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Die Besatzung des Eisbrechers "Seeadler" verhindert Überflutungen bei vereister Havel "Die Havel ist wie ein launisches Weib"

Von Thomas Butzek 18.02.2012, 04:24

Seit Dezember liegt der Eisbrecher "Seeadler" in Havelberg, zu jeder Zeit bereit, das Eis der Havel zu brechen und den Abfluss an den Wehren sicher zu stellen.

Havelberg l Noch bis Ende Februar ist der "Seeadler" in Havelberg stationiert. Im Stützpunkt des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) hat der Eisbrecher seinen Liegeplatz. Er ist für den Schutz der Stadt und der an die Havel angrenzenden Gebiete vor Hochwasser zuständig.

Wenn bei Tauwetter und vereister Havel der Pegel stark ansteigt, muss der "Seeadler" das Eis vom Quitzöbeler Wehr an aufbrechen, bis die Eisschollen klein genug sind, um durch das Wehr in den Gnevsdorfer Vorfluter abzufließen. Die gleiche Aufgabe hat dort der Hilfseisbrecher "Otter", der den Abfluss am Gnevsdorfer Wehr zur Elbe hin sicherstellt.

Seit nunmehr neun Jahren hat Schiffsführer Werner Döbbenthin aus Burg bei Magdeburg die Verantwortung über den 127 Tonnen schweren Eisbrecher. Gemeinsam mit Fred Lenke, dem Motorenwart aus Brandenburg, lebt und arbeitet er das ganze Jahr über auf dem "Seeadler", auch im Sommer. Die beiden Binnenschiffer sind schon seit 1968 auf den Gewässern in Deutschland und Europa unterwegs und sehr erfahren. "Inzwischen kenne ich meine Havel schon ganz genau, aber sie hat so ihre Tücken, besonders durch die unterschiedlichen Wasserstände. Sie ist wie ein launisches Weib", erzählte Werner Döbbenthin.

Dass der Eisbrecher auch im Sommer im Einsatz ist, ist eine Besonderheit. Im kalten Winter bricht er das Eis auf der Havel und im Sommer ist er mit einem Ponton im Schlepptau auf den Wasserstraßen in der ganzen Bundesrepublik unterwegs, um gemeinsam mit Ingenieuren des WSA Brücken auf ihre Sicherheit zu überprüfen.

Der "Seeadler" wurde 1971 in der Genthiner Werft in einer Serie von neun Eisbrechern vom Typ "Havel" gebaut. Diese Eisbrecher sind speziell für Kanäle und Flüsse konzipiert. Der 22 Meter lange und 3,60 Meter breite Stahlkoloss wird mit einem Sechszylinder Saugdieselmotor vorangetrieben. Er stammt noch aus den SKL-Werken aus Magdeburg und treibt die 1,25 Meter große Schiffsschraube mit einer immensen Kraft an. "Der Seeadler ist klein, aber giftig", scherzt Döbbenthin.

Und wenn es um ihren Motor geht, kommen die beiden Binnenschiffer besonders ins Schwärmen, denn "die gute Sabine hat uns noch nie im Stich gelassen", erzählt Werner Döbbenthin, der den Schiffsmotor liebevoll nach seiner Frau benannt hat. Bis auf ein paar Kleinigkeiten, die immer schnell behoben werden konnten, machte der Motor noch nie Probleme. Zum Namen Sabine erklärt er mit einem Lachen: "Der Unterschied besteht darin, dass der Motor hier machen muss, was ich will, zu Hause ist es andersherum."

So ausgestattet kann der "Seeadler" problemlos Eis mit einer Stärke von bis zu 20 Zentimetern brechen, aber auch dickeres Eis ist zu schaffen, versichert Werner Döbbenthin. Wenn es besonders dick ist, müsse man eben noch einmal zurücksetzen und erneut Anlauf nehmen.

Auch wenn der Eisbrecher in diesem Winter seiner eigentlichen Aufgabe noch nicht nachkommen musste, hatte er doch schon so einiges zu tun. Anfang Februar leistete er Nothilfe auf der Elbe in Wittenberge und brach das Eis um im Schutzhafen, damit die von den Schollen überraschten Binnenschiffer in den sicheren Hafen einfahren konnten. Im vergangen Jahr gab es einen nicht alltäglichen Einsatz auf der Havel bei Garz. Der Eisbrecher unterstützte die Rettung mehrerer Kühe von einer Insel und befreite den Garzer Schleusenkanal vom Eis, um den Rettern den Weg zu bahnen.

Wann der nächste Einsatz für den Eisbrecher ansteht, muss das Wetter entscheiden, aber angesichts milder Temperaturen könnte es schon bald so weit sein. Der Seeadler und seine Besatzung sind auf jeden Fall bereit, das Eis der Havel zu brechen.