Frust statt Lust Zufahrt-Streit wird zur Odyssee
Für den Klötzer Halg Schmedemann bringt ein geerbtes Haus viel Ärger. Grund ist ein vor Jahren aberkanntes Wegerecht.
Klötze l Halg Schmedemann wirkt im Gespräch mit der Volksstimme ruhig und gefasst. Aber eigentlich müsste es in ihm brodeln vor Wut. Grund dafür ist ein geerbtes Grundstück mit Haus in der Oebisfelder Straße in Klötze – allerdings ohne Zufahrtsrecht.
Begonnen hat alles 1961 mit den Großeltern. Schmedemanns Opa Günther Kleinecke kaufte das Haus in der Oebisfelder Straße mit offiziell eingetragenem Wegerecht über ein Grundstück in der Kirchstraße. „1984 ist auf diesem Nachbargrundstück in der Kirchstraße eine Notschlachterei eingerichtet worden“, erklärt Halg Schmedemann. „Aus hygienischen Gründen musste das Wegerecht abgegeben werden.“ Dafür habe der Opa eine Zufahrt links neben dem Haus in der Oebisfelder Straße erhalten und ein Notwegerecht über die alte Zufahrt Kirchstraße. Das war die erste Vereinbarung mit der Stadt Klötze.
In der Folge begann der Ärger: Die Notschlachterei wurde nach der Pleite abgewickelt, das Grundstück links neben Schmedemanns Haus (Alte Schmiede) sollte verkauft werden. Eine zweite Vereinbarung ist mit der Stadt geschlossen worden. Inhalt: Die erste Vereinbarung wird gelöscht, die Zufahrt in der Oebisfelder Straße zurückgebaut. Das Problem dabei: Das Wegerecht über die Kirchstraße ist nicht erneuert worden. „Das habe ich aber erst bei einem Gespräch am 10. Oktober 2017 erfahren“, berichtet der 46-jährige Schmedemann.
Von 1991 bis 2016 nutzten die Großeltern unproblematisch den Weg über die Einfahrt Kirchstraße. 2016 ist dieses Grundstück verkauft worden. Der neue Eigentümer sprach ein Hausverbot aus. Das ist sein Recht. Damit war die Zufahrt Geschichte. Alles Reden und Bitten half nicht. Jetzt wurde guter Rat teuer, die Odyssee nahm ihren Lauf.
Am 17. Januar wendete sich Schmedemann in einem ersten Brief an den neuen Klötzer Bürgermeister Uwe Bartels. Der hatte schließlich in seinem Wahlkampf eine transparente Politik und schnelles Reagieren auf Bürgerprobleme zugesagt. Eine Antwort blieb aber aus.
In einem zweiten Brief fragte Schmedemann am 22. Februar dieses Jahres nach. Wieder keine Reaktion. Mitte März ging er dann selbst ins Rathaus. Es gab ein erstes Gespräch mit dem Bürgermeister und Ulf Dittfach, Leiter des Ordnungs- und Bauamtes. Danach musste sich der Amtsleiter zunächst informieren. Der Ausgangspunkt dieser verzwickten Situation lag ja weit vor seiner Amtszeit in Klötze.
In einem zweiten Gespräch drei Wochen später riet Ulf Dittfach ihm, er möge sich doch mal um alte Grundbuchauszüge bemühen. Ein drittes Treffen im Rathaus fiel aus Zeitgründen aus. Dafür meldete sich das Grundbuchamt in Barby. „Die gewünschten Auszüge kann ich im April 2018 bekommen“, informiert Halg Schmedemann und kann es noch nicht fassen. „Da platzte mir der Kragen und ich schrieb meinen Ärger an die Hausfassade.“ Auf einen erneuten Brief an die Stadt vom 14. September blieb die Antwort wieder aus. Am 22. September schickte er eine Mail an die Stadt. Klaus Bergmann verwies ihn an den Bürgermeister. Am 26. September ist Schmedemann telefonisch für den 4. Oktober in das Rathaus eingeladen worden. Aus Krankheitsgründen wurde das Treffen aber abgesagt.
Halg Schmedemann fühlt sich veräppelt. Zwar habe es ein vermittelndes Gespräch mit seinem Nachbarn gegeben. „Aber ein Dreivierteljahr zu spät“, findet der Produktionsleiter. Er sagt: „Der neue Eigentümer hat auch Rechte, aber das hat die Stadt verbockt und das Wegerecht nicht wieder eingetragen.“ Deshalb sieht er die Stadt in der Pflicht.
Da ist Ulf Dittfach anderer Meinung. Für ihn handelt es sich hierbei um einen klassischen Nachbarschaftsstreit, in den die Stadtverwaltung nicht eingreifen kann, sagt er auf Nachfrage der Volksstimme. Lediglich vermittelnd könne er einwirken. Für die Stadt ist das Wegerecht in den 1980er Jahren „durch die Überführung des Grundstücks in Volkseigentum untergegangen. Volkseigentum durfte nicht belastet werden“, erklärt Dittfach. Zudem sei das Liegenschaftskataster nicht ganz exakt gewesen. Das habe mit zur Verwirrung beigetragen.
Was unternimmt die Stadt denn nun? „Das ist eine schwierige Gemengelage. Wir wollen die Fronten nicht verhärten, eventuell zwischen den Nachbarn vermitteln.“ Schmedemann könne vor Gericht ziehen. Offen sei, ob beide Seiten dann zufriedener wären.
Familie Schmedemann muss nun vorerst weiterhin schwere Papiertonnen über die steile Vordertreppe bugsieren und Baumaterial durch das Haus schleppen. Auch der Protest an den Fenstern bleibt: Halg Schmedemann: „Schade, dass ich den Martinimarkt dafür missbrauchen muss.“