Am Montag vor 100 Jahren fand auf dem damaligen "Lehmberg" in Havelberg die feierliche Einweihung statt Burggrafenstein: Prinz enthüllt das Denkmal
Am 17. Dezember 2012 jährt sich zum 100. Male der Jahrestag der Einwei-hung des "Havelberger Burggrafensteins", der als Erinnerung an den Einzug der "Hohenzollern" in die Mark Brandenburg errichtet worden ist.
Havelberg l Es waren bereits 500 Jahre vergangen, als man sich in der Mark Brandenburg und somit auch in Havelberg daran erinnerte, dass am 17. Dezember des Jahres 1412 der neue Herrscher, der Burggraf "Friedrich VI. von Nürnberg" aus dem Hause "Hohenzollern", die Stadt Havelberg aufsuchte, um seine neue Besitzung, mit der er schon im Jahre 1411 durch König Sigismund als Oberster Hauptmann und Verwalter der Mark Brandenburg belehnt worden war, nunmehr tatsächlich in Besitz zu nehmen.
Bei seiner Rundreise zur Entgegennahme der damals üblichen Huldigung sparte sich der Burggraf gerade die Stadt Havelberg als Abschluss seiner Reise auf, da Havelberg ihm zuerst die Ergebenheit gezeigt hatte. Deshalb wollte er hier auch persönlich die Huldigung der gesamten Bürgerschaft entgegennehmen. Die durch den König bevorzugten "Hohenzollern" hatten es anfangs nicht leicht im Brandenburger Land. Sie kamen als Fremde hierher und waren dort, wo es seit beinahe einem Jahrhundert keine starke kontinuierliche Landesherrschaft mehr gab, nicht wohlgelitten und mussten ihren Herrschaftsanspruch mit Waffengewalt durchsetzen. Noch Jahrhunderte später wies Bismarck, der selbst einem hiesigen Adelsgeschlecht entstammte, in einer Rede als Reichskanzler selbstbewusst darauf hin, dass die "Hohenzollern", denen er ja als Kanzler unterstand, doch nur "Zugewanderte" aus Schwaben seien (was hat da wohl der Kaiser gedacht?). So dauerte es auch noch gut ein Jahrhundert, bis die neuen Herrscher den rebellischen Adel der Mark Brandenburg zur Raison gebracht hatten. Dazu gehörten hauptsächlich die bekannten märkischen Adelsgeschlechter von Quitzow, von Rochow, von Stechow, von Wuthenow, von Putlitz und andere. Die neuen Markgrafen von Brandenburg waren auch gleichzeitig noch Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Sie gehörten zu den mäch-tigsten Fürstengeschlechtern und schafften es mit der Errichtung des Königreichs Preußen - ab dem 18. Januar 1701 - zu einem der stärksten Mächte des europäischen Kontinents zu werden. Ein Höhepunkt in der Geschichte der Hohenzollerndynastie und gleichzeitig auch die letzte Epoche brach am 18. Januar 1871 an, als noch während des Deutsch-Französischen Krieges der Preußische König Wilhelm I. im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles zum "Deutschen Kaiser" ausgerufen wurde. Die Machtausübung der "Hohenzollern" endete erst im Jahre 1918 mit dem Ende des Ersten Weltkrieges und einer damit einhergehenden Abdankung des regierenden Kaisers Wilhelm II.
Errichtung eines Gedenksteins in Havelberg
Für Havelberg war im Jahre 1912 die Welt noch in Ord-nung. Niemand ahnte damals, dass durch den sich anbahnenden Ersten Weltkrieg die europäische und hier besonders die deutsche Geschichte sich so dramatisch verändern wird, dass es in Deutschland sogar zu einer Auflösung der Monarchie kommt. Vorerst aber überlegte man im Havelberg des Jahres 1912, wie man nach 500 Jahren Regierungszeit der Hohenzollern seinem Herrscherhaus ein würdiges Denkmal setzen kann. Die Idee war dann, dass man in geeigneter Weise den urkundlich nachweisbaren Einzug des ersten Hohenzollern in den Mauern Havelbergs auf einem Denkmal darstellen wollte. Nach mehreren Vorschlägen wurde der Beschluss gefasst, einen Gedenkstein zu errichten. Der Standort sollte in der Mitte zwischen Dom und St. Annen-Kapelle sein und den Namen "Burggrafenstein" tragen. Der Standort war ein hervorragend schöner Platz, wie ihn wohl kaum eine andere Stadt aufzuweisen hat. Eine besondere Kommission wurde aus der Mitte des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung gewählt und mit der Ausführung beauftragt. Ein glücklicher Zufall wollte es, dass am 11. September 1912, bei der baulichen Vergrößerung des Wasserwerkes an die Fleete, ein riesiger Stein gefunden wurde, welcher dem Zwecke entsprach. Mit gewohnter Energie und Tatkraft ging der Dezernent des Wasserwerkes, Ratsherr Franz Block, an die Arbeit, den Stein, welcher 70 Zentimeter tief in der Erde lag, zu heben. Es handelte sich immerhin um ein geschätztes Gewicht von 7500 Kilogramm. Die technische Ausführung des Heraushebens wurde dem Schiffsbaumeister Karl Stutzer, Mitinhaber der damals größten hiesigen Schiffswerft, übertragen. Dank der Umsicht und der Sachkenntnis dieses Schiffbaumeisters und seiner Werftarbeiter wurde der Stein in wenigen Tagen gehoben und auf eisernen Wagen mit hoher Tragfähigkeit gesetzt. Die schwierige Beförderung an Ort und Stelle übernahm der Inhaber der Speditionsfirma C.F. Deter Nachf., der Stadtverordnete Karl Welt. Unter dessen bewährter Leitung wurde die schwere Last mit einem Vorspann von zehn Pferden den Nußberg-Hohlweg hinauf nach dem jetzigen Standort gebracht. Der jugendliche Johannes Bahn, Studierender des höheren Baufachs und der Architektur, einer alten hiesigen Familie entstammend, fertigte bereitwilligst die Pläne für die Aufstellung und für die Ausgestaltung der Umgebung des Denkmals an, welche die Zustimmung der Kommission und des zu Rate gezogenen Sachverständigen der Königlichen Regierung, Regierungsrat Blunck, fanden und nach kleinen, von Blunck vorgenommenen Veränderungen, zur Anwendung kamen.
Grundsteinlegung auf dem "Lehmberg"
Schon am Nachmittag des 14. Oktober 1912 fand um 16 Uhr die feierliche Grundsteinlegung des "Burggrafensteins", auf dem damals so bezeichneten "Lehmberg" statt. Der Bürgermeister Kürten hielt eine markige Rede, in der er die Verbundenheit Havelbergs mit dem Herrscherhaus hervorhob. Anschließend wurden Urkunden, Zeitungen, Broschüren und Stadtansichten in eine Bleihülle gelegt, diese zugeschmolzen und in den Streifenfundamenten vermauert. Darauf tat der Bürgermeister die ersten drei Hammerschläge, dem die Staats-, Stadt- und geistlichen Behörden, Ratsherren und Stadtverordneten mit manchem guten und schönen Spruch folgten. Mit den Worten "Weisheit: leite unsern Bau, Stärke: führe ihn aus, Schönheit: ziere ihn" und einem "Hoch" auf den Kaiser endete die feierliche Grundsteinlegung.
Errichtung, Enthüllung und Festhandlung
Die an der Hauptseite des Steins anzubringende Bronze-Plakette sollte mittig ein Reliefbild des Burggrafen Friedrich VI., rechts einen Ritter sowie links einen Bürger darstellen. Als krönenden Abschluss wollte man obenauf den Reichsapfel als Zeichen der Macht gesetzt haben. Beauftragt wurde damit der Berliner Bildhauer Prof. Engelhardt, der die Plakette nach diesen Vorgaben modellierte und auch anbrachte. Zur Denkmalsenthüllung wurde vom Kaiser sein zweiter Sohn, Prinz Eitel, nach Havelberg geschickt. Dieser traf hier am 17. Dezember 1912 um 11 Uhr ein. Von der Sandauer Brücke beginnend, gab es eine Spalierbildung aller Institutionen, Gilden, Vereine usw. Ganz Havelberg war auf den Beinen. Es ging zuerst zum Rathaus, wo im Sitzungssaal die Begrüßung stattfand. Danach ging Prinz Eitel mit Gefolge und Gästen über die Laufbrücke die Domtreppe hinauf zum Dom. Hier fand ein kurzer Festgottesdienst statt und der Prinz nutzte die Gelegenheit, um sich den Dom anzusehen. Vom Dom begab sich der Prinz zu Fuß über den Kaiser-Otto-Platz zur Enthüllung des Burggrafensteins. Die Enthüllung fand in äußerst feierlicher Form, unter Mitwirkung von zwei Männerchören und vielen Vereinen, statt. Der Bürgermeister Kürten hielt die Ansprache zur Enthüllung und bat am Ende der Rede den Prinzen, ein Zeichen zum Fallen der Hülle zu geben. Der Prinz inspizierte nach der Enthüllung den Stein von allen Seiten und sprach ein großes Lob für das gelungene Werk aus. Danach gab es noch einen Vorbeimarsch der Vereine und Schulen. Der Prinz begab sich dann wieder zu Fuß zum Paradiessaal im Dom, wo eine kleine Stärkung eingenommen wurde. Bei dieser Gelegenheit ergriff er das Wort und bedankte sich für die Einladung und ging dabei auf das gute Verhältnis Havelbergs mit dem Herrscherhaus ein. Vom Domplatz aus und nach einer anschließenden Fahrt durch Havelberg trat Prinz Eitel um 13 Uhr die Rückfahrt an. Wie bei der Einfahrt gab es auch bei der Abreise eine teilweise mehrreihige Spalierbildung.
Der Abschluss der Hohenzollern-Jubiläumsfeier begann abends um 19 Uhr mit der bengalischen Beleuchtung des Doms und Illumination der gesamten Stadt. Um 20 Uhr begannen die Feiern im "Stadtgarten" und gleichzeitig im "Café Concordia". Beide parallele Feiern dauerten bis in die frühen Morgenstunden.
Da zur BUGA 2015 der Burggrafenstein saniert wird, wünschen sich viele Havelberger, dass der Wildwuchs hinter dem Stein in Richtung St. Annen-Kapelle so gekürzt wird, dass der Stein schon vom unteren Krugtorhohlweg aus frei sichtbar ist. (Wird fortgesetzt.)