Bundeswehr Klietzer See wird ab 2025 entschlammt
Der Klietzer See dient als Ausbildungsgewässer für die Bundeswehr. Doch können wegen dessen starker Verkrautung die Motorboote oft nicht fahren – das soll sich in zwei Jahren ändern.

Klietz - Kommandeur Roman Jähnel hatte beim Nachbarschaftsbiwak im Juni bereits kurz darüber informiert: In etwas über zwei Jahren soll der See entschlammt werden. Geschätzt wird, dass bis zu 95000 Kubikmeter Schlamm abgesaugt, zwischengelagert und entsorgt werden müssen.
Das Vorhaben wurde jetzt im Jugendklub vorgestellt, wobei sich neben Zuständigen unter anderem von Bundeswehr und -forst sowie Naturschutzbehörde auch der Fischer Gernot Quaschny als weiterer Nutzer sowie der Klietzer Bürgermeister und Gemeinderäte eingefunden hatten. Referentin war Gerlinde Schönauer, welche im Finanzministerium für Baumaßnahmen der Bundeswehr zuständig ist.
See liegt im Naturschutzgebiet
Der See gehört der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), Bauherr ist das Verteidigungsministerium. Seit 2000 gehört der See zum Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebiet (FFH) „Kamernscher See und Trübengraben“. Demnach darf sich der Lebensraum in einem solchen Gebiet nicht verschlechtern.
Bereits im Jahr 2012 wurde eine Verschlechterung der Gewässergüte prognostiziert, was wohl laut einer Studie vor allem der hohen Phosphorkonzentration geschuldet ist. Diese regt wiederum das Algenwachstum an.
Der Deichbruch bei Fischbeck und die nachfolgende Überflutung des Gebietes beschleunigten diese Entwicklung noch. Seitdem gedeihen Algen und Wasserpflanzen noch besser. Im Sommer 2019 wurde zudem ein hohes Aufkommen an giftigen Blaualgen festgestellt – der Badebetrieb wurde eingestellt.
Blaualgen ließen Badebetrieb nicht mehr zu
Eigentlich ist die Verlandung von Seen ein natürlicher Prozess. Erschwerend kam hier hinzu, dass die Kanadische Wasserpest Einzug gehalten hatte und sich seitdem rasant vermehrte. Eine Mahd ist bei dieser kontraproduktiv: Etliche der abgemähten Pflanzenteile sinken zu Boden und bilden dort neue Pflanzen.
Die zunehmende Verlandung wurde bereits 2016 durch die Bundeswehr angezeigt. Eine Lösung musste gefunden werden, damit der Ausbildungsbetrieb für die Bootsführer weiter aufrecht erhalten werden kann. Im Verteidigungsministerium wurde 2019 entschieden, eine Maßnahme zu starten, zudem wurden naturschutzfachliche Unterlagen erstellt und Sedimentproben entnommen.

Seit 2017 wird die Fahrrinne des Sees jährlich gemäht, damit die Motorboote der Bundeswehr wieder fahren können. Ihre beiden Pump-Jet-Antriebe saugen zum Fahrbetrieb allerhand Wasser an, leider aber eben auch Pflanzen. Ist die vergitterte Ansaugöffnung erst einmal verstopft, geht gar nichts mehr. Weshalb meist nur mit einem Antrieb gefahren wird – der andere dient als Notreserve.
Dass vor dem Entschlammen des Sees eine Kampfmittelräumung stattfinden musste, bewies auch das Vorjahr: Beim Mähen im Sommer fanden sich im Südteil des Sees drei Minenzünder im Mähkorb. Areal und Mahdgut wurden daraufhin abgesucht.
Mit einer Drohne wurden vor zwei Jahren 25,4 Hektar des etwa 38 Hektar großen Sees erkundet. Bei dieser Sondierung fanden sich 351 Objekte - davon 215 größere – an. Der Verdacht auf Kampfmittelbelastung hatte sich also bestätigt – und zwar für den gesamten See.
Die meisten Fundstücke lagerten am Ostufer, manche Verteilungen deuteten auf eine Verkippung hin. Zudem wurde auch eine mögliche Lagerfläche am Ufer unterhalb der Seestraße erkundet, wobei acht Patronen und drei Geschosse gefunden wurden.
Wegen der Munitionsbelastung musste Fischer Gernot Quaschny aus Hohengöhren, der den See bewirtschaftet, einige Auflagen beachten. So durften zu ersetzende Reusenstangen nur an genau derselben Stelle wieder eingesetzt werden, sollten neue gestellt werden, musste die Fläche vorab untersucht werden. Und das Boot sollte nur bei ausreichender Wassertiefe fahren.

Auch im Bereich der Badestelle wurden sogenannte „Störkörper“ gefunden, unter anderem eine Werfergranate. Insgesamt wurden von den Tauchern 255 Objekte mit einem Gesamtgewicht von 944 Kilogramm im ufernahen Bereich des Sees geborgen. Darunter Munition bis zum Kaliber 13 Millimeter, Karabiner und leere Munitionskisten, Signalpatronen, Zünder, Spreng- und Panzergranaten bis Kaliber 8,8 Zentimeter, Werfergranaten sowie Panzerminen.
Panzergranate musste im See gesprengt werden
Eine Panzergranate des Kalibers 8,8 Zentimeter musste durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst vor Ort im See gesprengt werden. Diese lag auf dem Gewässergrund. So manches wurde erst tiefer im Grund gefunden.
Weil der See zum FFH-Schutzgebiet gehört, war eine Vorplanung nötig. Die natürlichen Strukturen sollen erhalten oder wieder hergestellt werden, Ziel ist eine Wassertiefe von 2,5 Metern in Teilen des Sees.
Sedimentproben ergaben eine Schlammstärke von bis zu knapp drei Metern. Um den Schlamm aus dem See zu entfernen, gibt es zwei Alternativen: Zum einen den Schlamm anzusaugen, diesen in Absetzbecken zu pumpen und das Wasser über Drainagen wieder in den See zurückzuleiten. Oder aber die Trockenlegung des kompletten Gewässers – was aber verworfen wurde.
Je nach Art der Auflagen vom Naturschutz könnte die Entschlammung bis zu drei Jahre in Anspruch nehmen. Allein das würde nach heutigem Stand knapp sechs Millionen Euro kosten. Die Bundesanstalt Bima bereitet den Ankauf der benötigten Flächen vor, welche dann bis zu fünf Jahre als Absetzbecken genutzt würden. Möglich wäre auch ein Anpachtung.

Ab Oktober soll dann auch der restliche See von Kampfmitteln und Schrott befreit werden. Die Entschlammung selbst ist ab Oktober 2025 geplant. Natürlich mit Kampfmittelräumern.
„Ich hoffe, ich werde das noch erleben, wir reden schon viele Jahre darüber“, zeigte sich Gernot Quaschny skeptisch. Er würde sich freuen, wenn vorab der Wasserstand im See noch etwas angehoben würde, ein knapper halber Meter würde schon reichen. Vielleicht, indem das Scharlibber Wehr mehr anstaut.
Doch woher solle man das viele Wasser dafür nehmen, entgegnete Wilko Trapp von der Naturschutzbehörde des Kreises. Der Trübengraben, der den See vor allem speist, habe nur ein geringes Gefälle.
„So weit wie heute sind wir noch nie gewesen, es ist auch Geld vorhanden – das ist sehr wichtig für die weitere militärische Nutzung des Sees“, freute sich Bürgermeister Jens Meiering.
Das Scharlibber Wehr ist fast ausgereizt, noch viel mehr kann hier nicht angestaut werden, war auf Nachfrage beim Landesbetrieb für Hochwasserschutz zu erfahren.