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Petition Klick für Klick zum Kindernotdienst

Seit 2016 gibt es im Landkreis Börde keinen Kindernotdienst mehr. Eine junge Mutter aus Haldensleben möchte das ändern.

Von Juliane Just 20.06.2019, 01:01

Haldensleben l Derzeit wälzt sie Zuhause Unterschriftenlisten und pflegt sie mühsam ins Internet ein. Katharina Zacharias, zweifache Mutter, hat es sich seit Anfang Mai zur Aufgabe gemacht, um die Wiedereinführung des Kindernotdienstes in der Börde zu kämpfen (Volksstimme berichtete). Mehr als 4500 Unterstützer hat sie seither gefunden – Tendenz steigend.

Rückblick: Bis April 2016 gab es einen Bereitschaftsdienst für Kinderheilkunde, der für den Altkreis Haldensleben zuständig war. Das bestätigt die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt (KVSA). Dann habe jedoch die Zahl der Kinderärzte nicht mehr ausgereicht, um einen solchen Notdienst zu stemmen. Seither müssen junge Patienten in Not nach Magdeburg, Gardelegen oder sogar Wolfsburg ausweichen – eine zu weite Strecke für einen Notfall, findet Zacharias. „Ich finde es absolut inakzeptabel, dass es in einem Gebiet mit einer Ausdehnung vergleichbar mit der des Saarlandes keinen solchen Bereitschaftsdienst gibt“, sagt sie.

Das Problem: In einem Bereich müssen mindestens fünf Kinderärzte ansässig sein, um einen Bereitschaftsdienst zu ermöglichen. Die Stadt Haldensleben hat momentan vier Kinderärzte und damit einen zu wenig. Die Idee von Zacharias: Man legt alle Kinderärzte der Börde zusammen und stemmt damit einen Kindernotdienst.

Doch die KVSA, die für die Frage der ausreichenden medizinisch-ambulanten Versorgung zuständig ist, sieht einen Kindernotdienst in der Börde nicht als erforderlich. „Zum einen ist der allgemeine kassenärztliche Bereitschaftsdienst in der Lage, Kinder und Jugendliche zu versorgen (...). Zum anderen steht in Magdeburg täglich eine Bereitschaftsdienstpraxis zur Verfügung, in der auch Patienten aus dem Bördekreis fachgerecht behandelt werden“, sagt Janine Krausnick, Pressesprecherin der KVSA.

Um zu zeigen, dass viele Eltern in der Börde den Wunsch nach einem Kindernotdienst hegen, startete Katharina Zacharias Anfang Mai eine Petition. Weil sie Mitglied der SPD ist, überzeugte sie auch die Jusos und den SPD-Kreisverband Börde von ihrem Vorhaben.

Und die junge Mutter hat Erfolg. Unter den 4500 Unterstützern sind nicht nur Börde-Bewohner, sondern auch aus anderen Bundesländern wie Niedersachsen und Sachsen flattern zahlreiche Unterschriften ein. Knapp 1000 Kommentare auf der Website befürworten das engagierte Projekt der 29-Jährigen.

Ziel ist es, insgesamt 20 000 Unterschriften zu sammeln. Diese können per Mausklick, aber auch handschriftlich eingereicht werden. Mittlerweile sind auch viele Politiker im Boot sowie eine Oschersleber Kinderärztin, die sich bereiterklärt hat, für Gespräche und fachliche Fragen zu Verfügung zu stehen.

Sogar Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) hat auf eine Anfrage reagiert und ihre Mitwirkung zugesagt. „Mir ist auch als Mutter bewusst, welch hohen Stellenwert eine angemessene kindermedizinische Versorgung insbesondere in sprechstundenfreien Zeiten hat“, teilte die Ministerin in einem Schreiben an Katharina Zacharias mit. Darin lobt sie auch das Engagement der jungen Mutter.

Nun wurde sogar ein Treffen zwischen der Petentin, der KVSA sowie der Sozialministerin anberaumt, das im August stattfinden soll. Dort will Katharina Zacharias ihre Ideen nochmals vorbringen. „Es geht mir darum, eine einvernehmliche Lösung zu finden“, sagt sie. So gehe es ihr nicht zwingend um einen Nachtdienst an Wochentagen, sondern um einen Wochenenddienst. Grimm-Benne ließ in ihrem Schreiben verlauten, dass dies „mit Blick auf die Zahl der im Landkreis tätigen Kinderärztinnen und -ärzte (...) grundsätzlich möglich“ wäre.

Von den Kinderärzten der Börde hat Katharina Zacharias bisher keine große Zustimmung erhalten. „Man sagte mir, viele Eltern hätten sich an den Luxus von damals gewöhnt“, sagt sie. Doch sie habe einige Eltern gefunden, die von ihren teils erschreckenden Erlebnissen berichten. Rechtlich gesehen gibt es kein Druckmittel für die Petition. „Aber wir können sozialen Druck aufbauen“, sagt die Haldensleberin. Sie sei überwältigt von der bisherigen Anteilnahme und hofft auf weitere Unterstützer für ihre Idee.