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Nachfolger fehlt Der Puppendoktor operiert und transplantiert zum letzen Mal

Von Karolin Aertel und Judith Kadow 17.07.2013, 01:15

Magdeburg | Bis zu 40 Operationen führt Günter Geier täglich durch. Er transplantiert, näht und richtet Gliedmaßen. Er heilt Sprach- und Sehstörungen. Seine Operationen verlaufen immer unblutig. Denn Günter Geier ist Puppendoktor. Seit 53 Jahren lebt der Bamberger seinen Traum; reist in Deutschland, Österreich und der Schweiz von Stadt zu Stadt. Haucht Puppen und Teddys neues Leben ein.

Inzwischen ist der Puppen-Notarzt 73 Jahre alt. Alt genug, um sich zur Ruhe zu setzen, wie er findet. Ein letztes Mal wird er mit seiner fahrenden Puppenklinik in Magdeburg Station machen. Von Donnerstag bis Sonnabend hält er jeweils von 9 bis 18 Uhr auf dem Parkplatz am Börde Park seine Sprechstunden ab. Gut 15.000 Ersatzteile bringt er mit, darunter 10 000 Augen und 400 Perücken. "Wenn Puppenkliniken aufgelöst werden oder andere Puppendoktoren ihre Praxen auflösen, kaufe ich die Ersatzteile auf", erzählt er. Andere Quellen gibt es nicht mehr.

Unzählige Puppen hat Geier, der in Bamberg auch eine Puppenklinik betreibt, bislang repariert. Darunter auch die Kaiserpuppe. "Das war die Puppe von Kaiser Wilhelm, die eine ältere Dame mitbrachte, ohne zu wissen, welches Schmuckstück sie da hat." Geier könnte viele Geschichten aus dem Nähkästchen erzählen - beispielsweise von einem Wittenberger, der seine lebensgroße Liebespuppe reparieren lassen wollte oder von einer Frau, die eine ganz verdreckte Puppe abgab und danach erbost war, dass Geier sie nicht nur repariert, sondern auch geschrubbt hatte.

"Früher hatte jede Stadt einen Puppendoktor, doch die sind selten geworden." Gern würde er sein Wissen weitergeben, doch einen Nachfolger hat er bis heute nicht gefunden. Die Hoffnung gibt er jedoch nicht auf. "Wenn sich jemand finden würde, könnte ich ihn daheim noch ausbilden." Für die Ausbildung brauche man keine Vorkenntnisse. Ein sechsmonatiges Praktikum würde genügen. Er selbst habe zunächst eine Schneiderlehre gemacht, ehe er ein neunmonatiges Praktikum bei einem Puppendoktor absolvierte und sich selbstständig machte.

Allerdings befürchte Günter Geier, dass es eben die Selbstständigkeit sei, vor der viele Angst haben und weswegen er keinen Nachfolger findet. Eine Anwärterin hatte Geier schon einmal mit auf Tour genommen. "Nach vier Wochen rief ihr Freund an und wollte, dass sie sich zwischen dem Job und ihm entscheidet", erinnert er sich. Und schon war der Posten wieder frei. "Man ist eben häufig unterwegs, kann allerdings auch von Zuhause aus arbeiten. Das Schöne an dem Beruf ist, dass man sein eigener Herr ist und viel mit Menschen in Kontakt kommt." Der Bedarf sei da und es ist eine tolle Aufgabe", sagt Geier, der mit fünf Schwestern aufgewachsen ist. Und da diese immer mit seiner Eisenbahn spielten, spielte er irgendwann mit ihren Puppen.

Sprechstunden des Puppendoktors: Donnerstag bis Sonnabend, von 9 bis 18 Uhr, auf dem Parkplatz am Börde Park, Salbker Chausee 67.