Kirchengemeinde Pastorin aus Flechtingen zieht in Wohnung mit Schlossblick
Rabea M. Reinhold plant ihren Einzug in das Pfarrhaus zum 01. Juni.
Flechtingen. Der bunte Hahn vor dem Pfarrhaus scheint zu krähen: „Kikeriki, kikeriki, die Goldmarie ist wieder hie.“ Nein, es ist nicht die Marie aus Grimms Märchen, sondern Rabea M. Reinhold im pfarramtlichen Dienst des Evangelischen Pfarramtes Flechtingen. Die 49-Jährige wird demnächst in das Haus am See ziehen.
Noch geben sich die Handwerker nicht nur sprichwörtlich die Klinke in die Hand. Im Pfarrhaus wird die Wohnung in der zweiten Etage umfassend saniert. „Ich überlege nächtelang, wo ich welches Möbelstück platzieren werde“, sagt Rabea M. Reinhold, ordinierte Gemeindepädagogin im pfarramtlichen Dienst im Evangelischen Pfarramt Flechtingen, voller Vorfreude auf ihr neues Domizil.
Dieses Haus am See hat seinen Reiz. Es ist nicht nur der schöne Garten, der bis ans Ufer des Sees reicht, auch der Ausblick auf das Schloss und auf die Kirche, lässt das Herz von Rabea Reinhold höher schlagen. Im Dienstzimmer warten bereits Jens Gätke vom Kirchlichen Verwaltungsamt in Magdeburg. Als Sachbearbeiter für die Gebäudeverwaltung und Betriebskostenabrechnung kümmert er sich um die Details in den Mietverträgen. In der Zahlenwelt kennt sich auch Uwe Sell von der A+S Gesellschaft für Heizkostenmessung aus Magdeburg gut aus. Gemeinsam bereiten die Herren eine rechtssichere Betriebskostenrechnung vor. Dabei wird genau definiert, was in der Wohnung dienstlich und was privat abgerechnet wird.
Einzug im Mai 2021
Den Einzug plant die Pfarrerin für den Monat Mai. „Offiziell am 1. Juni“, ergänzt Gätke mit dem Blick auf die Unterlagen. Genau erinnert sich Rabea Reinhold noch an die erste Bauberatung am 24. August des vergangenen Jahres. Die Planung begann bereits im Herbst 2019. „2018 war der vorherige Mieter ins Krankenhaus und später direkt ins betreute Wohnen gekommen“, erzählt Gätke. Die Frage war damals, wenn die Pfarrstelle neu besetzt wird, wird dann auch die Wohnung hergerichtet?
Rabea Reinhold studierte zuvor Gemeindepädagogik in Berlin und sammelte Erfahrungen bei der Arbeit als Kreisreferentin in Stendal. Im Februar 2019 kam sie in den Kirchenkreis Haldensleben-Wolmirstedt. Damals ist sie von Stendal zur Arbeit gependelt, bis sie eine Wohnung in Haldensleben fand. „Seit Februar 2019 war ich praktisch die Vertreterin von Pfarrerin Heinecke. Damals war noch nicht klar, ob ich die Pfarrstelle bekomme“, erzählt die Pädagogin.
Im Oktober 2019 wurde sie feierlich in der Wegenstedter Kirche in die Pfarrstelle eingeführt. „Damit war die Planung, ins Flechtinger Pfarrhaus zu ziehen, in Sicht“, sagt die Pfarrerin. Ihr Wirkungskreis ist groß und reicht von Flechtingen über Böddensell bis nach Lockstedt. „Wenn ich nach Haldensleben über Flechtingen am Pfarrhaus vorbei fahre, denke ich immer, jetzt könnte ich schon zuhause sein“, gesteht sie.
Eine ganz besondere Sanierung
Für Gätke ist die Innensanierung des Pfarrhauses etwas Besonderes. „Ich kenne den alten Zustand der Wohnung vom Vormieter Harald von Niebelschütz. Ich staune, was aus der Wohnung geworden ist“, gesteht der Mitarbeiter des Kreiskirchenamtes. In einem Raum stand damals noch ein alter Kachelofen. In der Etage befand sich früher auch der Hort. In der Diele war zuvor ein Holzgestell, das den Flur sehr dunkel machte. Vor der Treppe war eine Gitterabtrennung, damit die Kinder nicht von der steilen Treppe fallen. Jetzt sind die Wände hell und erscheinen freundlich. „Das was die Küche wird, war vorher die Toilette des Hortes. Es gab eine Wand zwischen Mädchen- und Jungs-Toilette“, weiß Rabea Reinhold. Kleinigkeiten waren es, die immer wieder bei der Sanierung auftauchten und für unschöne Überraschungen sorgten.
„Die Wände waren aus Lehmputz. Es ist nun wieder keine Tapete, sondern Original-Lehmputz mit einer Deckfarbe drauf“, beschreibt die neue Mieterin. Innen habe es keine Auflagen in Sachen Denkmalschutz gegeben. Dort spielte – nach den Ausführungen der Pfarrerin – ökologisches Bauen eine große Rolle. Deshalb seien auch die Fußböden sind aus Naturbaustoffen. Der Dachboden ist gedämmt. „Das Flechtinger Rockwool-Unternehmen spendete der Kirchengemeinde das gesamte Dämm-Material. Innerhalb von einer Woche war das Material da. Dafür sind wir sehr dankbar“, sagt die Pfarrerin. An einer Außenwand befinden sich zwei Wandschränke, die früher sicher als Vorratsschränke genutzt wurden. Es wäre eine Schande, wenn diese Schränke zugemauert werden, sagt die Pfarrerin. Kein Winkel gleicht dem anderen. Das mache die Sanierung kostenintensiver als bei einem Neubau, weiß Gätke. „Wir sind froh, dass wir wieder eine Pfarrerin haben und wir ihr so eine schöne Wohnung bieten können“, sagt Martin Camehl vom Gemeindekirchenrat, der bei den baulichen Absprachen dabei ist.
Haus steht unter Denkmalschutz
Die Fenster wurden denkmalschutzgerecht und mit dem Blick auf das Ensemble Pfarrhaus, Rathaus und Schloss erneuert. Am meisten freut sie sich auf ihr neues Wohnzimmer. „Ich schaue durch das eine Fenster, sehe das Schloss und durch das nächste die Kirche“, schwärmt sie und träumt schon davon, mit der Kaffeetasse in der Hand die Treppe runter in den Garten zu gehen.
Zur Wohnung gehören das Amtszimmer, ein Gemeinderaum und zwei weitere Diensträume. Großen Wert legt die Pfarrerin auf Gemütlichkeit. „Wenn ich Gespräche führe ist es doch nicht schön, wenn ich auf der einen Seite des Schreibtisches sitze und mein Gegenüber auf der anderen Seite“, sagt sie und richtet in Gedanken schon eine Gesprächsecke ein.
Hinter einer Heizung hatte die Pfarrerin ein altes Passfoto von einem schnauzbärtigen jungen Herrn mit langen lockigen Haaren entdeckt. „Das ist Volker Schmidt. Ich habe heraus bekommen, dass er Mitte der 80er Jahre Diakon in Flechtingen war und im Pfarrhaus wohnte. Ich weiß, dass sich noch einige Flechtingerinnen gut an ihn erinnern können“, sagt die Pfarrerin schmunzelnd und pikst das Bild an die Pinnwand im Gemeinschaftsraum, gleich neben der Kleinen Galerie. Sobald es die Regelungen der Corona-Pandemie zulassen, wird es dort wieder Ausstellungen und Veranstaltungen geben. Dann kann der Hahn – neben seiner neuen Hausherrin – wieder Gäste aus nah und fern begrüßen.