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40 Jahre Neu-Olvenstedt Der Magdeburger Wohntraum auf dem Bördeacker

Montagebauweise, moderne Wohnungen, großflächiges Ackerland als Bauland. 1981 ist in Magdeburg mit dem Bau der Großsiedlung Neu-Olvenstedt begonnen worden. Ein Blick in die Geschichte.

Von Marco Papritz Aktualisiert: 26.4.2021, 10:05
Typisch für den Wohnkomplex Olvenstedt sind die breit angelegten Wege und fahrzeugfreien Bereiche. Die Großsiedlung entstand ab 1981 in mehreren Bauabschnitten auf einer landwirtschaftlichen Fläche westlich von Magdeburg.
Typisch für den Wohnkomplex Olvenstedt sind die breit angelegten Wege und fahrzeugfreien Bereiche. Die Großsiedlung entstand ab 1981 in mehreren Bauabschnitten auf einer landwirtschaftlichen Fläche westlich von Magdeburg. Archivfoto: Harri Schäfer

Magdeburg. Die Entwicklung der Wohnungsbauserie (WBS) 70 für den Wohnkomplex Olvenstedt in Magdeburg wurde intensiv durch die Architekten des Wohnungsbaukombinats (WBK) Magdeburg und der Ingenieure in den Fachbereichen der Technik vorangetrieben. „Das Grundraster des neuen Wohnungstyps ermöglichte die Addition der Flächen in Tiefe und Breite, damit konnte der Wohnbereich in den Wohnungen beliebig erweitert werden“, sagt Wolfgang Redlich, der als Produktionsdirektor im WBK fungierte. Der Leitfaden der Plattenbauweise bezeichnet die Einheitsbauweise der WBS 70 als flexibel und wandelbar wie keinen anderen Bautyp. „Die Gebäudetiefe wurde in den Wohnungsbaukombinaten in den 1980er Jahren auf 14,40 Meter vergrößert“, so der Bauingenieur. Dadurch konnte das Treppenhaus wieder ins Innere der Wohnhäuser verlegt werden. Die beschriebene Bauweise ist in allen ehemaligen Bezirken der DDR 50 Jahre alt.

Die Ackerfläche als Herausforderung

Die Entwicklung und Forschung wurde ab den 1970er Jahren so lange vorangetrieben, bis optimale Wohnraumgrößen erreicht wurden, die auf die damaligen Wohnbedürfnisse abgestimmt waren. Wolfgang Redlich: „Die Leistungen und Bemühungen der Bauleute konzentrierten sich in 20 Arbeitsjahren bis 1990 ständig auf die Weiterentwicklung bis zur Serienreife.“ Viele Baudetails mussten städtebauliche Forderungen erfüllen. Knackpunkt in Neu-Olvenstedt war zunächst die Frage, wie die neue Großsiedlung auf der von der Landwirtschaft genutzten Fläche errichtet werden konnte. Straßenähnliche Fahrstrecken mussten zunächst geschaffen werden, damit Baufahrzeuge überhaupt anrücken konnten, so ein Beispiel.

Immerhin wurde der Wohnkomplex Olvenstedt auf einer freien Ackerfläche zwischen der damaligen Gemeinde Olvenstedt und dem Stadtteil Nordwest – also auf den Feldern der Bauern - errichtet. „Viele Veränderungen wurden mit Blick auf Verschönerungen der Wohnhäuser, die in Montagebauweise entstanden, weiterentwickelt“, sagt Wolfgang Redlich. Er hat in seinen 20 Jahren als Chef der Produktionsdurchführung in den Kombinatsbetrieben auf vielen großen Baukomplexen wie zum Beispiel in Neu-Olvenstedt und Berlin-Hellersdorf sowie in damaligen Kreisstädten wie Halberstadt und Stendal verantwortungsvoll beeinflusst und dirigiert. „Jeden Monat wurden 300 Wohnungen funktionsfähig zum Bezug an die Bevölkerung übergeben, die Freude war groß!“, so Wolfgang Redlich.

Geduld als Voraussetzung

Die Außenanlagen wie Gehwege und Straßen waren anschließend die Sorgenkinder. „Den Bürgern wurde viel zugemutet während der Bauzeit“, blickt er zurück. Nicht immer wurden die Busse und ab 1984 die Straßenbahn trockenen Fußes erreicht. Doch alles habe sich im Laufe der Zeit gelöst, auch wenn es manchmal „zu lange gedauert hat“. Wie etwa die Landschaftsgestaltung, deren Kapazitäten „vorn und hinten nicht reichten“. Die Gestaltung der Außenanlagen habe dem Hochbau nicht folgen können. „Das ist Vergangenheit. Alle Flächen im Wohnkomplex Olvenstedt sind bis 1990 mit Kinderspielplätzen, Grünflächen und Aufenthaltsbereichen ausgestattet worden“, so Wolfgang Redlich. Natürlich seien heute mit Blick auf veränderte Anforderungen, Erweiterungen und Verbesserungen der Freiflächen notwendig.

Kritischer Blick auf die Abrisse

Auch heute arbeiten Universitäten und Forschungsinstitute intensiv an den Typen des Wohnungsbaus. „Der Markt ist in Bewegung, die Baubetriebe bieten Lösungen an. Viele Varianten der Nutzung des Grundtyps der WBS 70 wurden erdacht und ausgeführt, wobei sorgsam der weitere Abriss durchdacht werden muss“, gibt Wolfgang Redlich zu bedenken. Aus dem Verbund der Großsiedlung müsse man nicht gedankenlos Blöcke herausreißen. Denn: „Die Grundkonstruktion ist verwendbar, die Statik und die Bauweise stimmen. Die Forderung besteht vielmehr darin, den Bürgern Sozialwohnungen mit kostenverträglicher Sanierung anzubieten“.

Eine Vielzahl an Altbauten ist in den verschiedenen Stadtteilen Magdeburgs im alten Zustand. Der Verfall der Bausubstanzen ist ein aktuelles Thema. Neue Standorte wurden entwickelt „wie die Rogätzer Straße im Bereich des Wittenberger Platzes, die sich hervorragend ansehen lässt“, verweist Wolfgang Redlich. Viele gute Gedanken seien zudem im Gespräch wie der Vorschlag des ehemaligen Oberbürgermeisters Willi Polte für eine für Magdeburg typische Bebauung am Prämonstratenser Berg. Wolfgang Redlich: „Damit ist es möglich, in diesem Bereich das Gesicht des alten Magdeburgs zu rekonstruieren“, so der Bauexperte. Und zwar mit der damaligen Fassadengestaltung, Gebäudeform und Farbgestaltung - natürlich mit moderner Wohnkultur. Wolfgang Redlich: „Ich bin stolz, wenn heute junge Familien in die sanierten Wohnungen der WBS 70 einziehen, in denen vieles verbessert wurde und bezahlbar ist.“

Erinnerungen gesucht

Welche Erinnerungen haben Sie an die Entstehung des Wohngebietes im Westen der Stadt? Zählten Sie zu den ersten Bewohnern, die das Wohngebiet mit Leben füllten? Oder waren Sie am Aufbau von Neu-Olvenstedt beteiligt? Schreiben Sie unter Stichwort „Neu-Olvenstedt“ Ihre persönliche Geschichte oder Erinnerung an Ihre ganz persönliche Zeit in Neu-Olvenstedt an Volksstimme Lokalredaktion, Bahnhofstraße 17, 39104 Magdeburg. Sie können sich auch telefonisch unter 0391/5999550 oder per E-Mail an marco.papritz@volksstimme.de mit Ihrem Namen und Ihrer Telefonnummer melden, um Anekdoten zu teilen.