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Ausstellung Abstrakte Kunst in Blauer Moschée

Zum ersten Mal ist in der Blauen Moschée in Kuhlhausen eine Ausstellung zu sehen.

Von Dieter Haase 16.09.2019, 01:01

Kuhlhausen l Kunst ist ein großer, alles Mögliche umspannender Begriff. „Ich kann selbst nicht erklären, was meine  Wandbilder beziehungsweise Collagen zeigen“, sagt Segej Gladkich am Sonnabendabend zur Eröffnung seiner Ausstellung in der Blauen Moschée in Kuhlhausen. Der im Jahr 1952 geborene und in Rostow am Don aufgewachsene Freiberufler Sergej Gladkich ist kein Unbekannter in Kuhlhausen. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Welcome Center“ des Endegelände e. V. hat er hier bereits einen Leseabend, zusammen mit einer kleinen Vorschau seiner Kunstwerke, gestaltet. Und eine Ausstellung in der Blauen Moschée angekündigt.

„Das ist heute eine Premiere für uns“, freute sich Thomas Harzem vom Endegelände e. V. „Es ist die erste offizielle Ausstellung in der Blauen Moschée und dazu noch eine, die sich jeder zwei Wochen lang 24 Stunden täglich, also am Tag und in der Nacht, anschauen kann. Denn wir lassen hier alle Tore offen, setzen volles Vertrauen in die Kunstfreunde, die sich die Ausstellung, zu welcher Zeit auch immer, anschauen möchten.“ Es ist ein Experiment, ein Test, um zu sehen, ob so etwas auch gut funktionieren kann. Zwei Wochen, das heißt, dass Plastiken, Wandbilder und Collagen von Sergej Gladkich, der seit 1976 in Ostberlin lebt, bis einschließlich 28. September in der Blauen Moschée ausgestellt bleiben.

Zur Vernissage, zu der unter anderem nie auf CD veröffentlichte Avangardekompositionen aus dem 20. Jahrhundert als begleitende Hintergrundmusik von Thomas Harzem abgespielt wurden, hatten sich etwa zwei Dutzend Kunstinteressierte in der Kuhl­hausener „Kulturscheune“ des Vereins Endegelände eingefunden. Aus Kuhlhausen, Garz, Havelberg, aber auch von weiter her.

Sergej Gladkich war dabei verständlicherweise ein gefragter Gesprächspartner. Denn seine Arbeiten haben allesamt keinen Titel. „Ein Titel, das wäre Manipulation für den Betrachter“, gibt er zu verstehen. „Ich kann schließlich keinem erklären, was meine Bilder zeigen. Ich weiß es selbst nicht. In einem Bild habe ich zum Beispiel gleich vier alte Pullover von mir eingearbeitet. Für mich zeigt es deshalb Teile meines Lebens, nämlich all jene, in denen ich die Pullover getragen habe. In dem Bild leben diese Kleidungsstücke in meinen Gedanken an mir weiter.“ Eine andere Arbeit ist hauptsächlich aus Fundstücken entstanden. „Aus gut 150 Jahre alten Blechen, die in ihrem ,Leben‘ viel gesehen haben.“ Auffallend ist ihre Farbschattierung. „Die kriegt man so mit keinem Pinsel hin.“

Sergej Gladkich möchte mit seinen Werken die Betrachter zum Nachdenken inspirieren. „Ich lasse den Betrachtern die volle Freiheit, etwas für sich zu entdecken, ganz gleich, ob es von mir so gemeint war. Diese ,objets trouvés‘ sind gleichermaßen ein Angebot, etwas zu finden, etwas, selbst ganz Banales, in einer anderen Konstellation zu sehen, wobei für mich bei Kompositionen hauptsächlich meine ästhetischen Vorstellungen entscheidend sind.

Es ist somit die vollkommen freie Entscheidung des Betrachters – es ist komplett seiner Fantasie überlassen –, was er auf den Bildern erkennt oder auch nicht.“ Am Sonnabendabend schauen fast alle Besucher ziemlich gedankenversunken auf die Werke, die keiner so richtig erklären kann.

Der Berliner Künstler ist ein großer Sammler, vor allem von Weggeworfenem, das keiner mehr braucht. „Farben als Malmedium wurden mir eines Tages suspekt, weil sie keinen eigenen Willen haben und mit sich widerspruchslos alles machen lassen, Materialien hingegen haben ihren Charakter, ihr Vorleben, zumal ich nur Ge- und Verbrauchtes verwende, etwas also, das schon so manches erlebt hat, auch Leder, denn es gehörte einst zu einem Tier. Trotz der abstrakten Kompositionen sind es durchaus konkrete Arbeiten, denn das Material ist konkret und anfassbar“, beschreibt er seine Leidenschaft.