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Statt Boot nun Unimog: Feuerwehr holt Kraftstoff und Lebensmittel täglich mehrfach von der Tangermünder Brücke ab Schönhausen: Viele Häuser bleiben verschont, Land unter im Altdorf und im Wiesengrund

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 19.06.2013, 03:14

In vielen Straßen Schönhausens sieht es aus, als wäre nichts gewesen. Doch fährt man zur Breitscheidstraße, in die Märsche oder den Wiesengrund, sieht man das Ausmaß der Katastrophe, die das Fischbecker Deichbruchwasser angerichtet hat.

Schönhausen l Tagelang hielt die Schönhauser Feuerwehr mit dem Boot Verbindung nach Tangermünde, holte Kraftstoff, Getränke und Lebensmittel. Oder Ärzte, die zur Versorgung nach Schönhausen mussten. Das Wasser ist soweit gefallen, dass das Boot seit Montagmittag nicht mehr verkehren kann. Muss es auch nicht. Denn die Straße bis zur Tangermünder Brücke ist seit vorgestern wieder mit dem Unimog der Gemeinde passierbar. "Sie ist, soweit man das sehen kann, an nur wenigen Stellen beschädigt", erklärt Feuerwehrmann und Gemeindearbeiter Mario Pultermann. Neben den Kurierfahrten hat die Feuerwehr genug andere Dinge zu tun. Das Retten von Tieren beispielsweise. Wenn sie noch leben, ist das eine Freude für alle. Auch Tierschützer waren schon im Boot dabei, schlugen sogar eine Fensterscheibe ein, um eine Katze an Land zu bringen.

Kaum Engpässe bei Lebensmitteln

Wehrleiter Karl-Heinz Pick hat zusammen mit Maik und Mario Pultermann, Henry Wiggert, Uwe Koch, Jens Heinze und Jörgen "Flatti" Vogel Quartier im Obergeschoss des Gerätehauses bezogen. Auch das steht im überfluteten Teil der Breitscheidstraße. Hierhin hatte sich am Montag letzter Woche das Wasser als erstes seinen Weg gebahnt. Es zog weiter rund um das Dorf, überflutete die Körnerstraße, die Märsche, schwappte über die B107 in den Wiesengrund und einen kleinen Teil der Bismarckstraße. Bis zu anderthalb Meter hoch stand das Wasser in den Häusern. Auch Betriebe wie Thermoplast oder der NP-Markt und die Geschäfte nebenan haben große Schäden erlitten. Inzwischen drohen Scheunen oder Baracken einzustürzen.

Versorgungsengpässe mit Lebensmitteln gibt es kaum, es gibt Notrationen; die Bäckerei Groß betreibt mit dem Notstromaggregat den Backofen, die Gaststätte Eckhoff ist offen.

An verschiedenen Stellen im Dorf gibt es Treffpunkte, an denen sich die Menschen versammeln, um zu essen und sich die Sorgen von der Seele zu reden. Solch ein Treffpunkt befindet sich in der Heinestraße auf dem Grundstück von Manfred Pultermann. Er hat seiner Cousine Monika Horn den Schlüssel für ein großes Nebengebäude überlassen, in dem sich einst eine Videothek befand. Zusammen mit Heike Podschuweit und Dagmar Dobkowicz bereitet Monika Horn hier täglich bis zu 50, 60 Portionen Mittagessen zu. Monika Horn ist selbst von der Flut betroffen. Denn ihre beiden Bungalows am Schönfelder See stehen unter Wasser, "aber das ist gar nichts im Vergleich, was andere verloren haben". Sie ist Krankenschwester in Uchtspringe, achtet auf peinliche Sauberkeit: "Wer zum Essen kommt, wäscht die Hände und benutzt auch Desinfektionsmittel."

Melkanlage läuft, aber Milch wird weggekippt

Für sie und ihre beiden Mitstreiterinnen ist es selbstverständlich zu helfen. "Wir sind froh, dass wir etwas tun können, das lenkt von all dem ab, was im Elbe-Havel-Land passiert ist." Geschnetzeltes, Soljanka und Erdbeerkuchen stehen beispielsweise auf dem Tagesplan. "Jeder bringt von zu Hause mit, was er noch im Kühlschrank hat. Und die Gärten geben ja auch schon etwas her. Eier haben wir in Hülle und Fülle." Die Frauen beliefern auch die Menschen in Schönhausen, die nicht mehr selbst zum Essen kommen können, "die freuen sich riesig, auch mal ein paar Worte loszuwerden".

Existenzielle Sorgen plagen die Schönhauser Landwirte. Nicht nur, dass all ihre Äcker unter Wasser stehen - sie können auch die Milch nicht abliefern, die die Kühe geben. "Es kommt ja kein Fahrzeug zu uns durch", erklärt Gottfried Bauch von der GbR Bauch/Briest. Auch Christian Bleis am Bauerndamm oder Martin Keijzer im Kabelitzer Weg blieb keine Zeit, das Vieh zu evakuieren - zu schnell war das Wasser gekommen und hat die Anlagen umspült. Trocken stehen die Tiere zwar dank Pumpen, und Notstromaggregate sorgen dafür, dass die Melkanlage läuft, die Ablieferung ist allerdings noch nicht möglich. Mit jedem Tag, an dem das Wasser sich zurückzieht, steigt die Hoffnung, dass die Laster, wenn auch über lange Umwege, wieder nach Schönhausen kommen. Tierarzt Christian Löffler setzt täglich mit dem Paddelboot vom Damm über, um die Tiere zu kontrollieren.

Mit Fahrrad und Traktor hat Bürgermeister Bernd Witt am Montag eine Erkundungstour unternommen. Bis nach Wust ist er gekommen, "auf Höhe des Parkplatzes sind zwei Drittel der B 188 weggebrochen". Mit einem hohen Fahrzeug kommt man auch weiter Richtung Rathenow.