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Sommerfest Ein Wiedersehen für die Ehemaligen

Das Sommerfest in Waldfrieden erfreut sich zunehmender Beliebtheit - auch unter seinen ehemaligen Bewohnern.

Von Ingo Freihorst 06.08.2019, 16:20

Waldfrieden l „Unsere kirchliche Trauung hier in der Kapelle war 1976 die letzte gewesen“, berichteten die ehemaligen Waldfriedener Sigrid, geborene Neumann, und ihr Mann Wolfgang Frank. Das Paar lebt jetzt in Berlin und war anlässlich des Sommerfestes in die alte Heimat der damaligen Braut zurückgekehrt. Die Frauen aus Waldfrieden hatten damals die Girlande für die Trauung geflochten, die Nägel für diese sind heute noch zu sehen. Nicht alle Gäste fanden in der kleinen Kapelle Platz, etliche mussten von draußen der Zeremonie zuschauen. „Zum Sommerfest sind wir aber immer wieder gern hier“, so die einhellige Meinung der Berliner.

Sie sind nicht die einzigen Ehemaligen: Gleich neben der Festwiese hatte einst Günter Herder gewohnt, er wurde 1950 geboren und wuchs hier im stillen Waldfrieden auf. Er wohnt jetzt in Groß Pankow in der Prignitz und kommt jedes Jahr zum Sommerfest nach Waldfrieden – es war übrigens das siebente. „Es kommen immer mehr Ehemalige her, wir hatten auch schon unser Cousin- Cousinen-Treffen hier gefeiert“, berichtete der Prignitzer. Noch am Vormittag hatte er zur Einschulungsfeier in Groß Pankow 18 Tauben in die Luft steigen lassen – eine für jeden Einschüler.

Zu denen, welche erstmals am Fest teilnahmen, gehörte Sigrid Witter aus dem 400 Kilometer entfernten thüringischen Apolda. Beim Ostseeurlaub hatte sie vom Fest erfahren, auf der Rückreise wurde halt ein Zwischenstop eingelegt. Sie war bis 1985 im Dorfkonsum im Erdgeschoss des einstigen Schlosses tätig, danach zog sie wieder zurück in ihre alte Heimat. Seitdem war sie nie wieder in Waldfrieden.

Im Waldfriedener Konsum war bis zum Anfang der 1970er Jahre auch Karola Bauer tätig, die Seniorin wohnt seitdem in Havelberg. Der Schriftzug „Konsum“ prangt immer noch am alten Fenstergitter, hinter dem sogar noch einige „Waren des täglichen Bedarfs“ zu sehen sind: Schnapsflaschen.

Ins Leben gerufen hatte das Sommerfest vor sieben Jahren Klaus-Helmut Krumm, welcher die Rentner von Joachimshof betreute. Er hatte die ersten Jahre den Hut auf, inzwischen hat ihn Heiko Walter „beerbt“. Er steht im Bierwagen, welcher erstmals für das Sommerfest ausgeliehen wurde. Alle alkoholfreien Getränke gibt es gratis, ebenso Kaffee und Kuchen. Dafür steht am Ausgang eine Spendenbox. Die Einwohner backen Kuchen und bereiten diverse Salate zu. Zudem gibt es einige Sponsoren. Um 20 Einwohner gehören zum Helferteam – bei 47 Einwohnern! Beim Kuchenbasar im Schloss standen 16 Backwerke auf dem Tisch.

Dass das Schloss, was viele Jahre leerstand und zusehends zerfiel, wieder zum Leben erweckt wurde, ist dem Verein „Rittergut Todtenkopf und Landschaft“ und vor allem dem Vorsitzenden Roland Wierling zu verdanken. So mancher aus Vehlgast-Kümmernitz zweifelt daran, dass Waldfrieden je ein Rittergut war. Heimatforscher Helmut Knopf aus Havelberg hat gesucht und einen Vermerk im „Landwirtschaftlichen Güter-Adressbuch der Provinz Brandenburg“ von 1929 gefunden. Unter dem Kreis Westprignitz ist auch Todtenkopf vermerkt, wohinter ein „Rg“ steht. Das Kürzel steht für Rittergut, erklärt die Legende. Waldfrieden hieß bis 1945 Todtenkopf. Man erfuhr zudem, dass Baron Werner von Saldern hier Stiftshauptmann war und Revierförster Kremling der Verwalter.

Der Reinertrag der Grundsteuer belief sich auf 6455 Mark. Das recht große Gut umfasste 660 Hektar, wovon 500 Hektar Holzungen und 60 Hektar Acker und Gärten waren. Ausgewiesen wurden zudem elf Pferde, neun Kühe und zehn Schweine.