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  7. 28 Garagenbesitzer in Havelberg verlieren Ende des Jahres ihr Eigentum

Rechtlich ist alles unanfechtbar; die Betroffenen selbst sind verständlicherweise sehr verärgert 28 Garagenbesitzer in Havelberg verlieren Ende des Jahres ihr Eigentum

Von Dieter Haase 13.11.2013, 02:14

Kündigungsschreiben der Havelberger Wohnbau GmbH über Pachtverträge haben in Havelberg und im Ortsteil Müggenbusch für Aufregung bei den davon Betroffenen gesorgt.

Havelberg l "Vor allem sind es ältere Bewohner, die solche Schreiben erhalten haben", ärgert sich Karl Hößlinger aus der Karl-Liebknecht-Straße. Auch ihm war ein solches ins Haus geflattert. Darin heißt es wörtlich:

"Kündigung des Pachtvertrages über eine mit einer Garage bebaute Teilfläche... Mit Pachtvertrag vom 1. Januar 2001 wurde Ihnen das vorgenannte Grundstück zum Halten einer Garage überlassen.

Hiermit wird Ihnen ... der Pachtvertrag zum 31. 12. 2013 gekündigt. Sofern wir nicht bereits Eigentümer der Garage sein sollten, geht jedenfalls mit Beendigung des Pachtvertrages das Eigentum der Garage an die Havelberger Wohnbau GmbH über.

Eine Entschädigung erfolgt nicht, da die so genannte Investitionsschutzfrist - sofern diese überhaupt Anwendung finden sollte - mit Ablauf des 31.12.2006 abgelaufen ist und die Kündigung erst nach diesem Datum wirksam wird.

Auf Beseitigung verzichtet die Havelberger Wohnbau GmbH.

Zwecks Vereinbarung eines Übergabetermins wird um rechtzeitige Absprache gebeten."

Garagen wurden zu DDR-Zeiten gebaut

"Ich werde daraus nicht schlau, auch wird aus meiner Sicht kein triftiger Grund für die Kündigung des Pachtvertrages genannt. Die betroffenen Rentner sehen in dieser Praxis so etwas wie eine Enteignung", so Karl Hößlinger. "Die privaten Garagen, um die es geht, sind zu DDR-Zeiten auf dem Grund und Boden der Stadt Havelberg errichtet worden."

Die Volksstimme wollte es genau wissen und fragte beim Geschäftsführer der Havelberger Wohnbau GmbH, Gerd Schulz, nach.

"Insgesamt haben wir 28 solche Kündigungsschreiben für Pachtverträge von Grund und Boden herausgeschickt, und zwar in den Bereichen Am Sportplatz, Karl-Liebknecht-Straße, Lindenstraße, Semmelweisstraße und Müggenbusch 10 bis 13", informiert er. Die rechtliche Grundlage dafür geben das Schuldrechtsänderungsgesetz und das Schuldrechtsanpassungsgesetz. Dabei handelt es sich um Gesetze, die nach der deutschen Wiedervereinigung notwendig wurden, um in der DDR zustande gekommene Rechtsverhältnisse der gemeinsamen deutschen Rechtsordnung anzupassen beziehungsweise eine adäquate Überleitung zu schaffen. Sie regeln Rechtsverhältnisse mit Bezug auf die Nutzung von Grundstücken und der darauf errichteten Bauten im Beitrittsgebiet.

Schutzfrist ist lange abgelaufen

"Unter anderem ist darin eine Investitionsschutzfrist für die Nutzer festgelegt, die in der Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2006 bestand", erklärt Gerd Schulz. Seit dem 1. Januar 2007 - zu diesem Zeitpunkt hatte die Wohnbau GmbH allerdings so gut wie keinen Bedarf an Garagen für ihre Mieter - ist diese sogenannte Investitionsschutzfrist ausgelaufen und eine Entschädigung nicht mehr vorgesehen. Vielfach wird dies als eine Enteignung empfunden. Der Gesetzgeber habe sich jedoch davon leiten lassen, dass die Garagen, die überwiegend lange vor der deutschen Wiedervereinigung entstanden sind, im Jahr 2007 wirtschaftlich wohl so abgeschrieben beziehungsweise abgenutzt sind, dass sie keinem besonderen Schutzbedürfnis mehr unterliegen.

Im Klartext heißt das, dass bei Kündigung des Pachtvertrages durch den Grundstückseigentümer - hier die Wohnbau GmbH - auch die privat gebaute Garage darauf entschädigungslos an den Grundstückseigentümer übergeht. "Damit wird eine Einheit von Gebäude und Grund und Boden hergestellt", sagt der Geschäftsführer.

Aufklärende Gespräche geführt

"Derzeit allerdings ist der Bedarf unserer Mieter nach Garagen enorm gestiegen und wir wollen ihnen natürlich auch Garagenmietverträge anbieten können", so Gerd Schulz.

Den Ärger der von den Kündigungen betroffenen Garageneigentümer könne er natürlich ebenfalls gut verstehen. Mit mehreren von ihnen habe er bereits aufklärende Gespräche geführt. Denn Gesetz ist nun mal Gesetz.