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Müll Erträgliche Osterspaziergänge

Das hätte er nicht gedacht: Säcke, Schubkarre und Korb voll Müll sind das Ergebnis der Osterspaziergänge von Holger Schulz nahe Wöplitz.

Von Andrea Schröder 16.04.2020, 01:01

Havelberg/Wöplitz l Der Empfehlung von Sachsen-Anhalts Umweltministerin Claudia Dalbert (Bündnis90/Die Grünen), die Spaziergänge in Corona-Zeiten nicht nur für die eigene Gesundheit, sondern auch zum Wohle der Umwelt zu nutzen und dabei Müll vom Wegesrand einzusammeln, ist der Wöplitzer Holger Schulz nachgekommen. Er nutzte die Tage von Gründonnerstag bis Ostersonntag, um mit seiner Partnerin bei Spaziergängen in Richtung Lütow einerseits und andererseits in Richtung Eierberg und Lindenweg in Havelberg nach Müll Ausschau zu halten. „Ich bin entsetzt, was da zusammengekommen ist.“

Jede Menge Plastikmüll, Flaschen, Verpackungsmaterial, Zigarettenschachteln, Kekspapier, Sohlen von alten Schuhen, Auto- und Mopedreifen, Stücke von Planen... „Wir reden immer davon, dass die Meere mit Plastikmüll voll sind, unsere Wälder und Wege sind es auch“, hat er festgestellt. Mit einem Greifarm zum Müllsammeln machten sich die Wöplitzer auf den Weg. „Man kommt gar nicht voran. Joggen kann man dabei nicht“, macht Holger Schulz deutlich, dass in kurzen Abständen immer wieder Müll zu entdecken ist. Der Natur- und Tierfreund, der sich auch im Tierschutz engagiert, kennt natürlich den Frevel der illegalen Müllentsorgung. Schon öfter hat er Funde angezeigt. Ein Hotspot sind der Eierberg und der Lindenweg. Komplizierter ist es geworden, seit der Landkreis für das Abholen des Mülls aus freier Natur zuständig ist. „Bei der Stadt wusste der Mitarbeiter schnell, was man meinte, wo der Müll liegt. Jetzt muss man es genau beschreiben und es dauert einige Zeit, bis der Müll dann abgeholt wird.“

Nachdem die Umweltministerin Anfang April zum Müllsammeln aufgerufen hatte, wurde er also selbst tätig. Einmal zog er mit einem Spaten los, um eine dicke Baufolie vom Weg auszugraben. Zu viel Erdreich hatte sich schon darauf gelegt. Die Ostersammlung baute er nahe der Bushaltestelle in Wöplitz als Mahnmal samt einem Schild auf. Vielleicht regt das ja zum Nachdenken an, so seine Gedanken. Wohin er den Müll entsorgen soll, weiß er noch nicht. Um die Entsorgung der Reifen, die er in der Schubkarre gelagert hatte, muss er sich aber keine Sorgen mehr machen, die sind schon weg.

Die Ministerin hatte in ihrem Aufruf auf einen Trend in Schweden hingewiesen. Dem Plogging. Das Wort bildet sich aus dem schwedischen Wort plocka für aufheben, pflücken und Jogging. Die Menschen nehmen Müllsäcke mit und ziehen Handschuhe an, um beim Laufen Müll zu sammeln, den die dann zu Hause entsorgen. Sie wies darauf hin, dass es zunehme, Müll illegal in der freien Natur zu entsorgen. Das schade nicht nur der Umwelt, sondern binde auch das Personal der Entsorgungsbetriebe, so Claudia Dalbert.

Im Gebiet der Einheitsgemeinde Havelberg fallen erfahrungsgemäß jährlich zwischen 30 bis 40 Tonnen Müll an. Der Anteil an verbotswidrig entsorgtem Müll liegt nach vorsichtiger Schätzung bei 25 bis 30 Prozent, sagt Ordnungsamtsleiter André Gerdel auf Volksstimme-Nachfrage. Vor allem im Altstadtgebiet kommt es häufig vor, dass in den öffentlichen Müllkörben Hausmüll entsorgt wird. Auch werden vielfach ganze Müllsäcke daneben abgestellt. Diese ordnungswidrige Handlung hat in den letzten Jahren zugenommen.

Der April ist die klassische Zeit für den Frühjahrsputz, für den es in den zurückliegenden Jahren öfter Aktionen von Bürgern und Vereinen gab, die auch durch die Hansestadt Havelberg unterstützt wurden. Auch die Stadt selbst befreit die Natur von Müll. Dies geschieht mit wenigen Ausnahmen täglich durch den Bauhof. Hierzu gehört auch die jährliche Sammlung wasserseitig mit einem Boot an der Steintorbrücke in Havelberg, da sich dort immer wieder Unrat ansammelt.

Dass Holger Schulz Müll eingesammelt hat, findet der Amtsleiter lobenswert. Allerdings sollte der Bau eines Mahnmals auf öffentlichen Flächen keine Nachahmer finden, da dies ordnungsrechtliche Konsequenzen haben könnte. „Am besten nimmt jeder Sammler bei Spaziergängen so viel Müll mit, wie er bei sich zu Hause in der eigenen Mülltonne entsorgen kann. Größere Funde in Wäldern sollten im Ordnungsamt oder bei der zuständigen Abfallbehörde des Landkreises angezeigt werden.“