Photovoltaikanlage Wegenstedter mischen bei geplanten Solarpark mit
Etwa 123 Hektar groß ist die mögliche Fläche für Solar in der Gemarkung Wegenstedt. Bei einer Informationsveranstaltung haben etwa 60 Befürworter und Gegner der grünen Energie ihre Argumente ausgetauscht. Eine Idee ist es, eine Energie-Genossenschaft zu gründen. Eine Bürgerbefragung soll über das Für und Wider in den betroffenen Orten entscheiden.

Wegenstedt - „Es ist die fünfte Veranstaltung zum Thema Solar. Wir haben in keinem Ort so gut gesessen wie in Wegenstedt - sogar Rückenlehnen haben die Bänke hier“, sagte Hubertus Nitzschke (UWG), Leiter des Arbeitskreises „Bürgerbeteiligung Solar“, um als Moderator der Debatte, die Atmosphäre etwas zu lockern. Unter dem Terrassendach des Bürgerhauses hatten 57 Interessierte Platz genommen.
In der Vergangenheit habe es - nach den Ausführungen von Nitzschke - immer wieder die Kritik gegeben, dass sich die Bürger nicht ausreichend informiert fühlen. Um Details der Vorhaben zu erläutern, wurde der Arbeitskreis gegründet und Flyer mit Informationen erstellt.
Landwirt Martin Behrens wollte wissen, wo die Flächen für Ausgleichsmaßnahmen als Ersatz für die über 100 Hektar große Solarfläche herkommen soll. Carsten Rodbertus, Leiter der Somikon-Projektierung, erklärte, dass zusätzliche Ausgleichsflächen bei Solarvorhaben nicht nötig seien, da Ausgleichsmaßnahmen in der Regel direkt auf den Solarflächen realisiert werden. „Was auch immer gefordert wird, ob dort ein Bodenbrüter unterstützt werden soll, eine Begrünung in den Zaun gebaut wird oder Wasserläufe da mit reingezogen werden sollen - das richtet sich nach den Auflagen. Diese werden in der Baugenehmigung festgelegt“, erklärte Rodbertus. Behrens meinte, dass die Bodenwerte in der Gemarkung Wegenstedt gar nicht so schlecht seien. Nitzschke wies darauf hin, dass das Land die Rahmenbedingungen festlegt, auf welchen Böden Freilandsolaranlagen entstehen könnten.
Die Eigentümer entscheiden
Calvördes Bürgermeister Volkmar Schliephake (CDU) ergänzte: „Es wird niemandem der Boden weg genommen. Letztendlich entscheiden Eigentümer und Bewirtschafter, wo und in welcher Größe diese Anlagen entstehen.“ Ob die Fläche in Wegenstedt wirklich 123 Hektar groß wird, sei – nach den Ausführungen des Bürgermeisters - das Ergebnis von anschließenden Gesprächen mit den Eigentümern und Interessenten.
„Warum nimmt man nicht die Dachflächen für Solar?“, fragte Irmhild Pallas und kritisierte, dass der Wunsch einiger engagierter Wegenstedter, eine Solaranlage im Zuge der Sanierung der Grundschule auf das Dach zu bringen, nicht umgesetzt wurde. Rodbertus begründete, dass diese Flächen auf den Dächern für sein Unternehmen zu klein und unwirtschaftlich seien. Trotz alledem könne jeder Hausbesitzer Solarmodule auf sein Dach bringen.
Auch Thomas Lange erinnerte sich, dass Wegenstedter damals vergeblich versucht hatten, Dächer der Kommune mit Photovoltaik zu bestücken. „Für das Schuldach hatte sich kein Investor gefunden, der die Statik des Daches für Solar als brauchbar bewertete. Wir haben alle möglichen Dächer, ob es das Saaldach in Grauingen oder der Sporthalle in Calvörde ist, angeboten und werden nach Absprache mit Betreibern das eine oder andere Dach in das Projekt stecken können“, sagte der Bürgermeister.
Kunibert Bortfeldt aus Grauingen wollte wissen, wie groß die mögliche Fläche in der Gemarkung Grauingen ist und wo sie liegt. Schliephake erklärte, dass es etwa 15 Hektar sind, die zu einer möglichen Anlage in der Gemeinde Flechtingen gehören. Das Vorhaben gehe entlang der Bahnstrecke.
Die Meinung hat sich geändert
Bernd Langkitsch betonte, dass er als Landwirt die Flächen weiter ordnungsgemäß bewirtschaften werde. „Wir hätten vor vier Jahren grundsätzlich eine negative Meinung zu Solar auf landwirtschaftlicher Nutzfläche gehabt, aber mittlerweile hat sich dies geändert. Wir Landwirte stehen unter enormen Druck. Wir müssen positive Ergebnisse erwirtschaften“, schilderte Langkitsch. Die Trockenheit in den letzten Jahren mache den Bauern zu schaffen. Mit einer Solaranlage könnten - nach Ansicht des Landwirts - die Erträge, die auf den schlechteren Böden nicht erwirtschaftet werden, ausgeglichen und die anderen Flächen subventioniert werden.
„Der Eigentümer kriegt eine verbesserte Pacht. Und der Landwirt, der die Fläche bewirtschaftet, bekommt einen Zuschuss vom künftigen Betreiber“, erklärte Nitzschke.
„Die Energiewende kommt. Wir als Gemeinde stehen in der Pflicht, mögliche Entwicklungen zu bewerten. Fakt ist, dass wir als Gemeinderat für den Haushalt zuständig sind und Einnahmen brauchen“, sagte der Gemeindechef. Als Beispiel nannte er die Grundschule in Wegenstedt. Etwa 240.000 Euro seien im letzten Jahr in Sanierungsmaßnahmen geflossen. „Wir würden noch viel mehr sanieren, aber wir können es nicht bezahlen“, erklärte Schliephake.
Hartmut Sonnenschein, Vorsitzender des Bürger- und Heimatvereins„Die Wegenstedter haben über zehn Jahre lang gekämpft, dass keine Windräder gebaut werden. Jetzt sollen die Flächen auf beiden Seiten der Straße nach Mannhausen, die in den wunderschönen Drömling führt, mit Solaranlagen vollgepflastert werden“, sagte Hartmut Sonnenschein, Mitglied des Gemeinderates und Vorsitzender des Bürger- und Heimatvereins. Er plädierte für einen Kompromiss und betonte: „Wir müssen die Bürger mit ins Boot nehmen.“ Rodbertus erläuterte das gerade erst geänderte Gesetz für erneuerbare Energien, nachdem es einen direkten Zuschuss für die Gemeinde geben soll. Die Kommune könne entscheiden, wofür dieser Zuschuss verwendet werde. Lutz Fauter aus Grauingen fragte, wie es mit dem späteren Rückbau der Anlagen aussieht. Projektentwickler Enrico Wöhlbier erklärte, dass es im Zuge der Baugenehmigung eine Rückbaubürgschaft gibt. „Falls der Betreiber pleite gehen sollte, ist der Rückbau gesichert“, erklärte Wöhlbier.
Über die Gefahr eines Waldbrandes
Lars Flentje, stellvertretender Ortsfeuerwehrleiter, wies darauf hin, dass die geplanten Solarflächen in unmittelbarer Nähe zum Wald liegen und die Gefahr eines Waldbrandes groß sei. „Wenn die Anlage gebaut wird, muss die Gemeinde bei der Ausstattung der Wehr nachrüsten“, appellierte Flentje und verwies auf eine Liste mit Forderungen. Nitzschke erklärte, dass der Betreiber der Anlage mit dem Genehmigungsverfahren Auflagen zum Brandschutz bekommt.
Dr. Helmut Mewes berichtete vom Kampf gegen Windenergieanlagen und von den Erkenntnissen aus dem Prozedere, welches 15 Jahre dauerte. Die Windräder wurden nicht errichtet. „Aber wir sind weiter wachsam, wenn der Betreiber - wie jetzt auch bei den Solarvorhaben - zuerst zu den Verpächtern geht und Vorverträge abschließt“, sagte der Wegenstedter. Trotzdem sei er nicht gegen die Solarenergie.
Als Kompromiss schlug Mewes vor, für Wegenstedt eine Energiegenossenschaft zu gründen. „Wenn Solar für unsere Gemarkung sinnvoll ist - ich kann dies nicht beurteilen - und wir hier mitmachen, dann nur über eine Genossenschaft“, appellierte Mewes.
Gemeinsam mit den Landwirten sollte in der Gemeinschaft entschieden werden, welche Flächen genommen und mit welchem Tempo die Vorhaben realisiert werden. Es gehe - seiner Ansicht nach - nicht allein um die Landwirtschaft, sondern auch das Biosphärenreservat Drömling und der Artenschutz spielen eine bedeutende Rolle. Für seinen Vorschlag erhielt Mewes zustimmenden Beifall.
Schliephake sagte abschließend, dass beim nächsten Arbeitskreistreffen alle Argumente zusammen getragen werden. Im Ergebnis werde mit den Beteiligten der Flächenkorridor neu bearbeitet.
Um ein Abstimmungsergebnis zum Für und Wider zu bekommen, soll es zeitnah eine Bürgerbefragung in den betroffenen Ortsteilen geben. Alle Wahlberechtigten bekommen einen Brief und damit die Möglichkeit, mit einem Ja oder Nein zu entscheiden.