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Hochwasserschutz Polder bei Klietz wird nun geprüft

Geht es um den Hochwasserschutz, ist die Aufmerksamkeit auch zwei Jahre nach der Katastrophe ungebrochen.

Von Ingo Freihorst 19.11.2015, 17:20

Klietz l Der Saal des „Seeblicks“ in Klietz war am Mittwoch wieder gut gefüllt, als die Bürgerinitiative zu ihrer sechsten Infoveranstaltung geladen hatte. Der größten Aufmerksamkeit durfte sich bei seinem Vortrag Burkhard Henning erfreuen, der Leiter des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW). Denn er informierte zum aktuellen Stand der Planungen zu einer möglichen Deichrückverlegung beziehungsweise dem Bau eines Polders zwischen Klietz und Schönfeld.

Die Anregung dazu war aus den Reihen der Hochwasserschutz-Initiative gekommen und floss mit ein in die Studie zur Untersuchung möglicher neuer Überflutungsflächen. Mitte April 2014 war die Studie zu den möglichen Standorten in Auftrag gegeben worden, im September des Vorjahres wurde das Ergebnis der Öffentlichkeit vorgestellt.

Hier fielen die ersten Flächen durchs Sieb – sie waren zu ineffizient. Dazu gehörten unter anderem die Polder Grieben, Buch-Bölsdorf und die Aland-Niederung. Eine Fläche nahe Wolmirstedt hätte nur eine Wasserstands-Entlastung von etwa sieben Zentimetern gebracht – viel zu wenig für den enorm hohen Aufwand. Angepeilt werden vom LHW mindestes um die 20 Zentimeter.

In diesem Jahr folgte nun die zweite Phase, die Prüfung der Standorte. Näher untersucht wurden dabei insgesamt 42 Areale an Elbe, Saale, Mulde und Weißer Elster. Der Fokus lag auch hier wieder auf den Poldern, wo die Flutwelle quasi zwischengeparkt werden kann. Insgesamt umfassen diese Standorte 22 000 Hek­tar neue Überflutungsflächen, zuvor waren es lediglich 3900 Hektar gewesen.

In die engere Wahl gezogen wurden neben dem Polder Klietz-Schönfeld auch Flächen bei Werben, Wahrenberg und Klietznick-Bucher Brack. Doch kann es passieren, dass einige dieser Standorte bei der noch laufenden Studie ebenfalls durchs Raster fallen – die Ergebnisse sollen noch in diesem Jahr dem Magdeburger Ministerium und damit der Öffentlichkeit präsentiert werden. Erste Ergebnisse gibt es bereits jetzt: Die ins Auge gefasste Deichrückverlegung im Norden von Werben sowie ein Polder dort entfallen schon mal.

„Sachsen-Anhalt ist ein Hochwasser-Transitland“, betonte Burkhard Henning. Das heißt, dass all diese Maßnahmen nur greifen, wenn auch die anderen Bundesländer mitarbeiten. So wurden an der Mulde zusammen mit Sachsen zwei Polder eingerichtet. Die Zusammenarbeit mit diesem Bundesland klappe gut, in Sachsen wurden 2013 in einstigen Tagebauen immerhin 20 Millionen Kubikmeter Wasser geparkt.

Hauptsächlich sollen Polder geschaffen werden, welche allerdings auch teurer sind als Deichrückverlegungen. Bei Klietz-Schönfeld wird eine Kombination beider untersucht – so denn die noch laufende Studie dies bekräftigt. Ein Problem spricht für das Vorhaben: In diesem Bereich gibt es drei Engstellen beim Abfluss des Elbhochwassers, da macht eine Rückverlegung Sinn. Bei Eishochwasser kann es an diesen Stellen kritisch werden.

Auf den 1540 Hektar könnten sich bei einer mittleren Wassertiefe von viereinhalb Metern bis zu 63 Millionen Kubikmeter Wasser verteilen. Das ist ein weiterer Punkt, der für dieses Vorhaben spricht. Der neue Polderdeich hätte eine Länge von 12,5 Kilometern.

Allerdings befinden sich in dem Areal auch knapp 1100 Hektar Ackerland sowie 410 Hektar Grünland. „Kommt der Polder, kann ich meinen Betrieb zumachen“, meinte Landwirt Fred-Wilhelm Braunschweig aus Schönfeld in der Diskussion. Bei Schönfeld sei der Deich saniert, hier gäbe es keine Engstellen – ein Polder sei also unnötig.

Der LHW müsse jedoch das gesamte Bundesland betrachten, erwiderte Burkhard Henning. Dass solch Projekt konfliktbeladen ist, sei ihm klar, es gibt aber keine Alternative. Er erinnerte an den Besuch der Kanzlerin nach der Flutkatas­trophe: Da hatten die Landwirte zugesagt, ihre Flächen für den Hochwasserschutz zur Verfügung zu stellen – vorausgesetzt, es wird entschädigt. Das ist inzwischen national geregelt.

Sollte es zu einer Umsetzung kommen, werden alle Beteiligten einbezogen. Bis der Polder gebaut wird, dürften noch etwa 20 Jahre ins Land ziehen. Am Aland hatte es 120 Jahre gedauert, bis jetzt der erste Spatenstich für das Überleitungsbauwerk erfolgen konnte.