Pionierkompanie hat ihren sechsmonatigen Dienst im ISAF-Einsatzverband in Afghanistan fast geschafft Auslandseinsatz: Havelberger Soldaten sorgen in Kunduz für mehr Sicherheit
Die Soldaten der zweiten Kompanie des Panzerpionierbataillons 803 Havelberg haben ihren sechsmonatigen Einsatz in Kunduz/Afghanistan fast geschafft. Die Volksstimme informierte sich beim Besuch im Feldlager über die Aufgaben der Pioniere.
Kunduz/Havelberg l Der Einsatzverband PATF steht im Feldlager in Kunduz unter der Leitung von Kommandeur Oberst Johannes Derichs. Dazu gehört die Havelberger Pionierkompanie, die sich seit Juli vergangenen Jahres mit ihren Kräften als leistungsstarke Truppe eingebracht hat. Aufgabe des PATF ist die Beratung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte: die afghanische Polizei ANP und die afghanische Armee ANA. Deren Schwerpunkt liegt in der Bekämpfung der Aufständischen, erklärt der Kommandeur.
Die deutschen Soldaten fahren regelmäßig auf Patrouillen, besuchen die verschiedenen COP genannten Außenposten und sind im Distrikthauptquartier mit für die Sicherheit zuständig. Bei den Aufklärungsgesprächen werden die Deutschen von Sprachmittlern unterstützt.
Kran, Bagger, Walze - schweres Gerät der Pioniere ist oft gefragt.
Der Kampf gegen den Waffenschmuggel und Schlichtungsgespräche zählen außerdem zu den Aufgaben der afghanischen Kräfte. "Für sie ist es wichtig zu wissen, dass sie uns im Rücken haben. Das stärkt ihr Selbstwertgefühl", sagte Johannes Derichs. Dabei werden die afghanischen Kräfte auf Augenhöhe behandelt, "egal, wie wild sie manchmal sind, es ist eine Wertschätzung, die sie verdienen".
Der Einsatzverband ist für den Raum Kunduz verantwortlich. Der Kommandeur ist Berater des afghanischen Brigadegenerals, der für mehrere tausend Soldaten verantwortlich ist. Die Beratertätigkeit umfasst eine ganze Palette an Aufgaben in den verschiedenen Bereichen. Umgang mit Führungskräften und Soldaten gehört ebenso dazu wie die Organisation eines Tages, des technischen Dienstes oder der Ausbildung der Soldaten und reicht bis zur Klärung der Frage, wo zum Beispiel ein Munitionslager eingerichtet werden soll. Die Fahrzeugpflege ist ein weiteres Thema. Die Afghanen haben viele Fahrzeuge von den Amerikanern erhalten. Dass diese instand und gepflegt werden müssen, muss oftmals erst klar gemacht werden.
"Es ist viel Kleinarbeit und Geduld erforderlich", weiß Senior Mentor Derichs. Und manchmal müsse man auch mit höflichem Druck arbeiten. Ein guter Weg etwas durchzusetzen sei, seinem Gegenüber die Idee so darzustellen, als wäre sie ihm selbst eingefallen.
Die Havelberger Soldaten stellen die Pionierkompanie im PATF. Zudem sind Soldaten auch im sogenannten Advisory Team AT 4 als permanente Berater der afghanischen Armee tätig gewesen (darüber demnächst mehr).
Die Pionierkompanie unter Leitung von Hauptmann Matthias hat sehr vielfältige Aufgaben. Manchmal geht es aber auch nur einfach darum, eine Straße wieder befahrbar zu machen. So wie im Dezember, als bei einer Patrouillenfahrt unter zwei schweren Fahrzeugen die Straße weggebrochen ist, berichtet der Oberst. Ein Radpanzer Dingo und ein Transportpanzer Fuchs rutschten in einen Bewässerungsgraben und konnten sich nicht mehr selbst befreien. Da es sehr schnell dunkel wurde und die Truppe schneller angreifbar gewesen wäre, stellten die Soldaten die Arbeiten ein. Sie sicherten den Bereich mit eigenen Kräften und lokaler Polizei.
Am nächsten Tag war die Pionierkompanie gefragt. Zunächst wurde der Damm abgetragen, um die Fahrzeuge zu stabilisieren, erklärt der Kompaniechef. Als die Autos gesichert waren, wurde der Damm wieder aufgebaut.
Zur Raumverantwortung gehören auch Patrouillenfahrten.
Mit 102 Soldaten ist die Kompanie im Sommer in Kunduz angekommen. Mit ihren Qualitäten hat sie sich schnell einen guten Namen gemacht. Erkundung von Boden, Straßen, Brücken und Gewässern sowie Übergängen etwa über Geländeeinschnitte, Bau von Feldbefestigungen und die Kampfmittelaufklärung und -räumung zählen zu den Aufgaben. Ein Teil der Soldaten ist für 10 bis 16 Tage zum Beispiel im Polizeihauptquartier Chahar-Dara zwölf Kilometer nordwestlich vom Feldlager Kunduz tätig. Deutsche Soldaten unterstützen in dem Außenposten afghanische Kräfte bei der Sicherung der Region, ähnlich ist es am sogenannten OP North, 80 Kilometer südlich von Kunduz gelegen. Mittlerweile ist das Hauptquartier ganz gut ausgebaut. "Man hält es aus", sagt Hauptmann Matthias.
Für den weiteren Schutz des Lagers hatten die Pioniere dort aus sogenannten Hescos Wälle errichtet. Das sind mit Schotter gefüllte Drahtkörbe.
Auf Patrouillenfahrten werden auch COPs angefahren, die mittlerweile ausschließlich von afghanischen Kräften besetzt werden und der Sicherheit in den lokalen Dorfstrukturen dienen. Zur Raumverantwortung gehört auch die Kontrolle von Culvert genannten kleinen Brücken sowie Hauptstraßen. Und immer gilt die Aufmerksamkeit möglichen IEDs, den selbstgebauten Sprengfallen.
Die Pioniere unterstützen auch internationale Kräfte bei ihrer Arbeit in Afghanistan. So begleiteten sie zum Beispiel norwegische Soldaten in einem großen Konvoi zum Materialabtransport in den Westen des Landes, wo ein Wiederaufbauteam aufgelöst wurde.
Ob für kurzfristige oder geplante Einsätze - das Pioniergerät wie Kran, Schwenklader, Bagger und Walzen ist gefragt. Das sind zum Teil ungeschützte Fahrzeuge. "Die Gefährdung für uns selbst ist natürlich jedem Soldaten bekannt. Aber der Auftrag steht im Vordergrund und jeder will sein Können beweisen. Dabei lassen alle große Vorsicht walten. Die Gefahr, die wir ausschließen können, schließen wir auch immer aus", sagt Matthias.
Das war auch beim Rückbau einer Furt der Fall, die zehn Kilometer nordwestlich vom Feldlager Kunduz letztendlich vorgenommen wurde. Mehrfach war dort versucht worden, den Flussübergang durch Aufschüttungen zu erneuern, wenn Hochwasser ihn zerstört hatte. Der Fluss suchte sich jedoch neue Wege. Die erste Idee, eine komplette Instandsetzung, musste aufgrund der Kosten von rund 150000 Euro verworfen werden, das Projekt wurde nicht genehmigt. Deshalb fiel die Entscheidung zur Renaturierung. In vier Tagen bauten die Pioniere den Damm zurück und befestigten die Böschung. Infanteriekräfte sicherten die Soldaten.
Neben zum Beispiel auch Versorgungsfahrten zu den Außenposten für Nahrungsmittel- und Spritnachschub sind zudem im Feldlager in Kunduz Pionieraufgaben zu erledigen. Langeweile kennen die Soldaten nicht. Das ist auch gut so, wie viele bestätigen. Denn so vergeht die Zeit schneller, bis sie wieder nach Hause zu ihren Familien und Freunden zurückkehren können. Die Tage werden schon gezählt - bis Ende Januar sind alle wieder in Deutschland.