1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Havelberg
  6. >
  7. Von der Havel an die Spree

Umzug Von der Havel an die Spree

Wenn Havelbergs Pfarrer davon spricht, zu neuen Ufern aufzubrechen, ist das wörtlich zu nehmen. Die Familie zieht an die Spree.

Von Andrea Schröder 10.10.2020, 15:00

Havelberg l In der Berlin-Brandenburgischen Kirche ist es seit 2004 die Regel, dass Pfarrstellen nach zehn Jahren neu besetzt werden. Und so beschäftigte sich Pfarrer Frank Städler nach acht Jahren in Havelberg schon mit der Frage, wo es ihn und seine Familie hinverschlägt. „Dass man ein ganzes Pfarrleben in einer Gemeinde bleibt, ist heute eher nicht mehr der Fall. Der Wechsel nach zehn Jahren ist keine Muss-, aber eine Soll-Regel. Sie hat den Vorteil, dass man als Pfarrer die Möglichkeit bekommt, Neues anzufangen, und die Gemeinde andere Pfarrer kennenlernen kann. Der Nachteil ist, dass man alles zurücklässt, was man schätzen und lieben gelernt hat“, sagt Frank Städler.

Im November 2011 waren Städlers erstmals in Havelberg und hatten sich Stadt und Dom angeschaut. Im Februar darauf votierten die Kirchenräte Havelberg und Nitzow nach dem Vorstellungsgottesdienst einstimmig für den neuen Pfarrer, der dann im Juli 2012 seinen Dienst antrat. Acht Jahre später sagt er: „Man wird innerlich unruhig und macht sich Gedanken, wo man als Kirchenbeamter nach zehn Jahren hingeht. Im Sommer war die Pfarrstelle in Beeskow ausgeschrieben und wir haben überlegt, ob es das sein könnte.“ Mit seiner Frau Kathrin und Tochter Amalie fuhr er in die kleine Kreisstadt an der Spree, unweit von Frankfurt/Oder gelegen. Kirche – wie der Havelberger Dom Sankt Marien gestiftet –, Pfarrhaus, Gemeindegarten und die Stadt mit der prägenden Burg gefielen. Frank Städler bewarb sich um die Stelle.

Tochter Amalie, als Jüngste von drei Kindern noch zu Hause lebend, setzt dort nach den Herbstferien die 11. Klasse fort. Ein Grund dafür, weshalb der Umzugswagen schon nächste Woche nach Beeskow fährt. Sie soll auf dem Weg zum Abitur nicht so viel Unterrichtsstoff verpassen, erklärt Kathrin Städler.

An seinem neuen Arbeitsort freut sich Frank Städler auf eine gute Zusammenarbeit mit den Menschen dort, von denen er schon einige kennengelernt hat, und mit den Kollegen. Die Gemeinde ist größer. Es ist eine Verbundgemeinde mit zwei Pfarrstellen, Kantor und Gemeindepädagoge.

Zurückblickend auf die Zeit in Havelberg, wird der 51-Jährige den Dom vermissen. Er war es damals, der an der neuen Pfarrstelle reizte. Und die Menschen hier. „Wir haben mit ganz vielen lieben Menschen über Jahre eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gehabt und tolle Sachen gemacht. Es sind immer auch emotionale Beziehungen, die entstehen. Insofern tut es schon weh, zu gehen“, sagt der Pfarrer. „Havelberg ist wirklich schön und der Dom nicht zu toppen. Ich werde auch die Landschaft vermissen. Die Havelwiesen bei Garz sind wunderschön. Und der Blick auf den Dom, wenn man nach Havelberg zurückkommt“, sagt Kathrin Städler. Als Religionswissenschaftlerin hat sie hier das Projekt „Spiritualität am Dom“ initiiert und mit verschiedenen Angeboten wie Domladen mit Ehrenamtlichen, die den Dom regelmäßig öffnen, Kräuterseminaren, Gartenrunde, politischen Stammtischen und anderem mehr das Angebot bereichert. Nach fünf Jahren ist das Projekt nun ausgelaufen.

Die Zeit in der Hansestadt war von verschiedenen Höhepunkten geprägt: Sie begann mit der Vorbereitung auf die Bundesgartenschau, bei der dann 2015 der Dom mitten im Ausstellungsbereich lag – „das war eine einmalige Sache“. 2017 wurden 500 Jahre Reformation gefeiert. In diesem Jahr standen 850 Jahre Domweihe auf dem Programm.

„Die Möglichkeiten, die der Dom durch seine exponierte Lage bietet, sind enorm. Er öffnet Tore zur Zusammenarbeit, wie zum Beispiel mit der Straße der Romanik in Sachsen-Anhalt, wo wir uns an der Predigtreihe zum 25-jährigen Jubiläum beteiligt haben“, so Frank Städler. Zum Domjubiläum war für dieses Jahr viel geplant. Corona hat einen Strich durch die Rechnung gemacht. Doch mit dem Festgottesdienst am Tag genau 850 Jahre nach der Domweihe am 16. August 1170 und dem Radiogottesdienst vor wenigen Wochen im Deutschlandfunk mit 400 000 Zuhörern und zwei Stunden Gespräche am Hörertelefon im Anschluss gab es würdige Feiern. Für nächstes Jahr ist „850+1“ geplant. Etwa mit dem Domfest, das künftig immer um den Termin der Domweihe im August stattfinden soll.

Mit der Flutkatastrophe 2013 und Andachten in der Turnhalle mit Hochwasseropfern und der Flüchtlingsproblematik 2015 galt es Krisen zu meistern.

Auch bauliche Sachen forderten den Pfarrer am Havelberger Dom. Die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt saniert gerade das Dach am Hauptschiff. „Wir haben vorgeschlagen, als nächstes die Fenster im Paradiessaal zu doppeln, denn wir heizen zum Fenster raus.“ Die Stadtkirche wurde in Vorbereitung auf die Buga und danach in bisher vier Bauabschnitten saniert. Derzeit erfolgt die Orgelrestaurierung. Dringend notwendige Arbeiten an der Südseite und am Turm wird sein Nachfolger baulich begleiten dürfen, hofft der Pfarrer.

Speziell für Havelberg ist übrigens auch die Domhospitalstiftung mit ihren Wurzeln im Jahr 1558. Das Stadtkirchencafé mit Senioren unabhängig ihrer Konfession ist ein Resultat dieser Arbeit. Auch die Benefizkonzerte im Advent zusammen mit der Bundeswehr und der Stadt sind etwas Besonderes. Ebenso wie die Verbindung von Kirche und Tourismus und die daraus resultierenden Möglichkeiten. „Die werden uns fehlen. Dafür können wir uns in Beeskow mehr auf die Gemeindearbeit konzentrieren.“ Viele Gespräche hat es in den zurückliegenden Wochen gegeben, damit das Gemeindeleben gut fortgesetzt werden kann und es auch Ansprechpartner für die Ehrenamtlichen gibt.