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Schulumbau Soll sich die Stadt nackig machen?

Seit Jahren sucht die Hansestadt Havelberg nach einem passenden Förderprogramm für den Umbau der alten Sekundarschule zur Grundschule.

Von Andrea Schröder 13.05.2020, 01:01

Havelberg l Jetzt soll der Stadtrat einen Grundsatzbeschluss fassen, ob er die Investition unter den derzeit möglichen Förderbedingungen überhaupt vornehmen möchte. Verschiedene Förderanträge hat die Stadtverwaltung in den vergangenen Jahren gestellt, um die alte Sekundarschule zur Grundschule umzubauen. Doch nie gab es ein passendes Programm. Das Gebäude steht seit dem Umzug der Schüler im November 2013 in das durch den Landkreis sanierte Schulzentrum leer.

Von Förderprogrammen für Schulen ist öfter zu lesen. Doch passen die Modalitäten nicht für Havelberg oder die dafür bereitgestellten Summen teilen sich für alle Schulen so auf, dass das Geld, das Havelberg bekäme, nicht mal annähernd für das ehrgeizigen Vorhaben ausreichend wäre. Das sagte Kämmerin und Bauamtsleiterin Petra Jonschkowski am Montag in der Sitzung des Kultur- und Sozialausschusses.

Dieser Fachausschuss ist der erste, der sich mit dem „Grundsatzbeschluss zur Vorbereitung und Umsetzung einer Investitionsmaßnahme“ beschäftigt. Am Mittwoch will sich der Bauausschuss damit befassen. Der Hauptausschuss berät am 8. Juni darüber, bevor der Stadtrat dann voraussichtlich am 25. Juni darüber beschließt. Eine Arbeitsgruppe befasst sich seit längerem mit dem Thema.

Nach derzeitigem Stand wäre eine Förderung nur über das städtebauliche Förderprogramm möglich, sagte die Kämmerin und berichtete, dass eine Voraussetzung dafür ist, dass die Stadt ihr Stadtentwicklungskonzept überarbeitet, um den Schulstandort mit aufzunehmen. Das Land hat die Stadt gerade erst im Rahmen der Neustrukturierung der Städtebauförderung in das Programm „Lebendige Zentren“ eingeordnet. Künftig gibt es nur noch diesen einen Topf für Havelberg. Grundsatz ist hier eine Zwei-Drittel-Förderung. Unter bestimmten Bedingungen, etwa wenn sich eine Stadt in Konsolidierung befindet, sind 90 Prozent möglich. Das setzt allerdings voraus, dass die Stadt Anlagevermögen, das sie nicht zur Erfüllung kommunaler Aufgaben benötigt, veräußern muss, machte Petra Jonschkowski deutlich. Und auch, dass, wer diesem Beschluss zustimmt, auch nachfolgenden Beschlüssen etwa zum Veräußern von Vermögen seine Zustimmung geben müsste. Dieser Grundsatzbeschluss allein würde nicht funktionieren.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass mit dem Schul- umbau eine Kulisse gefördert wird. Deshalb sind in dem über sechs Jahre gesplitteten Finanzierungsplan auch der Bau der Pestalozzistraße, die Gestaltung der Nebenanlagen und des Eichenwaldes als öffentliche Grünanlage enthalten. Außerdem der Teilrückbau und die Sanierung der jetzigen Grundschule für den Hort.

Der erste Bauabschnitt ist für 2022 vorgesehen. Für den Umbau gibt es eine Planung aus dem Jahr 2017. Da waren knapp 3,5 Millionen Euro erforderlich. Die Kämmerin hat aktuell 20 Prozent aufgeschlagen. Jedoch hat sie in anderen Kommunen gefragt, wie viel teurer Schulbauten geworden sind. Demnach müsste die Stadt sogar mit 50 Prozent Aufschlag rechnen. Für die Kostenberechnung hat sie aber die 20 Prozent veranschlagt.

Für alle Baumaßnahmen rechnet die Stadtverwaltung derzeit mit insgesamt 6,252 Millionen Euro. Bei zehn Prozent Eigenanteil wären 625.200 Euro erforderlich. In den ersten beiden Jahren wären das 171.000 und 197.000 Euro. Zu bedenken dabei ist, dass die Investitionsmittel der Stadt jährlich bei um die 300.000 Euro liegen, gab Amtsleiter André Gerdel zu bedenken. „Für alles andere, was invenstiv nötig wäre, wäre nicht mehr viel übrig. Und wir müssten uns mit Blick darauf, dass wir vorher Vermögen veräußern müssten, nackig machen.“ Petra Jonschkowski bekräftige das: „Solange wir noch Reserven haben, bekommen wir keine 90 Prozent Fördermittel. Zwei Millionen Euro Eigenanteil bei einer Zwei-Drittel-Förderung könnten wir uns nicht leisten, zumal wir noch vier Millionen Euro Schulden aus der kameralistischen Haushaltsführung vor uns her schieben.“

Wichtig zu wissen ist auch: Möglich ist, dass die Hansestadt aufgrund der Jahresscheiben in den sechs Jahren keine anderen Vorhaben aus dem Programm gefördert bekommt, weil der städtische Anteil, gemessen an den insgesamt verfügbaren Mitteln, bereits hoch ausfällt. Fördergelder etwa für private Baumaßnahmen im Denkmalbereich könnten fehlen.

„Der politische Wille für den Umbau muss da sein. Zugunsten der Grundschule würden wir Vermögen veräußern“, sagte Herbert Luksch, Fraktionsvorsitzender der Linken. Angesichts der Zahlen ist es für ihn schwierig, für diesen Grundsatzbeschluss zu stimmen, sagte Ausschussmitglied Tino Rosenburg (CDU) und brachte mit dem Neubau einer Schule eine andere Variante ins Spiel.

In diesem Zusammenhang nannte André Gerdel die Funktionalität der Grundschule. Möglicherweise wäre es in einem Neubau besser, eine Schule mit Aula sowie vernünftigen Klassen- und Fachräumen nach eigenen Vorstellungen zu gestalten, die auch noch energieeffizient gebaut werden könnte. Lothar Frontzek (SPD) erinnerte daran, dass sich seine Fraktion seit längerem für den Schulumbau „in dem Gebäude, das Substanz hat, engagiert und es nicht dem Abriss preisgeben will. Wir haben auch über einen Neubau diskutiert und waren uns einig, dass wir den Schulkomplex als städtebauliches Ensemble gestalten wollen. Nach jahrelanger Diskussion sollten wir das jetzt angehen“. Sein Fraktionskollege Bert Sturm ergänzte: „Hier geht es um einen Grundsatzbeschluss. Heute brauchen wir uns nicht lange über Details zu unterhalten.“ Ausschussvorsitzende Doreen Müller bekräftigte, dass die CDU-Fraktion hinter dem Projekt Schule stehe, jedoch – angesichts der aktuellen corona-bedingten Situation – an die Verantwortung der Stadt gegenüber anderen Bereichen denke.

Auf den Einwand von Andrea Albrecht, sachkundige Einwohnerin und langjährige Elternvertreterin, dass bei der Diskussion an ausreichend Platz für alle Schüler zu denken ist, sagte der Amtsleiter, dass die Kapazität der jetzigen Grundschule – in der sich auch der Hort befindet – ausreichend ist. Auch dann, wenn im Zuge der Neuordnung der Schuleinzugsbereiche die Kinder aus den Havelberger Ortschaften Warnau, Garz und Kuhlhausen, die derzeit die Sandauer Schule besuchen, wie gewünscht nach Havelberg kommen.

Fünf Ausschussmitglieder stimmten für den Grundsatzbeschluss, zwei dagegen.