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Corona Rentierkälbchen bringt Schausteller Bill Frank in Erxleben neue Hoffnung

Die Geburt von zwei Rentierjungen geben der Schaustellerfamilie Frank wieder Zuversicht. Die fehlenden Einnahmen – bedingt durch die Corona-Pandemie – sind für die Familie eine Katastrophe.

Von Anett Roisch 14.05.2021, 19:00
Bill Frank, Betreiber der Reitbahn, liebt seine skandinavischen Rentiere. Rentierkuh Ingrid hat ein gesundes Kälbchen zur Welt gebracht. Es heißt Luna und weicht seiner Mutter nicht von der Seite.
Bill Frank, Betreiber der Reitbahn, liebt seine skandinavischen Rentiere. Rentierkuh Ingrid hat ein gesundes Kälbchen zur Welt gebracht. Es heißt Luna und weicht seiner Mutter nicht von der Seite. Foto: Anett Roisch

Erxleben - Bereits die zweite Saison ist durch die Corona-Pandemie für die Schaustellerfamilie Frank ein Desaster. Statt über Land zu ziehen und die Menschen mit ihren Tiershows zu begeistern, verbringt die Familie die scheinbar unendlich lange Zeit der Pandemie im Winterquartier auf einem ehemaligen landwirtschaftlichen Hof in Erxleben. Die große Leidenschaft von Bill Frank, dem Betreiber der „Reitbahn Frank“, sind die skandinavischen Rentiere.

Seit über 40 Jahren unterhält die „Reitbahn Frank" Besucher mit ihren Tieren. Die immer wieder neuen harten Lockdowns und die fehlenden Einnahmen bringen die Familie jedoch an den Rand der Verzweiflung. 

Rentierbulle Michel konnte nicht gerettet werden

Zum Unglück kamen im vergangenen Jahr noch hohe Tierarztkosten, denn Rentierbulle Michel musste in der Tierärztlichen Hochschule Hannover behandelt werden. Michel bekam eine Transfusion vom Blut seiner Artgenossen, doch alle Bemühungen zur Rettung waren vergeblich. Der Bulle starb an seiner Krankheit.

Umso größer ist die Freude über die Geburt eines Rentierkälbchens, einer Tochter von Michel. Frank lockt Rentiermutter Ines mit Futter zum Fototermin. Neben ihr läuft das Rentiermädchen Luna. Mit großen Kulleraugen schaut sie neugierig und noch etwas scheu in die Welt. „Dass Bulle Michel am Ende doch noch als Vater den Fortbestand seiner Gene gesichert hat, ist wundervoll“, schwärmt der Chef des Unternehmens.

Die Passanten sehen, dass es den Tieren - trotz der coronabedingten Lage und der finanziellen Schwierigkeiten - bei den Schaustellern gut geht. Wer mit Bill Frank spricht, merkt schnell, dass er ein großes Herz für Tiere hat. Deshalb hatten ihm Spaziergänger im letzten Jahr wohl auch ein kleines Rehkitz, dessen Mutter tot war, gebracht. Frank schaffte es, das Kitz durchzubringen. Das kleine Reh heißt Rehki und fühlt sich sichtlich wohl als Mitglied der Rentierherde.

Nun ist auch noch ein zweites Kälbchen zur Welt gekommen. „Es ist ebenfalls ein Mädchen und heißt Mila. Die Mutter Marie hat mich die letzten Tage sehr auf die Folter gespannt. Ich hatte bei beiden Geburten das Gefühl, den Mädels helfen zu müssen“, beschreibt der Tierliebhaber. Die beiden Geburten zogen sich über mehrere Stunden hin. Die Rentiermütter sind fünf und sechs Jahre alt. Für beide Mütter ist es das erste Kalb. „Mein Tierarzt stand mir am Telefon bei Fragen zur Seite. Alles hat gut geklappt. Dass wir nun gleich zwei neue Herdenmitglieder haben, macht uns – und auch die Menschen, die ich schon darüber informieren konnte – sehr glücklich“, zieht er Bilanz. Das bringe - im wahrsten Sinne des Wortes - frischen Wind mit sich.

Zu bestaunen sind die Rentiere aktuell noch - von der Straße aus - auf der Koppel am Hof. „Wenn die Kleinen nach ein paar Tagen mit ihren kleinen Beinchen etwas fester im Leben stehen, dürfen wir nach Absprache mit der Gemeinde und dem neuen Bürgermeister Steffen Koch wieder auf die Wiese am Teich überwechseln, wofür ich sehr dankbar bin“, sagt Frank.  Auch die anderen Grünflächen stehen - nach Frankes Ausführungen – der „Reitbahn“ für ihre Tiere wieder zur Verfügung. „Das Gras hat man dort extra stehen lassen. Dort ist es auch wieder möglich, unsere Tiere anzuschauen“, erklärt der Rentier-Ziehvater.

Für „Reitbahn“ ist Ende der Krise noch nicht in Sicht

Zur allgemeinen Lage sagt er, dass für sein Unternehmen bislang noch keine konkrete Perspektive hat. Ob und inwieweit es in den nächsten Wochen möglich sein wird, den Menschen den Zoobetrieb uneingeschränkt zugänglich zu machen, werde sich zeigen. Um diese unendlich wirkende Krise zu überstehen, habe er sich von dem einen oder anderen Gegenstand des Betriebes in den letzten Monaten trennen müssen. Wenn Tiershows wieder möglich sind, werde alles etwas kleiner werden. „Aber auftreten werden wir wieder, denn wir haben nicht so lange durchgehalten, um am Ende doch noch einzuknicken“, sagt er kämpferisch und bedankt sich bei allen Menschen, die dem Unternehmen das Durchhalten mit ihren zum Teil bis heute regelmäßigen Zuwendungen überhaupt erst ermöglichen.

Zur Stunde hoffe er, dass mit einem neuen Aufruf die Spendenbereitschaft bei der Bevölkerung im Umkreis noch einmal aktiviert werden kann. „Wir haben sicher noch einige schwere Monate vor uns“, sagt er leise. Gespendet werden darf - nach wie vor - Futter in den verschiedensten Formen, wie zum Beispiel gutes Heu, Pferdekraftfutter, Walzhafer, Maisflocken für die Rentiermütter, Möhren und Hundefutter.

Fixkosten des Betriebes müssen bezahlt werden

Um die Weiterexistenz des Betriebes jedoch zu sichern, sei auch ein gewisser finanzieller Aufwand erforderlich, mit dem die Fixkosten des Hofes, der Fahrzeuge und der Instandhaltung des Betriebsequipments abgedeckt werden müssen. Der Betrieb solle ja im Optimalfall wieder auf die Straße, und dafür müssen die Lkw, Traktoren und Transporter zum TÜV, versteuert und versichert werden und nicht zuletzt auch betankt.

Sehr helfen würden auch Dieselspenden, die zusätzlich auch zum Einholen der Futtermittel gebraucht werden. Da eigene Einnahmen aktuell noch ein Traum seien, hoffe er, dass sich Menschen nochmals ein Herz fassen und etwas zum Weiterbestehen beitragen. Der Chef betont, dass es ihm nicht leicht fällt, um Spenden zu bitten, denn es widerstrebe ihm, andere Menschen dauerhaft mit seinen Problemen zu belästigen.

„Sobald wir wieder auf eigenen Beinen stehen und den Menschen wieder Freude bereiten können, möchten wir unseren Rettern etwas zurückgeben. Wir werden am Ende dieser unglücklichen Situation hier in Erxleben eine Sonderveranstaltung planen, um uns bei den vielen Helfern, Fans und Unterstützern zu bedanken“, blickt er voraus. Aktuell dürfen die Tiere Vorort unter Einhaltung der gegebenen Hygienemaßnahmen kostenlos besucht und bestaunt werden.