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Denkmalschutz Magdeburger Schüler zu schwer für Kaserne?

Sind Magdeburger Kinder zu schwer? Der einstige Sitz des Verfassungsschutzes soll wegen zu geringer Traglast nicht als Schule fungieren.

Von Martin Rieß 11.06.2019, 01:01

Magdeburg l Das Land Sachsen-Anhalt möchte die alte Kaserne in Magdeburg am Zuckerbusch 15, zuletzt Sitz des Landesverfassungsschutzes, nicht an die Stadt Magdeburg verkaufen, damit diese dort eine neue Grundschule einrichten kann. In seiner Antwort auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Monika Hohmann weist das Finanzministerium unter anderem darauf hin, welcher Umstand die Nutzung des alten Verfassungsschutzgebäudes für eine Grundschule schwierig erscheinen lässt.

Denn in dem denkmalgeschützten Gebäude betrage die Deckentraglast nur etwa 2,5 Tonnen pro Quadratmeter. Für ein Schulgebäude seien aber mindestens drei Tonnen pro Quadratmeter erforderlich. Mutmaßlich sind Kinder der heutigen Zeit schwerer als Soldaten vor 100 Jahren, als das Gebäude errichtet wurde.

Gebaut wurde die Kaserne im Jahr 1914. Es handelt sich um einen schlichten Putzbau, der betont sachlich die Formensprache der Reformarchitektur des frühen 20. Jahrhunderts aufnimmt, heißt es im Magdeburger Denkmalverzeichnis. Das Gebäude sei ein Zeugnis für die Abkehr vom aufwendigen Kasernenstil des Späthistorismus in der Militärarchitektur der Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg.

Für Landesbedienstete reicht die Deckentraglast offenbar aber aus: Als Hauptgrund für den Willen, das Gebäude selbst zu behalten, nennt das Finanzministerium des Landes die Landeshaushaltsordnung. In dieser sei nämlich festgeschrieben, dass eine Immobilie erst dann verkauft werden darf, wenn es nachweislich keinen Bedarf für das Land für die Liegenschaft mehr gebe oder wenn unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Sanierung nicht möglich sei.

Was die Sanierungsfähigkeit angeht, ist zwar eine Schadstoffbelastung des Gebäudes gegeben. Es geht um die Chemikalie Naphthalin. Diese ließe sich aber aus Sicht des Landes beheben. Einen möglichen Bedarf sieht das Land ebenfalls: Das denkmalgeschützte frühere Kasernengebäude soll ins Portfolio für potenzielle Standorte der Landesverwaltung aufgenommen werden. Andernfalls könnte es dazu kommen, dass im Fall der Fälle ansonsten für höhere Kosten andere Räume angemietet werden müssten.

Dass dies durchaus ein üblicher Weg ist, zeigt derzeit ein anderer Fall aus Magdeburg: Nachdem am Gebäude des Landesbetriebs Bau- und Liegenschafts-Management Sachsen-Anhalt, der selbst zum Finanzministerium gehört, schwere Schäden entdeckt worden waren, hatte das Land Räume im Wissenschaftshafen angemietet. Ein anderer Fall ist der des Landwirtschaftsministeriums, das einst mit Sitz an der Olvenstedter Straße wegen Schadstoffen im Haus in ein Gebäude in der Leipziger Straße umgesiedelt wurde.

Diskussionen wird es um die weitere Entwicklung auf jeden Fall geben. Zwar hatte Die-Linke-Stadtrat Karsten Köpp bereits zu Protokoll gegeben, dass er den Bau einer Schule auf den Brachflächen für möglich hält und dass er von der Stadtverwaltung einen entsprechenden Vorschlag erwartet. Dass die Verwaltung dies anders sieht, darauf hatte Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper hingewiesen. Er meinte, dass bei einer Nichtnutzung des Areals Kleingärten der Sparte „Am Zuckerbusch“ überbaut werden müssten.

Unklar ist, ob in diese Betrachtungen die großen Flächen hinter dem Gebäude des ehemaligen Verfassungsschutzes bereits einbezogen wurden, die auch dem Land gehören und die möglicherweise für ein Schulgrundstück abgetrennt werden könnten. Es sei denn, das Land benötigt diese als Reserve für Parkplätze.

Während der Sitzung des Schulausschusses machte der Bildungsbeigeordnete Matthias Puhle jedenfalls deutlich, dass die Stadt jetzt erst einmal nach Vorschlägen entsprechend dem gültigen Stadtratsbeschluss arbeiten muss. Und überhaupt: Die Stadt habe ja einen anderen Vorschlag vorgelegt, den die Stadträte abgelehnt hätten. Kurz vor den Wahlen hatte es jedenfalls keine Mehrheit für den Standort einer Grundschule anstelle der Kleingartensparte „Am Unterbär“ gegeben.

Mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, Linke und Grünen und gegen die Stimmen von CDU und Magdeburger Gartenpartei hatte der Stadtrat beschlossen, dass eine neue Grundschule am Heumarkt entstehen sollte. Von vornherein hatten die Befürworter den früheren Sitz des Verfassungsschutzes in der Kaserne im Blick.