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Gericht Zugeparkte Einfahrt: Wolmirstedter muss 1500 Euro wegen Beleidigung zahlen

Von Jens Kusian 12.04.2021, 13:37

Haldensleben/Wolmirstedt

Ein fast schon alltäglicher Vorfall hat einen Rentner aus Wolmirstedt so sehr aus der Haut fahren lassen, dass er sich nun wegen Beleidigung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr vor dem Amtsgericht in Haldensleben verantworten musste. Unter anderem stand für ihn dabei der Entzug des Führerscheins auf dem Spiel.

Im Juni 2020 wollte der Mann mit seinem Auto auf sein Grundstück fahren. Doch das ging nicht - einmal mehr blockierte in der engen Einbahnstraße ein parkendes Auto seine Zufahrt. Sie war nicht direkt zugeparkt, vielmehr stand das Auto direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite, so dass der Angeklagte nicht rückwärts auf sein Grundstück fahren konnte.

Seitdem Ende Januar im Haus gegenüber neue Bewohner eingezogen waren, sei das ein Dauerzustand geworden, erklärte er vor Gericht. „Ständig sind dort Besucher, die ihre Autos vor meiner Einfahrt abstellen“, empörte er sich. Und aus dem angestauten Ärger darüber sei ihm an jenem Abend einfach die Hutschnur geplatzt, meinte er.

Streit unter Nachbarn

Auf sein Hupen und Klingeln hätte beim Nachbarn niemand reagiert, also sei er auf den Hof gegangen und hätte dort gefragt, wem das Auto gehöre und ob es beiseite gefahren werden könnte. Ein junger Mann kam dieser Bitte nach. Doch auf dem Weg zur Straße pampte der Angeklagte los: „Was sind denn hier für Assis hergezogen? Hier treiben sich nur noch Kanaken rum!“.

„Ich habe den Herrn nicht persönlich angesprochen. Das war mehr so generell an die Allgemeinheit gerichtet“, versuchte der Rentner vor Gericht die verbale Entgleisung zu entschuldigen. Dass die Worte gefallen sind, bestritt er nicht. Doch die Schmähungen nahm der Zeuge persönlich.

Er berichtete, dass, nachdem er sein Auto umgeparkt hätte, der Angeklagte plötzlich mit seinem Auto auf ihn losfuhr. Nur mit einem Sprung auf dessen Motorhaube habe er sich retten können. Dabei wollte sich der junge Mann eine Verstauchung in der Hand zugezogen haben, die er vor Gericht aber nicht nachweisen konnte. Auch in den für den Prozess notwendigen Unterlagen war ein ärztliches Attest darüber nicht aufzufinden.

Wütender Zeuge

Der Angeklagte schilderte diesen Vorfall allerdings anders. Der junge Mann sei vielmehr wutentbrannt auf ihn zugekommen. Er habe den Motor seines Autos lediglich aufheulen lassen, um ihm ein wenig Angst einzujagen, beteuerte der Rentner. „Das Auto stand. Ich hatte keinen Gang eingelegt, und auch die Handbremse war angezogen“, versicherte er. Und plötzlich sei ihm der Mann auf die Motorhaube gesprungen. „Ich bin nicht angefahren. Da will man mir etwas anhängen“, so der Angeklagte.

Während dieser Aktion hatte er die Polizei in Wolmirstedt am Handy gehabt, sein Notruf wurde mitgeschnitten. Doch die entsprechende Aufnahme konnten den Vorgang vor Gericht nur wenig erhellen.

„Ich bin kein schlechter Mensch. Ich engagiere mich sozial und schon gar nicht bin ich rechts. Ganz im Gegenteil“, wehrte sich der Beschuldigte, aufgrund seiner Beleidigungen in die rassistische Ecke gedrängt zu werden. Und doch musste er sich vom Richter diesen Vorwurf gefallen lassen. „Kanake ist ein rassistisches Schimpfwort. Das hat man nicht zu benutzen“, las Heimo Petersen dem Angeklagten die Leviten.

Für den Staatsanwalt stand fest, dass der Angeklagte den Zeugen beleidigt hatte. Nicht festgestellt werden konnte jedoch, dass er auf den jungen Mann zugefahren sei mit der Absicht, ihn zu verletzten. Das wäre eine Straftat gewesen, die mit einer Freiheitsstrafe hätte geahndet werden können. Darüber hinaus wäre zu prüfen gewesen, ob der Angeklagte noch in der Lage sei, weiterhin ein Kraftfahrzeug zu führen. Der Verlust des Führerscheins hätte die Folge sein können. Das wiederum wäre für den Angeklagten nur sehr zu verschmerzen gewesen, da er auf seinen Führerschein angewiesen ist, um eine Angehörige regelmäßig im Pflegeheim zu besuchen.

Lehre für den Angeklagten

Dem Strafmaß des Staatsanwalts, der 60 Tagessätze zu je 25 Euro forderte, schloss sich auch der Verteidiger an. Der Angeklagte selbst entschuldigte sich noch einmal für sein Verhalten. „Das wird mir eine Lehre sein“, erkannte er für sich.

Auch der Strafrichter hielt an der geforderten Strafe der Staatsanwaltschaft fest und verurteilt den Rentner wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe. Außerdem wurden ihm die Kosten des Verfahrens anteilig auferlegt.