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1500 Unterschriften Große Solidarität mit Mitarbeitern

Die Mitarbeiter des Havelberger Krankenhauses erfahren große Solidarität.Untereinander und aus der Bevölkerung und der Politik.

Von Andrea Schröder 14.01.2020, 19:17

Havelberg l Im Büro des Betriebsrates des KMG Klinikums Havelberg herrscht dieser Tage ein ständiges Kommen und Gehen. Mitarbeiter sprechen mit den Betriebsratsmitgliedern, bringen Ideen ein, was sie unternehmen können, um das Krankenhaus möglichst zu retten. Und natürlich fragen sich alle, wo sie künftig arbeiten. Das alles erfolgt neben dem normalen Krankenhausbetrieb. Denn diesen halten die Schwestern und Pfleger gemeinsam mit den Ärzten am Laufen. Noch ist das Krankenhaus in Betrieb. Ein genauer Termin, wann es geschlossen werden soll, ist noch immer nicht bekannt.

Der Betriebsrat hat gleich am Wochenende eine Stellungnahme verfasst. Wenn die Mitarbeiter auch nicht von der Geschäftsführung der KMG Kliniken über die Schließungsabsichten informiert worden sind, so war am Wochenende zumindest im Internet zu lesen, was KMG dazu bewegt, künftig keine stationäre medizinische Versorgung mehr in Havelberg anzubieten. Darauf hat Vorsitzende Sandra Braun mit den vier weiteren Betriebsratsmitgliedern reagiert und diese Stellungnahme an die KMG Geschäftsführung sowie unter anderem an die Sozialministerin, an Verdi und verschiedene Politiker geschickt. Sie schlüsseln Entwicklungen auf, kritisieren etwa den Weggang guter Fachärzte und Pflegekräfte, mangelnde Investitionen und geringere Bezahlung als in anderen KMG-Häusern und fordern die Geschäftsführung auf, „das Krankenhaus weiter für die Bevölkerung zur Verfügung zu stellen“. Von der Geschäftsführung wurde dieser Brief als Kriegserklärung angesehen.

„Wir stehen mit der Belegschaft im Kontakt und erleben eine große Solidarität untereinander. Auch mit Verdi, bei der gut die Hälfte der 50 Mitarbeiter gewerkschaftlich organisiert ist, und mit dem Anwalt des Betriebsrates laufen Gespräche“, berichtet Sandra Braun.

Von 2016 noch rund 100 Mitarbeitern hat die Hälfte in den vergangenen Jahren das Havelberger Klinikum in Richtung Wittstock und Kyritz verlassen. Aus Sicht der Mitarbeiter war System dahinter, das Krankenhaus langsam aussterben zu lassen.

Sorgen bereitet dem Betriebsrat nicht nur die Zukunft der Mitarbeiter – auch wenn Pflegekräfte überall händeringend gesucht werden und das Angebot besteht, im Seniorenheim tätig sein zu können. „Wir haben sechs Auszubildende. Für zwei stehen im Sommer die Abschlussprüfungen an. Für die drei im ersten Lehrjahr bekommen wir die Zwischenprüfungen hier im Haus hoffentlich noch hin“, sagt Sandra Braun, die Praxisleiterin für die Ausbildung in Havelberg ist.

„Es tut weh, wenn sich immer mehr Mitarbeiter verabschieden. Nachdem wir von der Schließung erfuhren, habe ich viel darüber nachgedacht, was wir als Krankenhaus mal waren und wie es stets ein Stückchen weniger wurde. Das bewegt einen sehr. Wir haben immer zum Krankenhaus gestanden“, sagt Betrtiebsratsmitglied Kerstin Nicke. 1989 hatte sie ihre Ausbildung zur Krankenschwester in Havelberg begonnen. Die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Anke Görtz ist seit 25 Jahren im Haus tätig. Sandra Braun hatte dort 1982 ihre Ausbildung begonnen.

Die Solidarität ist auch in der Bevölkerung groß. Die Unterschriftenlisten füllen sich. „Klar muss das Krankenhaus hier bleiben. Vor allem für die vielen älteren Menschen hier ist das wichtig, die ansonsten ein Problem haben, wenn sie schnell ärztliche Hilfe benötigen. Die Wege in die nächsten Krankenhäuser sind einfach zu weit“, sagt zum Beispiel Soldat Christian Klopp, der am Montag mit seinen Kameraden am Stand bei Edeka unterschrieb.

Allein am Dienstag sind über 900 Unterschriften an zwei Standorten zusammengekommen, berichtet Holger Hoffmann, der seit Montag mit Mitarbeitern unterwegs ist. Listen sind etwa in Tankstellen, Geschäften, Arztpraxen und in umliegenden Dörfern verteilt.

„Insgesamt müssten es jetzt schon weit über 1500 Unterschriften sein. Die Teilnahme und Solidarität der Bürger ist unglaublich hoch!“