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Archäologische Gesellschaft Sachsen-Anhalt lud zur Wanderung auf neuem Lehrpfad bei Lüdelsen ein / 40 Teilnehmer liefen die Route ab Vier Kilometer unterwegs auf den Spuren unserer Vorfahren

Von Harald Tüllner 14.03.2012, 03:11

Lüdelsen l Rund 40 Interessenten begaben sich am Sonntag auf Einladung der Archäologischen Gesellschaft Sachsen-Anhalt auf eine Wanderung in die Jungsteinzeit. Sie erkundeten unter Leitung von Dr. Fabian Gall, 2. stellvertretender Vorsitzender der Gesellschaft, den im vergangenen Jahr eingerichteten, etwa vier Kilometer langen, von den Jungen Archäologen der Altmark ausgeschilderten archäologisch-historischen Wanderweg bei Lüdelsen.

"Der Wanderweg entstand nach Ausgrabungen an zwei Großsteingräbern des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt sowie des Institutes für Ur- und Frühgeschichte der Universität Kiel und dem anschließenden großen Interesse in der Bevölkerung an den Großsteingräbern", erläuterte Fabian Gall den Teilnehmern, die unter anderem aus Berlin, Halle und Braunschweig, aber auch aus der Region kamen, wie etwa der Klötzer CDU-Landtagsabgeordnete Uwe Harms.

Hartmut Bock, Vorsitzender des Vereins Junge Archäologen der Altmark, schränkte zu Beginn der Wanderung ein, dass bereits in den 70er Jahren ein archäologischer Lehrpfad, allerdings mit abweichender Streckenführung, im Raum Lüdelsen eingerichtet wurde. "Ursprung des Lehrpfades war das Anlegen des Ahlumer Sees als Wasserreservoir für die Beregnung von Ackerflächen sowie für den Ausbau eines kleinen Naherholungsgebietes. Schon damals haben sich Jugendliche der Arbeitsgemeinschaft Junge Archäologen Stöckheim (später Jübar) beim Anlegen des Lehrpfades und der Pflege engagiert", wusste Bock zu berichten. Die Schilder waren damals aber vom Material her nicht so beständig wie die heutigen acht Tafeln mit umfangreichen Hinweisen auf die Bodendenkmale und verwitterten bald. "Der Lehrpfad begann damals in Ahlum und endete dort auch", erzählte Hartmut Bock.

Übrigens war die Festveranstaltung des Vereins Junge Archäologen der Altmark am Sonnabend in Jübar zu dessen 40-jährigem Bestehen auch der Anlass für die Wanderung. "Da Vorstandsmitglieder unserer Gesellschaft dazu eingeladen waren, bot sich am nächsten Morgen die Wanderung an. Das allein war aber nicht der Grund. Mit der Wanderung sollte auch die Arbeit der Jungen Archäologen der Altmark und ihres Vorsitzenden in den zurückliegenden 40 Jahren gewürdigt werden", sagte Fabian Gall.

Ausgangspunkt der Wanderung war das rekonstruierte Großsteingrab an der Straße nach Lüdelsen. 2007 wurde es vollständig ausgegraben und 2008 wieder rekonstruiert. "Durch Analyse gefundener Holzkohlereste im Inneren der Grabkammer konnte deren Errichtung recht genau datiert werden", erklärte Gall. Zirka 3550 vor Christus erfolgten das Errichten des Großsteingrabes und die ersten Bestattungen. Weitere Bestattungen konnten durch Funde nachgewiesen werden. Etwa um 2400 vor Christus erfolgte die letzte Bestattung. In diesem Zusammenhang wurde ein zweiter Hügel mit einem Durchmesser von 30 Metern aufgeschüttet, ohne aber den Deckstein zu verdecken. Gefunden wurden übrigens Scherben und eine Pfeilspitze. Auf der Deckplatte wies Lothar Mittag vom Danneilmuseum Salzwedel kleine Ausbuchtungen, Schälchen genannt, nach. Die Bedeutung dieser Schälchen, die sich noch auf weiteren Decksteinen von Großsteingräbern in der Altmark befinden, sei noch nicht eindeutig geklärt, wusste Lothar Mittag.

Ein weiteres Großsteingrab, welches noch Rätsel aufgibt, ist das Königsgrab auf dem Wanderweg. Die trapezförmige Umfassung mit großen Findlingssteinen hat die Ausmaße von 38 Metern Länge und fünf bis acht Metern Breite. Der Hügel dafür wurde etwa 3700 vor Christus aufgeschüttet. Erst 3500 vor Christus erfolgte eine weitere Aufschüttung und das Aufstellen der Steine. Um 2800 vor Christus wurde der Hügel für eine Nachbestattung erhöht. In der frühen Eisenzeit (7./6. Jahrhundert vor Christus) wurde die Kammermitte für eine Urnenbestattung letztmalig genutzt.

Das Großsteingrab nimmt nur einen geringen Teil der mit Findlingsbrocken eingefassten Fläche ein. Wofür die freie Fläche genutzt wurde, ist unbekannt. Auch weist der Deckstein des Grabes keine Schälchenvertiefungen auf. Ebenfalls ungeklärt ist die Begründung des Namens Königsgrab. "Es wird geschlussfolgert, dass die Bezeichnung auf die Größe der Anlage zurückzuführen ist", sagte Gall.

Weitere Stationen waren noch auf einem Acker befindliche Großsteingräber. "In einer Übersicht von Johann Friedrich Danneil wurden 142 Großsteingräber in der Altmark aufgeführt. Es sollen sogar einmal rund 190 gewesen sein", wusste Gall. Heute sind es noch 40 Großsteingräber in der westlichen und acht in der östlichen Altmark.

Die Wandergruppe zog entlang des historischen Wanderweges zur ehemaligen Wassermühle in Lüdelsen, zur Wüstung Nieps sowie zur Kirche in Lüdelsen. Interessant ist dort, dass Lüdelsen nach 1458 samt Kirche verschwand. Die Kirchenglocken gelangten nach Tylsen. Erst 1740 bis 1786 entstand das neue und heutige Lüdelsen. Von der Wüstung Lüdelsen ist nur noch der Kirchenschlüssel erhalten geblieben. Das heutige Lüdelsener Gotteshaus wurde von 1922 bis 1924 als Gedächtniskirche für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs aus Kalkstein errichtet.