Nachwuchs Lämmerzeit in Toppel

Schäfermeister Uwe Paul aus Toppel hat gerade wieder alle Hände voll zu tun - Lammzeit ist Stresszeit.

Von Wolfgang Masur 08.04.2019, 13:00

Toppel l 260 kleine Racker toben ausgelassen im Stall umher und Schäfermeister Uwe Paul fällt es nicht immer leicht, die Lämmer im Auge zu behalten. Die 200 Muttertiere der Rasse Merinofleischschafe, die in kontrolliert biologischer Tierhaltung aufwachsen, haben Nachwuchs bekommen.

Die Schäferei von Uwe Paul gehört zur Bio-Betriebsgemeinschaft GbR von Gerd Marx, zu dem auch noch ein landwirtschaftlicher Bereich gehört. Uwe Paul ist seit fast 50 Jahren Schäfermeister und einer, der ein bereits im 17. Jahrhundert in Toppel begonnenes Gewerbe weiterführt. „Das es in Toppel schon so lange Schafzucht gibt, hatte mir mal die Museumsleiterin Antje Reichel, die ja auch hier in Toppel wohnt, erzählt.“ Doch wie lange noch?

Uwe Paul geht im kommenden Jahr in Rente. „Und die jungen Leute haben – in der Schäfersprache gesprochen – kein Bock auf diesen Beruf“, wünscht sich Uwe Paul sehr, dass es einen Nachfolger geben würde. Er hat schon immer Merinoschafe gezüchter. „Sie sind eine aussterbende Rasse und stehen auf der Roten Liste der bedrohten Nutztierrassen.“

Vor wenigen Tagen hatte der Schäfermeister Besuch von der Igel-Gruppe der Havelberger Kita Regenbogen. „Mein Enkel Jakob gehört zu den Igeln. Er hat alle Kinder eingeladen, die Lämmer zu besuchen.“ Obwohl er nicht viel Zeit hatte, begrüßte er die Kindergruppe. Alles Weitere übernahm dann sein Sohn Matthias. Die Kinder waren zu Fuß nach Toppel gewandert und ihr Spaziergang an der frischen Luft wurde mit dem Anblick der vielen kleinen Lämmer belohnt. Jacobs Papa Matthias nahm sich ein Lamm auf den Schoss und die Kinder durften es vorsichtigt streicheln. Auch die Rinder, das Simmentaler Fleckvieh, auf der Koppel neben dem Schafstall weckte das Interesse der kleinen Besucher. So etwas hatten sie zuvor noch nie in freier Natur gesehen! Hellauf begeistert schauten sie sich auch hier den Nachwuchs an.

Nach den Kindern war einen Tag später wieder Besuch im Schafstall. Die Havelberger Tierärztin Christine Bartels war zum Impfen der 260 Lämmer gekommen und hatte die Schüler Julienne Brandenburg, Adrian Härtel und Adrian Kleiner, die am Zukunftstag die Arbeit in einer Tierarztpraxis kennenlernen wollten, mitgebracht. Die staunten, was das für ein Gewusel im Schafstall war. Julienne verriet, dass sie einmal Tierarzthelferin werden möchte.

Mit seinem Sohn Matthias, der einen freien Tag hatte, und seinem Mitarbeiter Michael Marx hatte Uwe Paul das Impfen der 260 „Patienten“ vorbereitet. Michael Marx ist nur in den Wintermonaten und zur Lammzeit am Schafstall zu finden, ansonsten arbeitet er im landwirtschaftlichen Bereich der Bio-Betriebsgemeinschaft, zu der auch die Schäferei gehört. Mitarbeiter Rainer Manske, der einst im Schafstall tätig war, ist bereits in Rente gegangen – daher steht Uwe Paul fast allein da. Deshab ist er froh, an solchen Tagen wie diesen Hilfe zu bekommen.

Ein kleines Abteil musste schnell abgeschlagen werden, in das die Lämmer hineinkamen. Kein Einziges durfte vergessen werden. „Die Lämmer werden gegen Brucellose geimpft. Anschließend wird noch von einigen Muttertieren Blut abgenommen“, erklärte Christine Bartels. Adrian hatte sich inzwischen ein Lamm gegriffen und hielt es zum Impfen hin. Julienne war von der Tierärztin zur Schriftführerin „befördert“ worden, nahm die Daten der Lämmer auf und auch Adrian Kleiner half fleißig mit. Die Arbeit ging gut von der Hand und alle waren zufrieden. Die dann noch anstehende Wurmkur für die Lämmer erledigt der Schäfermeister immer selbst.

„Zum Jahresende werde ich die Muttertiere schon auf 100 reduzieren und lass dann mit der Lammzeit im kommenden Jahr so langsam alles auslaufen. Ich denke auch über einen ordnungsgemäßen Austritt aus der GbR nach und werde eventuell noch im Verband bleiben“, blickt Uwe Paul auf das Rentenalter voraus. Seine Frau hat noch zwei Jahre Arbeit in einer Havelberger Raumausstattungsfirma vor sich, daher will er vielleicht noch einige Merinos für sich behalten. „Wenn man 50 Jahre lang damit zutun hatte, fällt es doch sehr schwer, plötzlich ganz damit aufzuhören“. Das 6000 Quadratmeter große Grundstück soll auch weiterhin in Ordnung gehalten werden.

Die Ruhe im Rentenalter, die sich Uwe Paul nach einem halben Jahrhundert Arbeit redlich verdient hat, ist für ihn in greifbarer Nähe gerückt. „Dann sollen Unternehmungen mit meiner Frau und dem Enkel an erster Stelle stehen“, macht sich schon langsam Vorfreude breit.