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Natur Achtbeinige Jäger im Drömling

Natur- und Landschaftsführer machen den Drömling für Besucher erlebbar. Holger Nussbaumer weckt die Neugier auf Spinnen.

Von Anett Roisch 04.08.2020, 01:01

Kämkerhorst/Mannhausen l „Spinnen sind alles Mögliche, nur nicht eklig!“, weiß der zertifizierte Natur- und Landschaftsführer Holger Nussbaumer und stellt den Besuchern des Biosphärenreservates die pfeilschnellen Jägerinnen und geschickten Fallensteller vor. Die achtbeinigen Raubtiere sind aber auch bunte Schönheiten, Textilkünstler und liebevolle Mütter. „Spinnen sind Überlebenskünstler und älter als die Dinosaurier“, sagt Nussbaumer. Keine andere Tiergruppe zeige so vielfältige und faszinierende Verhaltensweisen wie die Spinnen.

„Seid ihr alle bereit für einen 25 Kilometer weiten Marsch? Nicht?“, fragt Nussbaumer. Er beruhigt die verdutzten Teilnehmer der Raubtiersafri und erklärt, dass sie nur wenige Meter gehen müssen, um die unterschiedlichen Jagdstrategien und die spannenden Fähigkeiten der Spinnen zu erleben.

Der Naturführer möchte von seinen Begleitern erfahren, was sie über Spinnen wissen. Alles schreibt er an eine Tafel. „Spinnen können Netze bauen und sich abseilen“, weiß der sechsjährige Jendrik, der mit seinem Vater Christian Paarmann auf der Entdeckertour ist. Jendrik möchte Tierforscher werden.

„Die Spinnenfäden entstehen aus einer Flüssigkeit in den Spinndrüsen der Webspinnen. Jede Spinne besitzt mehrere dieser Drüsen, wobei die genaue Anzahl zwischen den verschiedenen Familien und Arten der Webspinnen variiert“, erklärt Nussbaumer. Er beschreibt die Fäden als ein Wunderwerk der Natur. Weltweit würden Wissenschaftler vergeblich daran arbeiten, den begehrten Faden nachzubauen.

Spinnen haben meistens acht Augen, aber keine Ohren. „Über feine Härchen auf ihren Tastern und Beinen spüren die Spinnen Vibrationen“, erklärt der Führer. Spinnen seien nach seinen Ausführungen nicht gefährlich. Aber sind sie giftig? „Im Prinzip sind fast alle Spinnen giftig. Aber gefährlich sind sie deshalb nicht“, betont der Experte. „Das Gift der Spinnen juckt uns nicht, weil es gewöhnlich nicht durch unsere Haut kommt. Wenn doch und man dann allergisch reagiert, ist es wie ein Wespenstich“, weiß der Spinnenfreund.

Bei einer Vogelspinne könne es sein, wenn sie geärgert wird, dass sie mit ihren Giftklauen zulangt. Das sei schmerzhaft. „Aber Vogelspinnen haben wir bei uns in der Natur nicht“, weiß Nussbaumer.

„Wie oft am Tag seht ihr Spinnen? Wie viele gibt es jetzt gerade in unserer Nähe“, fragt der Tierfreund. Es gäbe Berechnungen, dass auf einem Quadratmeter Waldboden etwa 500 Spinnen zu finden sind.

„Jeder von euch zeigt mir jetzt mal ein Spinnennetz“, motiviert der Naturführer. Ausgerüstet mit Lupen gehen die Entdecker auf Tour. Wie durch Zauberei werden die Spinnennetze sichtbar, indem Nussbaumer die Fäden mit Wasser aus einer Flasche besprüht. Durch die winzigen Tropfen erscheinen die verschiedensten Netze.

„Da ist eine Kreuzspinne“, ruft Jendrik ganz aufgeregt. „Nein, das ist eine Winkelspinne – ein Männchen, das bestimmt gerade Hunger hat“, stellt Nussbaumer richtig. Die Weibchen der Netzbauer fressen oft die Männchen, die viel kleiner sind. Auch die Wespenspinnen haben ihren Liebhaber zum Fressen gern. Sie verspeisen ihn noch während der Paarung. Selbstlos opfert sich das Spinnenmännchen für den Nachwuchs.

„Spinnen stammen aus einer Zeit, in der jeder jeden gefressen hat. Spinnen sind nicht die letzten in der Nahrungskette. Das täuscht. Es gibt zum Beispiel viele kleine Vögel, die Spinnen fressen und ihre Brut mit ihnen füttern“, erzählt der Naturführer.

Die einzige Spinne, vor die in Deutschland gewarnt werden sollte, ist der Ammen-Dornfinger. „Aber diese Spinnen trifft man nur sehr selten. Sie leben in hohen Wiesen. Wir sollten die Finger von ihr lassen, denn wenn Mutter Spinne ihre Kokons bewacht, ist sie auch mal bissig. Die Bisswunde heilt nicht ganz schnell, ist aber nicht gefährlich“, sagt der Spinnenforscher. Trotz vieler Begegnungen sei er noch nie von einer Spinne gebissen worden.