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Coronavirus Quarantäne: Trümper lässt durchzählen

Das Magdeburger Ordnungsamt überprüft aktuell die Anwesenheit betroffener Familien in den Quarantäne-Blöcken.

Von Katja Tessnow 30.06.2020, 01:01

Magdeburg l Während die vor 14 Tagen erneut geschlossenen Magdeburger Schulen seit dem 29. Juni 2020 schrittweise wieder öffnen, müssen 482 Einwohner des Stadtteils Neue Neustadt und 41 Menschen in Magdeburg Salbke noch bis 3. Juli 2020 in ihren Wohnungen ausharren. Die dann geplante Öffnung der Corona-Quarantäne-Blöcke hängt auch davon ab, ob das Ordnungsamt dort in diesen Tagen tatsächlich 523 Bewohner antrifft.

„Ich war dreimal vor Ort und habe mir selbst ein Bild gemacht.“ Aus Sicht von Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) halten sich die betroffenen Familien dem Augenschein nach inzwischen gut an die auferlegten Quarantäne-Regeln. Von Polizei und Ordnungsamt, die in diesen Tagen rund um die Uhr zur Sicherung und Überwachung vor Ort sind, gebe es gleich lautende Signale. Die Menschen – überwiegend Roma-Familien – wüssten inzwischen, was auf dem Spiel steht. Befolgen alle die Regeln, hieße es noch bis Sonnabend (3. Juli 2020) durchhalten und danach wieder mehr Freiheiten genießen.

Allerdings ist der Augenschein das eine, die Realität bisweilen doch anders. Trümper will vor Aufhebung der Quarantäne in Sorge vor neuen Infektionen auf Nummer sicher gehen und lässt durchzählen. „Ich habe das Ordnungsamt beauftragt, in alle betroffenen Hauseingänge zu gehen und die Anwesenheit der unter Quarantäne stehenden Personen zu überprüfen.“ Die Zählung laufe aktuell. „Bis Donnerstag (2. Juli 2020) will ich die Ergebnisse sehen.“ Würden keine groben Verstöße festgestellt, stehe der geplanten Aufhebung der Quarantäne zum Wochenende nichts entgegen – vorausgesetzt die Zahl neuer Infektionen bleibt, wie sie ist. Magdeburg verzeichnet nach einem Aufflammen von Infektionen an Hot-Spots seit 26.06.2020 keine neuen Fälle.

Dass die Isolierung den Betroffenen einiges abverlangt, ist Trümper bewusst. Bei einem Besuch konfrontierten ihn Betroffene mit ihren Sorgen vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, wenn sie zwei Wochen nicht zum Dienst erschienen. Trümper nennt die Kündigung von unter Quarantäne stehenden Mitarbeitern unrechtmäßig und bietet im Fall der Fälle seine persönliche Hilfe an. „Bisher war das nicht nötig, aber ich stehe weiter zu meinem Angebot“, so Trümper. Ein Großteil (etwa 60) der aktuell von Quarantäne betroffenen Erwachsenen überwiegend rumänischer Staatsangehörigkeit habe inzwischen in einfachen Arbeitsverhältnissen zum Mindestlohn Fuß gefasst. „Viele arbeiten bei ortsansässigen Reinigungsfirmen“, so Trümper. „Das ist ein gutes Zeichen dafür, dass diese Familien hier wirklich Fuß fassen, die Sprache lernen und sich integrieren wollen“, so Trümper.

Bevor die unter Quarantäne stehenden Menschen wieder ihre Arbeit antreten oder deren Kinder Schule und Hort besuchen dürfen, müssen sie sich auf das Coronavirus testen lassen. „Dazu fordern wir die Betroffenen auf, noch am Wochenende in die auch dann geöffnete Fieberambulanz zu gehen. Die Ergebnisse werden bis Montag vorliegen“, so Trümper zur geplanten Abwicklung.

Parallel zur Quarantäne-Verordnung für ganze Häuserzeilen in Neustadt hatten ansässige Vereine und Privatpersonen die Initiative „Moritz hilft!“ aus dem Boden gestampft und um Spenden besonders zur Beschäftigung der vielen betroffenen Kinder gebeten. „Es gab eine grandiose Hilfsbereitschaft“, zieht Mitinitiatorin Sandy Gärtner Bilanz. Vom Studenten bis zum Rentnerpaar hätten Magdeburger Spielzeug, Beschäftigungsmaterial, Windeln oder Babynahrung vorbeigebracht. Die Hilfsgüter wurden jeweils am selben Tag verteilt und die Spender aus den Fenstern der Quarantäne-Blöcke mit dankbarem Applaus bedacht. „Wir wollten dem Hass im Netz etwas entgegensetzen. Das ist gelungen“, so Gärtner über die Motivation. Im Internet wurde in den vergangenen Wochen massiv und in teils hetzerischem Ton gegen die betroffenen Roma-Familien vor allem in Neustadt Stimmung gemacht.