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Konflikt unter Nachbarn Bürgerinitiative geht gegen Magdeburger Jugendkulturzentrum „Villa Wertvoll“ vor

Anwohner beschweren sich über Lärmbelästigung durch Kinder- und Jugendkulturzentrum in Neue Neustadt

Von Karolin Aertel 06.05.2021, 19:34
Über  die Lautstärke von Veranstaltungen  und Workshops, die auf dem Außengelände der „Villa Wertvoll“ stattfinden, beschweren sich einige Anwohner der angrenzenden Straße Im Mittelfelde.
Über die Lautstärke von Veranstaltungen und Workshops, die auf dem Außengelände der „Villa Wertvoll“ stattfinden, beschweren sich einige Anwohner der angrenzenden Straße Im Mittelfelde. Archivfoto: Tom Wunderlich

Magdeburg

Sie lachen, tanzen und singen, sie spielen Theater, musizieren und probieren sich aus. Wo Kindern und Jugendlichen Raum zur Entfaltung gegeben wird, pulsiert das Leben. Und das tut es selten leise. So auch in der Villa Wertvoll an der Mittagstraße. Das christlich geprägte Kinder- und Jugendkulturhaus ist seit Sommer 2018 Anlaufpunkt für Jungen und Mädchen aus der Neuen Neustadt und angrenzenden Stadtteilen. In Zusammenarbeit mit Schulen finden auch Klassen den Weg zu den vielfältigen Workshopangeboten der Einrichtung. Viele von ihnen wurden im Zuge der Corona-Auflagen und zum Einhalten der Abstandsgebote in den großen begrünten Innenhof verlegt. Und auch vor der Pandemie ist das Außengelände gern und häufig genutzt worden - sehr zum Ärger der Nachbarn.

Unsere Gärten sind für uns dadurch teilweise ,wertlos’ geworden.

Iris Vogt, Sprecherin der Bürgerinitiative

Die Anwohner der angrenzenden Eigenheimsiedlung „Im Mittelfelde“ setzen sich nun zur Wehr und gründeten eine Bürgerinitiative, mit der sie gegen die Lärmbelästigung aufbegehren. „Seit drei Jahren leiden wir unter der durch Aktivitäten auf dem Außengelände herrschenden Lärmbelästigung“, erklärt die Sprecherin der Bürgerinitiative Iris Vogt (61). „Unsere Gärten sind für uns dadurch teilweise ,wertlos’ geworden.“ Sie habe ihren Garten in direkter Nachbarschaft zur Villa Wertvoll und verstehe manchmal ihr eigenes Wort nicht mehr. Es werde nebenan getrommelt oder geklatscht, die Kinder quieken und schreien. „Das ist für uns untragbar“, sagt sie. „Es kann nicht sein, dass wir uns mühsam unser Eigenheim erarbeitet haben und nun, da wir unsere Rente genießen können, es nicht mehr möglich ist, im Garten zu sitzen.“

Bereits 2018, als sie von den Plänen der Kinder- und Jugendeinrichtung aus der Volksstimme erfuhr, habe sie sich an die Stadt gewendet und ihre Bedenken geäußert. Damals habe man ihre Sorgen als unbegründet abgetan, erzählt sie. Heute werde ihr Ärger konsequent ignoriert.

Wir sind keine verbiesterte Wohnsiedlung.“

Iris Vogt, Sprecherin der Bürgerinitiative

Mehrfach habe sie sich erfolglos an die Stadt gewendet; gar ein Lärmprotokoll geführt und eingereicht. Nun soll eine Bürgerinitiative, die mittlerweile 33 Anwohner zählt, dem Anliegen Nachdruck verleihen. „Wir als ,alte Magdeburger’, die wir teilweise seit über 60 Jahren unser Zuhause Im Mittelfelde haben, möchten auch als ,wertvoll’ angesehen werden, da wir tatsächlich auch noch zum Stadtteil Neue Neustadt gehören, auch wenn wir ihn manchmal kaum noch wiedererkennen“, erklärt Iris Vogt. „Wir sind keine verbiesterte Wohnsiedlung“, betont sie.

Doch es müsse eine Klärung her, ein normaler Rahmen. „Nutzungszeiten müssen eingehalten und permanenter Lärm vermieden werden.“ Es könne nicht sein, dass sie jetzt einen Spielplatz am Garten hat. Das Wissen um einen Antrag der Villa Wertvoll zur Änderung der Nutzungszeit von 16 Uhr auf 22 Uhr verärgere die Anwohner noch mehr. „Dann wird der Krach auch noch legitimiert.“

Wir wünschen uns einen guten und vernünftigen Umgang miteinander. Dazu gehört auch, ins Gespräch zu gehen und zu kommunizieren, wo der Schuh drückt.“

Simon Becker, Geschäftsführer der Villa Wertvoll

Von der Gründung einer Bürgerinitiative und der heftigen Verärgerung der Nachbarn ist Simon Becker indes überrascht. Dem Geschäftsführer der Villa Wertvoll war das Ausmaß der Problematik nicht bekannt. „Es hat nie jemand mit uns das Gespräch gesucht“, erklärt er. „Wir sind uns der Verantwortung unseren Nachbarn gegenüber voll bewusst und wünschen uns einen guten und vernünftigen Umgang miteinander. Dazu gehört auch, ins Gespräch zu gehen und zu kommunizieren, wo der Schuh drückt.“ Dass die Zeiten wie die Mittagsruhe nicht eingehalten werden, negiert Simon Becker. Dass die Kinder draußen auch mal den Lautstärkepegel überschreiten, ist ihm jedoch bewusst. „Es sind Kinder und wir sind eine Kinder- und Jugendeinrichtung“, sagt er.

Gerade in Zeiten der Pandemie seien sie angehalten, Angebote nach draußen zu verlegen. „Für viele Kinder, die zu uns kommen, ist das zurzeit beinah das Einzige, was Freude bereitet und sie ihre Kindheit leben lässt“, erzählt er. „Wir hatten einige, die zuvor in Quarantäne waren und zwei Wochen nichts anderes als die vier Wände ihres Kinderzimmers gesehen haben.“

Die bei vielen Kindern aufgestaute Energie versuchen die Mitarbeiter der Villa Wertvoll in Kreativität zu verwandeln. „Wir sind sehr froh, dass wir den Kindern das Angebot machen können, wünschen uns aber auch ein gutes Verhältnis zu unseren Nachbarn.“ Aus diesem Grund suchte er gestern auch das Gespräch mit Iris Vogt. Bei einem gemeinsamen Treffen wollen sie sich in Kürze besprechen, wie für alle Beteiligten wertvolles Miteinander gelingen kann.