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Pferdemarkt Schlange stehen muss sein

Alle Jahre wieder das gleiche Spiel am Montag vor dem Havelberger Pferdemarkt: Jeder will zu den Ersten gehören.

Von Andrea Schröder 02.09.2019, 20:41

Havelberg l Abbiegen in die Elbstraße geht am Montagmorgen noch, doch weit hinein nicht mehr. Eine lange Autoschlange steht auf der rechten Straßenseite. Der Parkplatz am Haus der Flüsse ist gut gefüllt. Auch aus der Straße am ehemaligen Betonsteinwerk versuchen Fahrzeuge auf die Elbstraße zu gelangen. Sicherheitsdienst und Polizei haben gut zu tun. „Wenn die Autofahrer mal das machen würden, was wir sagen, dann würde alles besser funktionieren“, sagt ein Polizist. Damit die Autoschlange in der Elbstraße nicht zum Rückstau auf der B 107 führt, sollen die Fahrzeuge auf den Parkplatz fahren und da in Reihen auf die Weiterfahrt warten. Das funktioniert nur bedingt.

Ziel aller sind die Einfahrten zum Kleinhandels- und Handeslplatz, die sich kurz vor acht öffneten. Die Pferdehändler durften schon ab 6 Uhr auf den Platz rechterhand im Havelberger Mühlenholz fahren. „Am Sonntagabend mussten wir die Elbstraße bereits sperren und haben alle Fahrzeuge auf den Bypass am Betonsteinwerk geleitet, damit die Bundesstraße frei bleibt“, berichtet Marktmeister Dieter Härtwig. Alle Jahre wieder versucht die Marktleitung schon im Vorfeld, die Auffahrsituation zu entkrampfen. In diesem Jahr sollte die Umleitung über den Parkplatz zur Problemlösung beitragen. Der Bypass Richtung Friedenshort war am Montagmorgen auch fast bis zur Bundesstraße dicht.

Alle Jahre wieder stellt sich der Marktmeister zudem die Frage, weshalb überhaupt so viele schon am Sonntag oder noch eher anreisen wollen und dann die Nacht in der Elbstraße im Auto übernachten. Ihre Verträge haben sie alle schon in der Tasche. Und damit ihren Platz sicher. „Man könnte also ganz entspannt Montagmittag anreisen“, findet Dieter Härtwig. Doch das sehen viele Händler ganz anders. Sie wollen alle mit zu den Ersten gehören, die auf den Markt fahren und ihre Stände aufbauen können.

Warum? „Wir können viel besser aufbauen, wenn noch nicht so viele da sind, da geht alles viel leichter“, sagt Christian Mende aus Vinzelberg. Er wird bis Sonntag Gegrilltes auf dem Handelsplatz anbieten. Mit dabei ist Axel Bleiß. „Dieses Mal bin ich erstmals als Angestellter hier, sonst war ich immer als Besucher hier. Ich freue mich jedes Jahr auf den Pferdemarkt.“

So geht es auch Mario Cleve. „Ich fahre seit 20 Jahren nach Havelberg zum Pferdemarkt, mein Halbbruder schon seit über 30 Jahren“, erzählt er. „Man hat weniger Stress beim Hochfahren und kann seinen Platz ganz in Ruhe aufbauen“, erklärt er, weshalb er sich schon am Sonntag gegen 16.30 Uhr von seinem Zuhause im Raum Zerbst in Richtung Havelberg aufgemacht hat. Im richtigen Leben Tierarzt, freut er sich beim Pferdemarkt „auf eine Woche Männerurlaub. Unsere Frauen kommen mit den Familien dann am Wochenende“. Bekannte treffen und Party machen – das ist das, was vielen am Pferdemarkt gefällt. Die Wiedersehensfreude ist groß. „Und wenn einer aus der Runde gestorben ist, ist man traurig. Man kennt sich ja hier seit Jahrzehnten.“ Viele Geschichten hat er schon erlebt. „Letztes Jahr kam ich mitten in der Nacht mit einem Pony und einem Fohlen unterm Arm zu meinem Platz zurück. Ich hatte es gewonnen, fand aber zum Glück schnell einen Käufer dafür.“

Das ganze Jahr über sammelt er Trödel, um damit auf dem Pferdemarkt handeln zu können. Auch der Kindergarten seines Heimatortes hat was mitgegeben. Klar, dass die Kinder was vom Erlös abbekommen. Ebenso die Enkelkinder, die sich schon auf den Rummelbesuch freuen. Und die Feuerwehr zu Hause. „Der Hänger ist dieses Mal bis oben gefüllt. Da kriegt jeder was ab.“

Während die einen noch Schlangestehen, ist auf den Plätzen großes Hämmern zu hören. Zelte und Stände werden aufgebaut. Auf dem Handelsplatz pflocken Mitarbeiter des Rathauses noch die letzten Stellplätze aus. Auf dem Schaustellerplatz sieht es so aus, als könnte der Rummel heute schon losgehen. Weil der August in diesem Jahr fünf Wochenenden hatte, hatten etliche am letzten keinen Standplatz und sind schon angereist. Der Vorteil: Das Aufbauen geht entspannter. Der Nachteil: Wenn ein Schausteller kurzfristig absagt, wie gerade geschehen, kann nur einer nachrücken, der noch genau in den leeren Bereich passt. Das nebenan aufgebaute Geschäft zwei Meter nach links oder rechs zu verschieben, geht dann nicht mehr, sagt Dieter Härtwig. Er ist optimistisch, dass der Pferdemarkt 2019 wieder ein guter wird. Ein bisschen Regen würde er sich noch wünschen. Alles ist total trocken und es staubt.

Auf dem Pferdehandelsplatz haben die Händler ihre Pferde in Boxen gestellt. Die Anbindehaltung ist ab sofort tabu. Das ist für die Familien Kollmann und Tafili gar kein Problem, sie machen das schon lange so. Mit sechs Pferden und einem spanischen Andalusier-Muli sind sie von München angereist. Sie sind schon seit Ostzeiten auf dem Pferdemarkt, erzählen sie. „Weil wir hier Urlaub machen, die Geselligkeit genießen und mit Freunden zusammenkommen.“

Bis Montagabend wurden 197 Pferde aufgetrieben. 306 Kleinhändler und 48 Pferdehändler sind angereist sowie 29 Händler auf dem Handelsplatz.