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Wartung Glockentechnik im höchsten Gebäude Havelbergs ist auf bestem Stand

Glockenpause im Havelberger Dom. Fast drei Tage lang war vergangene Woche das Geläut verstummt. Denn die Glockentechnik wurde von Fachleuten überprüft und gewartet.

Von Dieter Haase Aktualisiert: 20.06.2021, 13:42
Der Weg bis in den Glockenturm des Havelberger Doms ist über die hinauf führende Treppe nicht gerade unbeschwerlich.  Doch danach kann dann an der Glockentechnik gearbeitet werden.
Der Weg bis in den Glockenturm des Havelberger Doms ist über die hinauf führende Treppe nicht gerade unbeschwerlich. Doch danach kann dann an der Glockentechnik gearbeitet werden. Foto: Dieter Haase

Havelberg - Für Mitarbeiter der Firma Wolfgang Schmidt aus Berlin ist der Havelberger Dom längst kein unbekanntes Bauwerk mehr. „Wir sind immer wieder mal hier, um die Glockenantriebe und Läuteräder zu warten und wenn notwendig zu erneuern“, erklärt Wolfgang Schwarz, der die Arbeiten in der Domstadt gemeinsam mit Mitarbeiter Woitek Birut ausführt. Letzteres hat sich am Antrieb der Domglocken jetzt erforderlich gemacht.

Öfter mal im Dom zu Gast

Mit der Glockentechnik und auch der Technik der Turmuhr ist die Berliner Firma bereits bestens vertraut. „Um die ganze Elektronik, die für den Betrieb notwendig ist, haben wir uns zum Beispiel vor einem Jahr gekümmert. Und um den Antrieb für die große Glocke schon etwas früher. In diesem Jahr besteht unser Auftrag nun darin, die Technik der beiden anderen Glocken – einer mittleren und einer kleineren – genauestens in Augenschein zu nehmen und wieder auf den besten Stand zu bringen“, so Wolfgang Schwarz.

2013 gingen die Glocken in die Werkstatt

Bereits vor acht Jahren waren die Domglocken von der Berliner Spezialfirma „Schmidt Glockentechnik“ im Auftrag der Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt in der Berliner Werkstatt hergerichtet worden und läuten seitdem schöner als je zuvor.

Denn ihr Klang war über die Jahre sehr schlecht geworden. Das hatte folgende Ursache: Im Klöppel jeder Glocke befindet sich ein Messingstopfen. Der Zahn der Zeit lässt diesen regelrecht zerbröseln, und er nutzt sich auch ab. So kommt es dann dazu, dass nur noch das Eisen des Klöppels gegen die eiserne Glocke schlägt. Der Ton ist dann höchstens noch vergleichbar mit einem peitschenden Klang. Die Spezialisten der Berliner Firma beseitigten 2013 diesen Mangel.

Klassischer Antrieb hat sich bestens bewährt

Aber auch heute gibt es immer wieder Arbeit, um den schönen Glockenklang zu bewahren. Was heißt das konkret? Die allgemeine Mechanisierung vor gut 100 Jahren ging auch an den Glockenantrieben nicht spurlos vorüber. Der elektrische Antrieb besteht aus einem Rad, welches am Glockenjoch befestigt ist. Daran sind die beiden Enden einer Kette fest montiert. Zwischen den fixen Enden läuft die Kette über ein am Elektromotor fixiertes Zahnrad. Durch den reversierenden Antrieb des Motors wird die Kraft auf die Glocke übertragen. Dieser klassische Antrieb habe sich bezüglich Kosten und Betriebssicherheit bestens bewährt, schätzen die Fachleute ein.

Weiches und schönes Läuten wird erreicht

Die neuere Technik besteht aus einem Linearantrieb. Dabei handelt es sich um einen Linearmotor – einem Blechpaket mit eingelegter Drehstromwirkung – und einer Reaktionsschiene, womit die Kombination aus einer Aluminium- und einer Eisenplatte bezeichnet wird. An letzterer stellt sich nach Jahren auch Verschleiß ein. Das bedeutet, dass sie bestenfalls ersetzt werden muss. „Aufgrund der Berührungslosigkeit zwischen Linearbetrieb und Glocke wird ein sehr weiches und schonendes Läuten erreicht“, erklärt Woitek Birut. „Der Anzug der Glocke erfolgt völlig ruckfrei.“

Teilebearbeitung auf dem Domplatz

An der Technik der mittleren und der kleinen Domglocke musste in der vergangenen Woche entsprechendes Material neu angepasst werden. Dazu machten sich unter anderem auch Schleifarbeiten per Hand erforderlich. Das ging am allerbesten am Werkstattwagen auf dem Domplatz - bei sicherem Stand und guten Lichtverhältnissen. Um der Sommerhitze so einigermaßen zu entkommen, nutzten die beiden Fachleute dazu bereits die frühen Vormittagsstunden.

Aufträge in ganz Deutschland

Die Mitarbeiter der Berliner Firma können auf große Erfahrungen mit Antrieben von Kirchenglocken bauen. Unter anderem gehören zu ihren deutschlandweiten Aufträgen die Dresdner Frauenkirche, die Katholische Hofkirche in Dresden, der Halberstädter Dom, der Dom in Magdeburg, die St.-Marien-Kirche in Frankfurt, das Schweriner Schloss sowie Kirchen in Berlin und Zwickau, um nur einige zu nennen. „Wir lernen Deutschland auf diese Art sehr gut kennen“, meinte Wolfgang Schwarz schmunzelnd.

Am Werkstattwagen auf dem Domplatz erfolgte von Woitek Birut (links) und Wolfgang Schwarz zum größten Teil die Teilebearbeitung.
Am Werkstattwagen auf dem Domplatz erfolgte von Woitek Birut (links) und Wolfgang Schwarz zum größten Teil die Teilebearbeitung.
Foto: Dieter Haase