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Niedrige Milchpreise Bauer kämpft ums Überleben

Einst war die Milch das weiße Gold vom Bauernhof, heute ist sie kaum noch etwas wert. Die Milchbauern kämpfen ums Überleben.

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 27.04.2016, 01:01

Schönhausen l Stolz ist Christian Bleis, wenn er durch seinen Stall läuft und die zufriedenen Kühe beim Fressen sieht. Der Stall ist sauber und modern, ermöglicht den Kühen ein freies Umherlaufen auch ins Freie, wo gleich nebenan die Rapsfelder blühen. Doch diese Idylle trügt und die dunklen Wolken, die gestern am Himmel über die Stallanlagen am Schönhauser Bauerndamm hinweg ziehen, sind Symbol für die Situation von Christian Bleis und aller Milchbauern in Deutschland: Statt der fairen 40 Cent, die sie pro Liter Milch eigentlich bezahlt bekommen müssten, sind es gerade mal 25 Cent. Das Angebot an Milch steigt im Frühling, weil sich die Milchleistung und die Anzahl der Abkalbung gehöht – nach der Abkalbung ist die Milchmenge generell höher. Die Preise werden also noch um weitere zwei bis vier Cent fallen.

„Wie lange wir das durchhalten können?“ fragt sich der Bauer voller Sorgen. Fünf Beschäftigte stehen in dem Betrieb, den er 1991 aufgebaut und in den er immer wieder investiert hat, in Lohn und Brot. „Der psychische Druck ist kaum noch zu ertragen und die Motivation im Keller. Die Banken sitzen mir im Nacken und wir verdienen gar nichts mehr mit der Milch – im Gegenteil, wir schießen sogar noch zu.“ Einsparpotenziale sieht Christian Bleis kaum. „Wo soll man bei Tieren sparen? Am Futter jedenfalls nicht! Ihnen soll es gut gehen und sie sollen qualitativ hochwertige Milch abliefern.“

Seit Jahren spornt die Politik die Bauern mit Fördermitteln unter dem Motto „wachsen oder weichen“ dazu an, zu investieren und neue Kuhställe zu bauen. Das hat Christian Bleis getan. Die Kredite, die er dafür aufgenommen hat, müssen zurückgezahlt werden. Aber wovon, wenn am Ende nichts übrig bleibt? Die Milch ist seine größte Einnahmequelle, der Ackerbau spielt nur eine untergeordnete Rolle. „Und für Getreide sind die Preise ebenfalls im Keller, einzig Raps wird noch gut bezahlt.“ Doch davon hat er nur 20 Hektar – selbst wenn die Ernte gut ausfällt, ist das ein Tropfen auf den heißen Stein.

Seit Ende 2014 geht es mit den Preisen bergab. Der Weltmarkt ist offen, ein Überangebot an Milch da, weil es keine Milchquote mehr gibt. Andere Länder produzieren Milch günstiger, nirgends sind die Vorschriften strenger als in Deutschland. „Es ist ein Teufelskreislauf. Die Betriebe, die noch existieren, müssen immer mehr Milch produzieren, um die Verluste auszugleichen und zu überleben. Dadurch aber ist immer mehr Milch auf dem Markt und die Preise fallen weiter.“

Christian Bleis, der derzeit 330 Milchkühe hat, ist ratlos und besorgt, wenn er an die Zukunft denkt. „Ich bin Bauer mit Leib und Seele. Aber wie lange noch?“