Ihr Name ist eng verbunden mit der Geschichte des Campingplatzes auf der Havelberger Spülinsel Gedenken: Zum "100." von Gertrud Pohland
Die Geschichte des Havelberger Campingplatzes ist eng mit dem Namen Gertrud Pohland verbunden. Heute, am 29. März 2012, wäre die Begründerin des Campingplatzes 100 Jahre alt geworden.
Havelberg l Wer kann sich noch an das kleine Holzhaus auf der Havelberger Spülinsel erinnern? Es stand von 1945 bis 2005, genau 60 Jahre, auf dem idyllischen Eiland. Die langjährige Bewohnerin Gertrud Pohland verstarb am 1.Februar 2005, kurz vor ihrem 93.Geburtstag. Unmittelbar nach ihrem Tod wurde das Inselhäuschen abgerissen.
Bis zu 1000 Camper wurden jährlich begrüßt
Ein Vierteljahrhundert lang, von 1954 bis 1979, hat sie bis zu ihrem 67. Lebensjahr alle erforderlichen Belange des Campingplatzes selbstständig erledigt und ihn geleitet. Die "gute Stube" im Inselhäuschen diente 25 Jahre lang den Zeltern als Anlaufstelle zur Anmeldung, zum Abschluss von Zeltversicherungen und zur Ausgabe von Angelkarten. Ebenso wurde sie zur Berechnung des Energieverbrauchs der Dauercamper und zur Postannahme und Ausgabe genutzt.
Eine offizielle Planstelle von Seiten der Stadt gab es für den Campingplatz bis 1974 nicht. Gertrud Pohland wurde mit fünf Prozent an den Einnahmen der Saison beteiligt. Pro Person waren in den 1950er und 1960er Jahren für einen Tag Zelten auf der Insel 15 Pfennig zu zahlen und später 30. Für ein Zelt wurden 50 Pfennig abkassiert. Der Zeltplatz war gut besucht. Trotz des geringen Preises kamen zum Beispiel 1971 in der gesamten Saison 1156,05 Mark zusammen. Gertrud Pohland erhielt davon für die fünf Monate andauernde Saison sechzig Mark vom Rat der Stadt Havelberg. Bis 1974 beliefen sich die Einnahmen dann schon auf 2641,45 Mark. Während einer Saison der 1960er und 1970er Jahre wurden von ihr immer um die 800 bis 1000 Campingfreunde begrüßt.
Aber nicht nur auf dem Campingplatz war Gertrud Pohland aktiv. Jeder, der sie kannte, weiß, dass sie gleichzeitig ab 1954 bis Saisonende 1974 vom Rat der Stadt Havelberg für den städtischen Bootsverleih angestellt war. Gertrud Pohlands Tag begann morgens um 5 Uhr mit der Reinigung der Toilettenhäuschen und der Waschgelegenheiten auf dem Campingplatz. Als Ansprechpartnerin für die Zelter stand sie dann bis 10 Uhr zur Verfügung. Von 10 Uhr bis 19 Uhr war der städtische Bootsverleih auf der gegenüberliegenden Seite der Spülinsel, an der Stadtinsel gelegen, geöffnet. Wenn sie dann gegen 19.30 Uhr das Eiland der Spülinsel wieder erreichte, warteten schon die Camper mit ihren vielen Wünschen und Neuanmeldungen.
Überwiegend war sie bis zu 16 Stunden am Tag auf den Beinen, um die vielen Arbeiten zu bewältigen. Spät am Abend begann Gertrud Pohland dann mit der Berechnung der Einnahmen und bereitete die Abrechnungen vor. Vier unterschiedliche Kassen hatte sie zu führen.
Der städtische Bootsverleih wurde erstmalig im Jahr 1954 an der Spülinselseite, am Campingplatz, eröffnet. An einem einfachen Steg auf fünf Jauchetonnen standen sieben neue Holzruder- und zwei Paddelboote zum Ausleihen bereit. Die Ausleihgebühr war gering. Für ein Paddelboot kostete eine Stunde eine Mark und für ein Ruderboot 80 Pfennig.
Der Bootsverleih an der Spülinselseite rentierte sich aber nicht. Die Interessenten scheuten den langen Fußweg über den Bahnhofsgelände bis zur Spülinsel. So richtig gute Einnahmen wurden erst erzielt, nachdem ein auf der Havelberger Schiffswerft neu gebauter Steg zum Ausleihen der Boote an der Stadtseite unterhalb der Steintorbrücke mit Booten bereitstand. Jährlich wurde die Anzahl der Boote erhöht. Zuletzt standen 25 Ruderboote zum Ausleihen bereit. Der Bootssteg erhielt Anfang der 1960er Jahre aus hygienischen Gründen nochmals einen neuen Stellplatz wegen eines übel riechenden Abflussrohres. Vom Ufer der Bahnhofstraße aus wurde der Stellplatz an die Uferstraße verlegt. Dort verblieb er bis zur Wendezeit Anfang 1990.
Gertrud Pohland arbeitete von früh bis in die Nacht hinein
Gertrud Pohland war bis 1979 als Rentnerin noch weiterhin allein für den Zeltplatz zuständig. Ihr war keine Arbeit zu viel. Immer freundlich und hilfsbereit, von früh bis in die Nacht hinein, sorgte sie sich um ihre Gäste auf dem Campingplatz und auf dem Bootssteg.
Wenn die Saison im Oktober zu Ende war, räumte Gertrud Pohland den Zeltplatz auf und harkte bergeweise Laub zusammen. Gleichzeitig begann sie mit der Winterfestmachung der Boote. Dazu gehörten die Säuberung der Boote von innen und außen, kleinere Reparaturen und das Entfernen der alten Farbe sowie ein Neuanstrich für jedes Holzboot. Die Böden wurden geteert.
2002, zu ihrem 90. Geburtstag, hat sie zahlreiche Gratulanten empfangen. Vertreter der Stadtverwaltung, Bürgermeister Bernd Poloski, Pfarrer Ulrich Wolff, Verwandte, Freunde aus der Stadt, Heinore und Wolfram Heldt von der Havelberger Insel Touristik sowie die Camper von damals und von heute waren zum Gratulieren gekommen. Vertreter des Heimat- und Schiffervereins sowie die Wassersportfreunde des Ruder- und Kanuvereins und die Redaktionsleiterin der Havelberger Volksstimme Andrea Schröder schlossen sich als Gratulanten an. Es fand ein reger Gedankenaustausch über das Arbeitsleben von Gertrud Pohland statt.
Auch wenn sie in der Belastung oft ihre Grenzen erreicht hatte, ist sie in ihren Aufgaben aufgegangen. Ihre Hilfsbereitschaft und ihr Fleiß waren einzigartig. Etwas Traurigkeit klang in ihrer Stimme immer mit, wenn sie darüber sprach, dass nach ihrem Ausscheiden für die vielen unterschiedlichen Arbeiten, die sie damals allein bewältigten musste, jetzt vier Planstellen geschaffen wurden. Ihr Wunsch, mit allen Gästen auch an ihrem 100. Geburtstag anzustoßen, erfüllte sich leider nicht.
In ihren zurückgelassenen Papieren findet man viel Post von ihren Campingfreunden und Besuchern. Schreiben, mit denen sie sich bei der Zeltplatzmutter für ihre Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft bedanken. Und so werden viele Menschen Gertrud Pohland in Erinnerung behalten.
Die ganze Geschichte von der Entstehung der Havelberger Spülinsel und des Campingplatzes kann man im Band 3 "Historisches Havelberger Allerlei" nachlesen. Auf der Spülinsel ist die bewegte Geschichte von Gertrud Pohland und dem Inselhaus auch in einem Schaukasten, am ehemaligen Standort des kleinen Häuschens, zu finden.