamburg zu absolvieren - übrigens der einzigen in ganz Deutschland. Er legte die Prüfung für das Funkpatent und Radarpatent ab. „Außerdem gibt es viele weitere Lehrgänge zur Schiffstechnik, gefährliche Güter, Containertransport, Ladungssicherung, Bootskriminalität, Umweltschutz und vielem mehr“, zählt er auf.

Eben ein anspruchsvoller, aber auch ein schöner Job, den er auch jungen Kollegen gern weiter empfiehlt. Selbst in Zeiten der Corona-Krise haben er und seine Kollegen allerhand auf dem Wasser zu tun. Denn jeder Einsatz, jede Schiffskontrolle und jede Straftat müssen minutiös und rechtlich verwertbar dokumentiert werden. „Die Arbeit“, so Wolter, „geht uns hier jedenfalls nie aus.“