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Schulcampus Widerspruch gegen den Widerspruch

Die Zukunft der Förderschulen Wefensleben und Hamersleben bleibt weiter unklar. Weitere Kreistagsmitglieder melden sich zu Wort.

Von Thomas Junk 19.03.2019, 00:01

Haldensleben l Im Kommunalverfassungsgesetz von Sachsen-Anhalt ist nachzulesen, dass der Landrat Beschlüssen des Kreistages widersprechen muss, wenn er sie als rechtswidrig erachtet. Er kann ihnen aber auch widersprechen, wenn er der Meinung ist, der Beschluss sei für den Landkreis nachteilig. Auf letzteren Passus bezog sich Börde-Landrat Martin Stichnoth (CDU), als er dem ablehnenden Beschluss zum Bau eines Förderschulcampus‘ in Klein Oschersleben widersprach. Auf einem Sonderkreistag am 17. April soll nun erneut über die Schaffung eines Förderschulcampus‘ und die Schließung der Schulen in Wefensleben und Hamersleben entschieden werden.

FUWG-Kreistagsmitglied Klaus Mewes zweifelt an der Sinnhaftigkeit dieser Verfahrensweise. „Weder hat der zuständige Kultur- und Sozialausschuss nochmals darüber beraten noch sind den Kreistagsmitgliedern irgendwelche neuen Fakten zur Kenntnis gegeben worden“, so Mewes. Im Gegenteil, die öffentlichen Verlautbarungen würden in seinen Augen eher die Richtigkeit der Entscheidung des Kreistages bestätigen. Demnach spreche vieles für den Erhalt der Förderschulen. „Sollte ein eventueller gemeinsamen Vor-Ort-Termin grundlegende neue Erkenntnisse bringen, könnte es gegebenenfalls zu einer Neubeurteilung kommen“, stellt Mewes fest.

Auch Burkhard Kanngießer von der SPD-Kreistagsfraktion kann die Entscheidung des Landrates nicht nachvollziehen. Der ehemalige Landrat des alten Bördekreises unterstreicht in einem Schreiben an die Volksstimme noch einmal den Standpunkt seiner Fraktion: „Wir waren in unserer Fraktion mehrheitlich davon überzeugt, dass die Campuslösung sicherlich die wirtschaftlichere Variante ist, haben aber auch die Meinung vertreten, dass bei der Schaffung guter Beschulungsbedingungen für geistig behinderte Schüler die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nicht an erster Stelle stehen darf.“

Das Kostenargument will Kanngießer nicht gelten lassen. Seiner Meinung nach würde es genügend Stellschrauben geben, an denen im Haushalt geschraubt werden könnte. Kanngießers Beispiel: „Für mich ist nicht nachvollziehbar, dass die Kreisverwaltung hier auf ihre wahrscheinlich kostengünstigere Variante pocht, wo sie doch zeitgleich die Chance von Kostenersparnis im Bereich des Kreisleihverkehrs, also einer freiwilligen Aufgabe, nicht nutzt.“ Mit den einsparbaren Mitteln hätte man beim gegenwärtigen Zinsniveau gut und gerne Kredite bedienen können, die für Baumaßnahmen an den Standorten Hamersleben und Wefensleben als Mehraufwand notwendig seien, so Kanngießer weiter.

Sein Fraktionskollege Wolfgang Zahn hatte kürzlich in der Volksstimme angeregt, dass die Bürgermeister der von Schulschließungen betroffenen Gemeinden ebenfalls Widerspruch gegen den Widerspruch einlegen sollten. Das würde die Kommunalverfassung allerdings nicht hergeben, so Kanngießer. Er hoffe nun, dass der Kreistag auf seiner außerordentlichen Sitzung im April bei der ablehnenden Haltung bleibe.