Naturschutz Fledermäuse tragen Sender huckepack
Fledermaus-Experten trafen sich zum 22. Abendsegler-Camp am Forsthaus Rothehaus im Havelberger Stadtforst nahe Müggenbusch.
Müggenbusch l Mit einem Bogen schossen die Fachleute aus Höxter (Nordrhein-Westfalen) ihre Hochnetze zum Abfangen der Fledermäuse in die Baumkronen. Denn in dieser Höhe jagen die kleinen nächtlichen Jäger überwiegend ihre Beute. Das Netz aus superfeinem Material ist von den Flattertieren nur schlecht zu orten, zudem muss es so weich sein, um Verletzungen bei den Tieren auszuschließen. Denn diese fliegen mit einer hohen Geschwindigkeit durch den finsteren Kiefernwald.
Damit das feine Garn von den Tierchen nicht zerbissen wird, kann das Netz in Sekundenschnelle herabgelassen werden. Die Fledermausforscher nutzen dazu Haarnetze – und bewahrten so die Firma in Thüringen, welche die Netze als einzige noch herstellt, vor der Schließung. Denn für die bis zu zwölf Meter hohen Fangnetze werden quadratmeterweise Haarnetze benötigt. Die Hochnetze sind übrigens eine Erfindung des Sandauers Peter Busse, welcher das Camp alljährlich Mitte Juli organisiert.
Dieses Jahr ging es zurück zu den Wurzeln, so könnte man meinen. Denn im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand diesmal der Große Abendsegler. Doch ist dieser die schwerste Art unter den heimischen Fledermäusen – und kann darum als einzige besendert werden.
Mit den Informationen, die man sich mit Hilfe der winzigen Sender erhofft, sollen die Zugwege der Tiere genauer erforscht werden. Das Pilotprojekt wird von den Universitäten Trier und Erlangen begleitet. Die 1,6 bis 1,8 Gramm schweren Sender dürfen nicht schwerer sein als fünf Prozent des Gesamtgewichtes des Trägers. So kommen nur entsprechend schwere Tiere in Frage.
Der Sender funkt einmal am Tag ein Signal, die große Kunst ist es, ihn dann auch zu finden. Und zwar rechtzeitig, denn nach einer gewissen Zeit löst er sich wieder von dem Tier. Noch weniger Gewicht geht nicht, das Problem ist die Batterie. Deshalb kann der Sender die aufgezeichneten Daten auch nur speichern und nicht auch noch senden.
Ein Abendsegler wurde gefunden, der besendert gewesen war. Die meisten Senderträger sind noch unterwegs, sie kehren erst im Herbst zurück. In den Vorjahren aus Prenzlau, Königs Wusterhausen oder Beeskow, einige fliegen bis nach Polen. Immer mehr Tiere bleiben wegen der milden Winter in der Region. Dabei laufen sie aber Gefahr, bei strengerem Frost in den Baumhöhlen zu erfrieren.
Zum Zeitpunkt des Camps befinden sich die Wochenstuben der Fledermäuse in Auflösung, ein idealer Zeitpunkt zum Beringen der Tierchen. Auch darum muss alles recht schnell vonstatten gehen, was ein Einzelner gar nicht schaffen kann. Wichtig ist auch das Säubern der Unterkünfte, sonst werden sie von den Tieren nicht mehr genutzt. Peter Busse freute sich darum, diesmal mit der Junior-Rangerin Malina Zehle aus Sandau auch eine Nachwuchs-Naturschützerin aus der Elb-Havel-Region im Camp mit dabei zu haben.
In den ersten Nächten wurden insgesamt 183 Tiere abgefangen – unter anderem am Königsfließ bei Kümmernitz. Dabei gingen elf Arten ins Netz – im Landkreis existieren insgesamt 16 Arten. Mit fünf Teams wurden zudem die Kästen kontrolliert, wobei sich etliche Langohr-, Fransen- und Rauhautfledermäuse anfanden. Rar machten sich hingegen Zwerg- und Mückenfledermäuse sowie die Abendsegler.
In diesem Jahr waren die Jungen in den Wochenstuben sehr unterschiedlich entwickelt. Es gab einen Winzling von 2,9 Gramm, die Größeren brachten es auf bis zu 7,1 Gramm. Diese Entwicklung liegt am unsteten Frühjahr, vermuten die Forscher: Der Winter war zeitig zu Ende, dann folgte erneute Kälte.
In einem der Kästen fanden sich 68 Tiere an: Rauhäute, welche sehr sozial leben. Es herrschte eine enorme Hitze darin, die hinteren Tiere waren nass von Schweiß und Urin.