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Gruppe trifft sich jeden Mittwoch auf Klietzer Museumshof - Neulinge sind gern gesehen Dornröschen stach sich nicht am Spinnrad

Von Ingo Freihorst 14.05.2013, 03:16

Will man erfahren, wie die Menschen auf dem Lande früher gelebt und gearbeitet haben, ist man im Klietzer Hofmuseum genau richtig. Zum Museumstag gab es Einblicke in die Wollverarbeitung.

Klietz l "De olle Kram, de hier to sehn, de wier enn\'s ok moal nei un schön" heißt es zur Begrüßung auf Platt im Faltblatt des Klietzer Heimatvereins, der den Hof betreibt. Im Gegensatz zu vielen Ausstellungsstücken recht neu waren die vielen Spinnräder, die in der Scheune emsig surrten. Einige Mitglieder der Spinngruppe hatten sich zusammengefunden, um das alte Handwerk den Besuchern zu zeigen. Elf Mitglieder gehören dazu, erklärte Initiatorin Edith Läufer. Treff ist jeden Mittwoch um 15 Uhr in der Spinnstube unterm Dach - Neulinge sind übrigens stets willkommen.

"Schafskälte" im Juni

Zum Museumstag wurde demonstriert, wie die Wolle verarbeitet wird. Und zwar beginnend mit der Schafschur, die der Schönhauser Lutz Kolrep vornahm. Bis zu sechs Kilogramm Wolle kann ein Schaf "abwerfen", je nach Rasse. Geschoren wird im Mai und Juni, weshalb sich auch der Begriff "Schafskälte" für einen Kälteeinbruch im Juni etabliert hat.

"Die Wolle wird nach der Schur in kaltem Wasser gereinigt, manche verarbeiten sie aber auch ohne Wäsche", erklärte Ulrike Salzmann von der Spinntruppe. Danach wird kardiert, also die verfilzte Wolle zu einem Flies gekämmt. Nur so kann sie versponnen werden. Eine Kardiermaschine kostet schon mal bis zu 3000 Euro.

Rainer Wittenburg aus Garz war an dem Tag zu den Frauen hinzugestoßen. Er erklärte, wie vor der Spinnrad-Ära gearbeitet wurde - und zwar mit einer Fallspindel. Dabei kommt Dornröschen ins Spiel, denn manche Spindeln besaßen eine scharfe Spitze: Diese wurden nämlich - auf der Spitze auf einem ausgehöhlten Stein drehend - auch als Standspindel benutzt. Die Darstellung der Märchenfigur mit dem Spinnrad ist also nicht korrekt.

Regionale Unterschiede

Der Garzer erklärte auch, wie die Spinnräder erfunden wurden. Und zwar ließ der König als Vater des Dornröschens alle Spindeln verbrennen, so dass das Spinnrad erfunden werden musste, berichtete er augenzwinkernd. Diese Maschinen sind je nach Region und Land verschieden: Er selbst saß an einem aus Neuseeland, die Klietzerin Christa Wagner besitzt eins aus Schweden, und Ulrike Salzmann hat ein Spinnrad aus der Uckermark.

Den weiteren Werdegang der gesponnenen Wollfäden demonstrierte Edith Läufer an ihrem Webstuhl - so wurde die Wolle an nur einem Tag komplett auf dem Hof verarbeitet. An Tafeln konnten sich die Gäste dazu und auch zu den verschiedenen Schafsrassen informieren. Wer wollte, konnte auch ein Seil herstellen oder sich die Ausstellung im Dachgeschoss anschauen.

Zum Vormerken: Am 17.August findet in Garz das zweite Spinnertreffen statt.