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Museum Spiegelteleskop funktioniert wieder

Das über 200 Jahre alte Newtonsche Spiegelteleskop ist nach seiner Restaurierung zurück im Havelberger Prignitz-Museum.

Von Andrea Schröder 25.11.2020, 00:01

Havelberg l Er hat das Spiegelteleskop nicht nur in alle Teile zerlegt und es restauriert, er weiß jetzt auch viel über dieses astronomische Instrument. Denn neben der Restaurierung gehört die Recherche zu seinen Aufgaben, berichtet Joachim Jendersie im Havelberger Prignitz-Museum. Von dort hatte er das Teleskop im Juli abgeholt, um es im Auftrag des Vereins der Freunde und Förderer des Museums auf Vordermann zu bringen. Die Weihnachtsspendenaktion 2018 hatte diesem optischen Gerät gegolten. Es hatte eine Weile gedauert, bis sich ein Restaurator fand.

„Viele Teile sind absolut authentisch. Das konnte ich zum Beispiel bei der Untersuchung der Oberflächen aus Messing, die vernickelt wurden, feststellen“, erzählt Joachim Jendersie. Der Deckel mit der Gravur „No 96 Christian Reißig in Cassel 1805“ ist Original. Der Ersatzring aus Aluminium war es nicht. Dieses Metall wurde erst ab ungefähr 1930 verhüttet. Der Metallrestaurator hat einen Ring aus Messing nachgebaut. Der trägt im Innern nun die Jahreszahl 2020. „Sollten einmal die Restaurierungsunterlagen verschwinden, kann man dennoch in hundert Jahren sehen, von wann der Nachbau stammt“, erklärt der Thüringer. Die Dokumentation der Arbeiten ist wichtig. Auf dieser Basis lässt sich nachvollziehen, was es mit dem Exponat auf sich hat.

Der auf dem Deckel eingravierte Name ist der des Vaters des Erbauers des Teleskopes Professor Cornelius August Heinrich Reißig. Dieser lebte von 1781 bis 1860. „Es ist unwahrscheinlich, dass er im Alter von 24 Jahren schon das 96. Teleskop gebaut hat. Er hat vermutlich den Namen seines Vaters als Marke beibehalten“, so Joachim Jendersie. Dieser nannte sich Hofmechanikus und starb 1779 in Kassel.

Nicht mehr im Original erhalten waren der Spiegel, die beiden Prismen und der Umlenkspiegel. Der Lehrer Karl Quandt aus Havelberg, der das Teleskop 1928 dem Museum schenkte, hatte wohl noch mit dem historischen Aufbau den Sternenhimmel beobachtet. Als beim Beschuss zum Ende des Zweiten Weltkrieges der zur Havel ausgerichtete Ausstellungsraum des Museums stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, wurde auch das Teleskop beschädigt. Eine Rechnung von 1952 verweist auf eine Reparatur. „Die ist sehr aufwendig und professionell erfolgt“, schätzt der Fachmann ein.

Feststellen konnte er eine starke Beanspruchung des Fernrohres. An den Gebrauchsspuren im Holz, das von einem Kirsch- oder Pflaumenbaum stammt, und an der Mechanik, mit der das Teleskop eingestellt wird. Die Hebemechanik wurde sehr aufwendig ausgeführt. Per Seilzug kann der Galgen fast senkrecht gen Himmel gerichtet werden, wie er Museumsleiterin Antje Reichel demonstrierte. Auch wenn jetzt wieder alles funktionstüchtig ist, sollte dies nicht allzu oft praktiziert werden, weshalb er eine Glasvitrine zum Schutz vor zu neugierigen Museumsbesuchern empfiehlt.

Festgestellt hat er bei seinen Recherchen übrigens auch, dass Reißig das Teleskop nachgebaut haben muss. Als Vorlage diente ihm ein Teleskop des englischen Instrumentenbauers William Herschel (1738 bis 1822). „Sein Teleskop ist dem von Reißig so ähnlich, dass er es entweder nachgebaut hat oder sie waren beide zusammen tätig“, sagt Joachim Jendersie und zeigt entsprechende Fotos.