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Staubeirat Konträre Meinungen zum Havelstau

Es war zu erwarten, dass es beim Havelstaubeirat, der in Havelberg tagte, wieder konträre Standpunkte geben wird.

Von Ingo Freihorst 06.04.2018, 01:01

Havelberg l Die Stauhaltung der Havel ist ein hochkomplexes Thema: Immerhin 28.000 Quadratkilometer Land – ein Viertel der Fläche Ostdeutschlands – gehören zum Einzugsgebiet. Jedes Jahr werden die Stauziele neu festgelegt, es ist immer wieder ein Kompromiss zwischen sehr verschiedenen Nutzerinteressen.

Auf der einen Seite stehen die Landwirte, welche zur Beratung im Rathaus zahlreich erschienen waren. „Durch die Stauhaltung entsteht Schaden an ihrem Eigentum, wer entschädigt sie dafür?“, wollte Edgar Grund, Justitiar des Bauernverbandes, wissen. So kam Hartmut Fritze aus Wöplitz im Vorjahr nicht auf seine Wiesen, die Mahd fiel buchstäblich ins Wasser. Bei Bernd Flader in Vehlgast ist noch immer „Land unter“, auch Hubert Aselmeyer aus Rehberg kämpft mit vernässten Feldern. Sie alle wünschen sich niedrigere Stauziele, einen Beginn des Absenkens der Havel schon im Mai oder Juni sowie Pumpbetrieb bei vernässten Poldern.

Wegen der Nässe wachsen auf den Grünflächen nur noch wertlose Pflanzen wie Spitzwegerich und Ampfer, auch der Ertrag sei weitaus geringer als früher, erklärte Jens Köpke. Mit Natura 2000 kommen schärfere Auflagen auf die Landwirte zu, im Gegenzug werden Fördergelder nach und nach gekürzt oder ganz gestrichen. Er habe eine Verantwortung für seine Angestellten. Und: Wenn es sich für den Landwirt nicht mehr lohnt, werden die Flächen nicht mehr bewirtschaftet – was ja auch nicht im Sinne des Naturschutzes sei.

Auf Antrag des Naturschutzbundes Nabu wird die Havel seit zwei Jahren durchflussabhängig gestaut. Es gibt keine starren Grenzen mehr, die Stauhaltung richtet sich nach dem Durchfluss: Wird das Normalstauziel im Schnitt von fünf Tagen um 20 Kubikmeter je Sekunde überschritten, wird der Wasserspiegel abgesenkt und umgekehrt. Der Nabu, der die Untere Havel renaturiert, will, dass diese Regelung drei Jahre bestehen bleibt, dann kann man besser auswerten. Fünf Jahre hatten die Vorbereitungen gedauert, informierte Projektleiter Rocco Buchta vom Nabu.

Die Landwirte haben hier und andernorts das große Problem, dass alte Niedermoorgebiete degenerieren, informierte Dr. Wilko Trapp vom Umweltamt des Landkreises. Das bestätigte auch der für die Gräben zuständige Uwe Klemm vom Unterhaltungsverband: Pro Jahr versinkt das betroffene Land um ein, zwei Zentimeter. Die Gräben zu vertiefen geht nicht mehr, das Wasser kann somit nicht abfließen.

Konträr zu den Landwirten stehen die Forderungen der Fischer und des Naturschutzes: Es soll möglichst lange angestaut werden, damit die Fischbrut auf den Wiesen geschützt aufwachsen kann, ebenso der Nachwuchs von Insekten (wichtig auch als Bestäuber), Amphibien und Vögeln. Sämtliche Bestände sind inzwischen dramatisch eingebrochen.

Was bei den Stauzielen auch herauskommt, es wird immer ein Kompromiss bleiben.