Bürger wollen mehrheitlich Windanlagen in Tangeln / Sondergebiet geplant Günter Willer: "Langfristig wollen wir ein autarkes Dorf aufbauen"
Deutschlandweit gibt es 99 Bioenergiedörfer. In Sachsen-Anhalt sind es nur zwei, und beide liegen in der Altmark. In Tangeln wurden die Weichen für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien gestellt.
Tangeln l "91 Prozent haben unser Projekt befürwortet und wollen mehr darüber erfahren", sagte gestern Günter Willer, Vorstandsvorsitzender des Landwirtschaftlichen Unternehmens Tangeln, rückblickend zum Informationsabend am Wochenende. Mehr als 80 Einwohner aus Tangeln und Umgebung waren in das Dorfgemeinschaftshaus gekommen, um sich über das neue Projekt Bürgerwindgenossenschaft zu informieren.
Das positive Votum der Bürger war die Grundlage dafür, dass die Gemeinde Beetzendorf den Antrag auf die Ausweisung eines Sondergebietes für Windnutzung und den Aufbau von Windkraftanlagen in Tangeln bei der Regionalen Planungsgemeinschaft stellt. "Das Bürgerinteresse ist da, deshalb werden wir den Antrag auf den Weg bringen", sagte Bürgermeister Heinrich Schmauch, der auch die Diskussion in Tangeln verfolgte.
"Das Sondergebiet wäre etwa 19 Hektar groß und könnte bis zu drei Windkraftanlagen tragen", sagte Willer. Ein Windrad ist vor einigen Jahren bereits auf dem Darnebecker Berg von einem privaten Investor errichtet worden. Wenn das Sondergebiet genehmigt wird, könnten weitere drei dazukommen. Sie hätten eine Leistung von jeweils drei Megawatt und eine Gondelhöhe von 125 Metern. An der Finanzierung beteiligt wären dann die neugegründete Bürgerwindgenossenschaft, das Landwirtschaftliche Unternehmen Tangeln und ihr Projektpartner Energie.
Dass eine Genossenschaft eine gute Grundlage zum Aufbau von erneuerbaren Energien sein kann, hat die Biowärmegenossenschaft gezeigt. Mit deren Hilfe hat das Landwirtschaftliche Unternehmen Tangeln vor drei Jahren seine Biogasanlage auf eine Leistung von 1,2 Megawatt erweitert und ein Wärmenetz mit einer Länge von 5700 Metern aufgebaut. 75Haushalte sind daran angeschlossen und sparen sich seitdem das Heizen mit fossilen Brennstoffen. Die Haushalte sind zudem Mitglieder der Biowärmegenossenschaft und sind an den Erlösen aus der Wärmenutzung beteiligt. Damit bekommen sie etwas von ihren Investitionen, die sie vor drei Jahren in das Projekt gesteckt haben, wieder zurück. Investiert wurde damals über eine Million Euro.
Nach diesem Prinzip könnte nun auch das Windprojekt in die Tat umgesetzt werden. "Sie profitieren davon", ist Günter Willer überzeugt. Er geht davon aus, dass die Strompreise in Zukunft steigen werden. Deshalb sei es wichtig, sich von den immer knapper werdenden Ressourcen unabhängiger zu machen. "Langfristig wollen wir ein autarkes Dorf aufbauen", sagt der Unternehmer. Dann wird der vom Wind erzeugte Strom vielleicht nicht mehr ins Netz eingespeist, sondern von den Genossenschaftsmitgliedern in Tangeln selbst verbraucht. Bis dahin müsse sich jedoch noch einiges auf dem Sektor der Speichertechnologien tun.
Bis zur Realisierung des Projektes könnte noch einige Zeit vergehen. Immerhin muss erst das Sondergebiet genehmigt und auch der Bau der Anlagen erlaubt werden. Im besten Falle geht Günter Willer davon aus, dass die Genehmigung frühestens im nächsten Jahr erteilt wird. Die Umsetzung könnte dann im Jahr 2014/2015 erfolgen.
Die Idee für sein Projekt gibt es eigentlich schon länger, doch wie vieles in Wirtschaft und Gesellschaft müssten solche Vorhaben erst einmal reifen. "Da es mit der Wärme nun so gut funktioniert, könnten wir nun weitermachen", sagte der Vorstandsvorsitzende.
Das Projekt würde gut in das Gesamtkonzept des Ortes passen. Tangeln gehört seit dem Jahr 2010 neben Iden zu einem von zwei Bioenergiedörfern in Sachsen-Anhalt. 85 Prozent aller Haushalte und alle öffentlichen Gebäude (Kindergarten, Dorfgemeinschaftshaus und Heimatstube) sind an das Wärmenetz angeschlossen. Mit überschüssiger Wärme können darüber hinaus auch Getreide und Mais getrocknet werden.
Günther Willer sieht in der erneuerbaren Energie, die im Einklang mit den Bürgern aufgebaut wird, die Zukunft und hofft, dass sich die Bürgerwindgenossenschaft ähnlich positiv entwickeln kann wie ihr Vorbild aus dem Biosektor. Doch dazu muss sie erst einmal gegründet werden und das Sondergebiet im Flächennutzungsplan enthalten sein. Ein erster wichtiger Schritt mit dem klaren Bürgervotum in Tangeln ist jedoch schon getan.