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Demo in Magdeburg Über eine "Pressekonferenz" der "Querdenker"

Die "Querdenker" laden in Magdeburg zu einer "Pressekonferenz" ein. Warum diese den Namen nicht verdient hat:

Von Anja Guse 12.08.2020, 19:19

Magdeburg l Tausende Menschen demonstrierten am 1. August 2020 bei der “Querdenker“-Demo in Berlin gegen die Corona-Maßnahmen. Die Kundgebung wurde aufgelöst wegen Missachtung der Hygieneregeln. Mehrere Hundert Teilnehmer waren es am Wochenende in Stuttgart. Jetzt schwappt die Welle nach Magdeburg über.

Etwa 800 Teilnehmer aus ganz Mitteldeutschland werden hier am Sonnabendnachmittag zu einer Kundgebung mit Protestzug erwartet. Das erklärte Andreas Martin am Mittwoch. Er sieht sich als Teil der Gruppe „Querdenken-391/NichtohneunsMD“, die ebenjene Demo veranstalten will. Und er war es, der zum Auftakt eine so genannte Pressekonferenz leitete, die an Bizarrheit aus Sicht eines Journalisten kaum zu überbieten war. In Bild und Ton festgehalten von einem eigenen „Pressevertreter“ der Veranstalter.

Als Kulisse diente der Biergarten des Ratskellers – zu diesem Zeitpunkt noch geschlossen. Geladen waren jedoch mitnichten nur Journalisten. Etwa 20 Sympathisanten und Unterstützer der Bewegung, meist älteren Semesters und vor allem deutlich mehr als Medienvertreter, kamen als Zuschauer ebenfalls dazu. Begrüßung untereinander per Handschlag, Küsschen hier, Küsschen da. Angst vor Corona? Keine Spur.

Diese Veranstaltung sollte keine klassische Pressekonferenz werden. Das wurde schnell klar. Das bekräftigten die Regeln, die Martin sogleich aussprach: Zitieren nur nach ausdrücklicher Genehmigung gestattet. Eine unabhängige Berichterstattung also nicht erwünscht. Und: Beantwortung nur von Fragen, die in direktem Bezug zur Kundgebung stehen.

Seine vier Mitstreiter, die mit ihm am Podium Platz genommen hatten, wurden nicht vorgestellt. Fragen durften nur an Martin gerichtet werden. Die Mitstreiter würden nur antworten, wenn sie es wollten, hieß es. Im Gegenzug mussten sich die Medienvertreter bei Fragen jedoch mit Namen und Medium vorstellen.

Es folgte das Verlesen eines zweiseitig bedruckten Papiers. Inhalt: ein krudes Credo über transparente Aufklärung, ohne ein Thema konkret zu benennen, sowie der Wunsch nach einem souveränen Staat. Man distanziere sich von Gewalt und Diskriminierung und stehe zudem für eine Untersuchung der Vorgänge zur Corona-Pandemie. Nachfrage: Wie steht die Gruppe zu den aktuellen Corona-Maßnahmen? Keine Antwort. Stattdessen der Verweis auf die Kundgebung. Inhaltliche Fragen sind zu diesem Zeitpunkt nicht erwünscht. Doch jeder Journalist könne sie bei der Kundgebung vortragen. Dann werde es Antworten geben, erklärte Martin. Applaus aus den Reihen der Sympathisanten.

Auch Fragen zur genauen Streckenführung und zum Hygienekonzept (Gelächter) der Demonstration blieben unbeantwortet. Die Informationen lägen noch nicht vor, heißt es, würden aber nachgereicht werden.

Keine weiteren Fragen. Ende der Pressekonferenz. Kurz stehen die fünf Journalisten noch zusammen, unterhalten sich unter Kollegen. Da kommt der Kameramann der “Querdenker“ vorbei und fragt süffisant: „Ist das jetzt die Gleichschaltung der Presse?“